Katharina Wolf
Mit Hilfe einer Änderung des Bundesnaturschutzes will die Stiftung Klimaneutralität den Zielkonflikt zwischen Artenschutz und Ausbau der Windenergie auflösen. Direktor Rainer Baake betonte bei der Vorstellung eines Lösungsvorschlags: „Wir brauchen bundeseinheitliche fachliche Standards für den Schutz der Vogelbestände und eine punktuelle Reform des Artenschutzrechts, die Unsicherheiten bestehender Regelungen beseitigt. Nur so werden wir sowohl dem Artenschutz als auch dem Klimaschutz gerecht.“
Projektentwickler von Windparks sind im Planungsprozess mit unterschiedlichsten Regelung und Gerichtsentscheiden konfrontiert, die einerseits Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen, andererseits die Rechtssicherheit von Genehmigungen gefährden. Dies sei ein wesentlicher Grund, warum der Ausbau der Windenergie in Deutschland zum Erliegen gekommen sei.
Zwei Gutachten stützen den VorschlagDer Vorschlag der Stiftung basiert auf einem naturfachlichen und einem rechtlichen Gutachten. Das Gutachten zum Artenschutz listet windkraftsensible Vogelarten auf, deren Bestand gefährdet ist, und definiert artenspezifische Schutzabstände um deren Nistplätze. Dabei soll ein innerer Schutzabstand als Tabuzone gelten, in der keine Windenergieanlagen errichtet werden dürfen. Außerhalb einer zweiten äußeren Schutzzone soll Windkraft grundsätzlich artenschutzrechtlich immer zulässig sein. Im Raum zwischen beiden Zonen könne ein Projekt genehmigt werden, wenn festgelegte Schutzmaßnahmen ergriffen werden, etwa das Fortlocken der Vögel durch eine Fläche mit erhöhtem Nahrungsangebot oder technische Lösungen wie Antikollisionssysteme.
Das rechtliche Gutachten beleuchtet Fragen nach Verfassungskonformität und Vereinbarkeit mit der EU-Vogelschutzrichtlinie, erläuterte Baake. Das Grundgesetz erlaube demnach eine abschließende Regelung der Artenschutzfragen im Bundesnaturschutzgesetz. In Bezug auf die EU-Vogelschutzrichtlinie, die ein grundsätzliches Tötungsverbot unabhängig von der Art vorsehe, könne eine Ausnahme gesetzlich geregelt werden, die jedoch bis zum Erreichen der Klimaneutralität zeitlich befristet und durch Schutzabstände um nachgewiesene Nistplätze eindeutig begrenzt sein müsse.
100 Millionen Euro für den ArtenschutzZusätzlich soll ein 100 Millionen Euro schweres Bund-Länder Programm zum Schutz von Vogelarten aufgelegt werden, die besonders sensibel auf Windenergieanlagen reagieren, um die Ausnahme abzusichern und die Populationen zu stärken. Träger könne die Gemeinschaftaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) sein.
„Unser Vorschlag würde dazu beitragen, dass der Ausbau der Windenergie an Land im notwendigen Tempo vorankommt und zugleich dem Anliegen des Artenschutzes Rechnung getragen wird“, sagte Baake. „Klimaneutralität und Artenschutz sind keine Gegensätze – vielmehr ist Klimaschutz eine entscheidende Voraussetzung für den Erhalt der Lebensgrundlagen, insbesondere von heute bereits gefährdeten Arten.“
Ein entscheidender Vorteil des Vorschlags liegt nach Baakes Worten darin, dass er Rechtssicherheit schaffe. „Alle Beteiligten wissen in Zukunft, an welchen Standorten Windenergieanlagen artenschutzrechtlich entweder zulässig, mit Maßnahmen zulässig oder unzulässig sind. Dies wird zu einer wesentlichen Beschleunigung bei den Genehmigungsverfahren führen.“ Eine Umsetzung sei schnell möglich, zeigte sich Baake überzeugt. Die kommende Regierung könne diese Aufgabe innerhalb der ersten 100 Tage im Amt angehen.
Naturschutzverbände sehen "guten Weg"Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzringes, dem Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen (DNR), begrüßte den Vorschlag der Stiftung grundsätzlich. Gut sein, dass so Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen werden könnten. Er schlug zusätzlich zum 100-Millionen-Programm den Aufbau eines Fonds vor, in den Betreiber von Windparks einzahlten, um weitere Maßnahmen zum Artenschutz zu finanzieren.
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