Das Bundeskabinett hat eine so genannte Formulierungshilfe aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) beschlossen, um wie von der Europäischen Union (EU) im Dezember verordnet, durch kürzere Baugenehmigungsprozesse die Energieerzeugungskapazitäten schneller auszubauen. Sorgt dies für die von den deutschen Erneuerbaren-Verbänden verlangte Beschleunigung der Genehmigungen neuer Wind- und Solarparks sowie neuer Stromautobahnen?
Die vom BMWK nun bekannt gegebenen Vorschläge zur Umsetzung dieser EU-Beschleunigungsvorschrift (Verordnung EU 2022/2577) sehen vor allem vor, die förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und ebenso die gewöhnlich verlangten artenschutzrechtlichen Prüfungen in vielleicht den meisten Fällen auszulassen. Demnach gilt,
1.) wo ausgewiesene Erneuerbare-Energien- und Netzgebiete bereits durch eine strategische Umweltprüfung qualifiziert sind, beide Verfahren – UVP und artenschutzrechtliche Prüfungen – für einzelne Wind- und Solarpark- oder auch Netzausbauprojekte wegfallen.
2.) indem die Genehmigungsbehörde dafür als Ersatz, um trotzdem den Artenschutz zu beachten, „angemessene und verhältnismäßige Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen“ durch die Anlagenbetreiber durchsetzt. Solche Maßnahmen sorgen bereits in der aktuellen Praxis zum Beispiel dafür, dass die Anlagen weniger dicht stehen dürfen oder zu bestimmten Jahres- oder Tageszeiten abschalten müssen, an denen die Tiere bevorzugt fliegen. Wo solche Maßnahmen fehlen, müssen die Betreiber dann zum Ausgleich in ein Artenhilfsprogramm einzuzahlen.
Zusätzlich gelten auch die Vorgaben, die sich von der EU ohne eigene deutsche Umsetzungsregelungen direkt übernehmen lassen. Dabei handelt es sich um Vorgaben zur Beschleunigung der Genehmigungen von Repowering, also des Austauschs alter gegen leistungsstärkere neue Anlagen, außerdem zur Beschleunigung der Genehmigungen von Solaranlagen und insbesondere von Solaranlagen auf künstlichen Landschaftselementen wie beispielsweise Deponieren – und für schnellere Genehmigungen von Wärmepumpen.
Die damit direkt wirksamen Maßnahmen verlangen bei Repoweringprojekten die UVP nur für die durch größere Anlagen zusätzlichen Umweltauswirkungen verglichen mit den Umweltauswirkungen der bisherigen Altanlagen. Bei Solaranlagen-Repowering können die UVP mitunter sogar ganz entfallen. Die Genehmigungsverfahren für Solaranlagen an sich dürfen ohnehin nur noch drei Monate dauern. Kleine Photovoltaikerzeugungskapazitäten von weniger als 50 Kilowatt (kW) gelten als von vornherein genehmigt. Für Wärmepumpen im Eigenverbrauch sind Anlagen mit 12 bis 50 kW gilt entsprechend gemäß der EU-Vorgabe von vornherein ein Anschlussrecht. Die Entscheidung über die Zulassung größerer Wärmepumpen, so lange sie noch keine 50 Megawatt (MW) leisten, müssen binnen eines Monats fallen.
Die EU hatte die Vorgaben zur Beschleunigung als Notfallverordnung eingeführt. Ihr Ziel ist eine möglichst rasche Erhöhung der Energieerzeugungskapazitäten, um während der aktuellen Energieversorgungskrise infolge des Ukrainekrieges möglichst rasch unabhängig von Importen fossiler Energierohstoffe zu sein. Entsprechend sieht der Formulierungsvorschlag des Bundeskabinetts eine zeitlich begrenzte Gültigkeit für Genehmigungen bis 30. Juni 2024 vor. Die bundesdeutschen Beschleunigungsregeln sollen für alle Genehmigungsverfahren gelten, die noch vor dem Stichtag begonnen haben. Sie würde auch für Projekte gelten, für die das Genehmigungsverfahren schon vor der Gültigkeit der neuen Regeln begonnen hat.
Ob die Beschleunigungsmaßnahmen zum Zuge kommen, ist theoretisch noch von einer Zustimmung des Bundestages abhängig. Sie steht noch aus. Ob die Maßnahmen tatsächlich die inzwischen zum Beispiel bei Windparks an Land im Durchschnitt 27 Monate dauernden Genehmigungsverfahren rasch verkürzen bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung hatte eigentlich ein eigenes Beschleunigungsgesetz für dieses Jahr versprochen. Das bundesdeutsche Beschleunigungsgesetz sollte bei den Genehmigungsbehörden eine schnellere Bearbeitung durchsetzen. Zwar gelten bereits heute bestimmte Vorgaben, doch fehlt es offenbar an Regelungen, was bei nicht rechtzeitigen Genehmigungen oder unpünktlich abgegebenen Stellungnahmen anderer Behörden passiert.