Nicole Weinhold
Wie könnte eine langfristige Strategie der EU im Kampf gegen den Klimawandel aussehen? Ende 2018 hat die Europäische Kommission eine Reihe von Dokumenten veröffentlicht, in der verschiedene Optionen vorgestellt wurden, was die Klimastrategie bis 2050 für die EU anbelangt. Die Dokumente liefern die Basis für die offizielle Langzeitstrategie, die die EU 2020 den Vereinten Nationen vorlegen muss - wie beim Pariser Abkommen 2015 vereinbar. Die 2050-Vision wird auch im Mai beim Summit "Future of Europe" Thema sein. Die Europäische Kommission beschreibt in ihren Ausarbeitungen den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 und merkt dazu dann, dass dies sowohl technisch möglich ist, als auch sozialverträglich und kosteneffizient. Nötig ist dieses Ziel in jedem Fall, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das in der Vergangenheit fokussierte Zwei-Grad-Ziel wird nicht weiter angepeilt, weil inzwischen klar ist, dass bei einem Zwei-Grad-Ziel zu große Probleme auftreten würden. Nicht nur, dass ein Teil der Menschheit seinen Wohnraum verlieren würde. Zudem käme es auch aller Wahrscheinlichkeit nach zu Kippeffekten des Klimas, das heißt zu unkalkulierbaren Kettenreaktionen.
Klimaneutral bis 2050
Gleich das Ziel der Klimaneutralität hat es in sich. Zwei der acht Szenarien zielen auf Null Prozent CO2, fünf auf 80 bis 85 Prozent, ein Szenario ist die Kombination von vier Szenarien und kommt auf 90 Prozent.
Die Europäische Kommission hat in ihrer Vision acht verschiedene Szenarien erarbeitet. Seitdem sie sie vorgestellt hat, diskutieren Entscheidungsträger über mögliche Entwicklungen und notwendige Weichenstellungen für langfristigen Klimaschutz in der EU. Auch in Deutschland ist in den kommenden Monaten eine zunehmende Aufmerksamkeit für den Kommissionsvorschlag zu erwarten.
Deutschland, einst Vorreiter
Deutschland, einst Vorreiter in der EU beim Thema Klima, hat in den vergangenen Jahren seine Hausaufgaben nicht gemacht, schafft seine CO2-Reduktionsziele 2020 nicht, hat seit fast 20 Jahren nicht mehr so wenig Windkraft ausgebaut wie derzeit. Und die Bundesregierung kann sich auch jetzt kaum zu einer Klimaschutz-Maßnahme durchringen, die Länder wie Schweden bereits vor drei Jahrzehnten verabschiedet haben: zu einer CO2-Steuer. Ein Vorreiter sieht anders aus.
Die EU-Staaten ihrerseits haben ihre nationalen Klimapläne für 2050 eingereicht und sind wie Deutschland jetzt mit der Überarbeitung beschäftigt.
Acht Szenarien für die Zukunft
Gleichwohl, die Clean-Planet-Strategie mit ihren acht Szenarien fußt auf der 2014-Regulierung zur Minimierung unseres EU-CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2030. In dem Zusammenhang sei angemerkt, dass kürzlich die Diskussion zur Anhebung des Ziels ausgebrochen war. 45 Prozent sind nach Kalkulationen der Kommission ebenfalls zu schaffen. Und gleichzeitig ist klar, dass ein 40-Prozent-Ziel für 2030 ein zu geringer Wert ist, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Die fehlenden 55 Prozent würde - wenn sie überhaupt zu schaffen sind - nur unter großen Entbehrungen und hohen Kosten erreicht werden können. Trotzdem hat man am 40-Prozent-Ziele festgehalten, weil alles andere nur endlose neue Diskussionen losgetreten hätte.
Carbon Capture and Storage
Interessant: Keines der Szenarien verabschiedet sich komplett von der Kohle. Alle beinhalten die Abscheidung und Speicherung oder Nutzung von Kohlenstoff, also CCS oder CCU. Dabei hat es in Deutschland zum Beispiel immer massiven Widerstand gegen CCS gegeben. Und auch den Anbau von Biomasse will die EU erweitern. Das wird unter anderem vom Umweltbundesamt kritisch gesehen. Dieses hält die Nutzung von Flächen für die Ernährung für sinnvoller.
Europawahlen im Mai
Ende Juni will die EU sich dazu auf einer Konferenz in Rumänien committen. Erwartet wird auch, dass die finnische Ratspräsidentschaft ab der zweiten Jahreshälfte dem Thema neuen Schwung geben wird. Eine weitere wichtige Station wird der UN Climate Action Summit im September.
Insgesamt ist derzeit unklar, welche Rolle der Klimaschutz künftig in der EU spielen wird: Bei den Wahlen im Mai könnten sowohl die Grünen als auch die extremrechten Parteien als Sieger hervor gehen. Die Rechten könnten den Klimaschutz massiv ausbremsen.