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Kommentar zum Streit um Klimaziele

Die Industrie ist weiter als die Politik

Im vergangenen Jahr musste der französische Atomkonzern Areva einen Rekordverlust von 4,8 Milliarden Euro verbuchen. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall will rund 1.000 Stellen streichen. Der neue Atomreaktor bereitet technische Probleme. Im ersten Quartal 2015 schrumpfte der Gewinn des Unternehmens um mehr als ein Drittel auf knapp 533 Millionen Euro. Heute werden mehr Kapazitäten an erneuerbaren Energien zugebaut als an fossile. 2013 wurden erstmals weltweit 143 Gigawatt erneuerbare und nur 141 Gigawatt fossilen Kraftwerke errichtet.

Waldbrand in Tschernobyl

Was haben die beiden Themen mit einander zu tun? Die weltweite Energieversorgung befindet sich im Wandel. Während die herkömmlichen Energien an Marktanteilen einbüßen, stocken die erneuerbaren ihre Kapazitäten auf. Das müssen sie sogar. Die Atomkraft hat seit dem Fukushima-Unglück an Ansehen verloren. Derzeit hört man mit Schrecken von den Waldbränden in dem verseuchten Gebiet um den Tschernobyl-Reaktor. Gleichzeitig zwingt uns der Klimawandel, weltweite Strategien gegen die Verbrennung fossiler Energien zu entwickeln. Und: Wie uns die Zubau-Zahlen erneuerbarer Energien zeigen, haben wir hier großen Erfolg.

Lahme Ente: Wirtschaftsrat

An diesem Punkt muss man sich ernstlich wundern über die Äußerungen des Wirtschaftsrates der CDU in dieser Woche. Bezüglich des deutschen Klimaschutzziels ließen die Christdemokraten nämlich wissen: „Der Wirtschaftsrat hält das deutsche Klimaziel für unerreichbar, die Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 zu reduzieren. Das sagen wir schon seit langer Zeit, weil wir die Grundrechenarten beherrschen.“ Richtig merkt da der Solarenergie-Förderverein Deutschland an, mit einem „Weiter so!“ würden die Klimaziele der Bundesregierung verfehlt.

Dem Wirtschaftsrat der CDU kann ich nur sagen: Es ist sinnlos, den alten Mächteverhältnissen auf dem Energiesektor nachzutrauern. Die Industrie hat dies inzwischen verstanden: Areva hat eine Offshore-Windkraft-Sparte aufgebaut und Vattenfall baut als regenerativer Energieversorger Windparks im Meer. RWE, Eon, EnBW und auch die international größten Versorger haben den Einstieg in die Erneuerbaren geschafft. Wirtschaftlich wäre es für viele von ihnen besser gewesen, wenn sie sich deutlich früher und ernsthafter mit den Erneuerbaren beschäftigt hätten. Der deutschen Energielandschaft hat es hingegen nicht geschadet, dass das ewige Oligopol der großen Energieversorger abgelöst wurde von einer Vielzahl kleiner Stromproduzenten.

Durch entschlossenes Handeln sollten wir Deutschen unsere Klimaschutzziele packen. Dabei wäre es ein guter Schritt, wenn Wirtschaftsminister Gabriel die Klimaabgabe von den Kohlemeilern durchsetzt. Allerdings hat er bereits Kund getan, dass er eine gemeinsame Lösung mit den Gewerkschaften anstrebt. Da schwant mir Böses!

Was den weltweiten Klimawandel anbelangt, so stehen wir hier nach wie vor einer Mammutaufgabe gegenüber. Wichtig werden in diesem Zusammenhang die Klimaverhandlungen in Paris im Dezember, wenn es um ein Kyoto-Nachfolge-Abkommen geht. Alle Staaten müssen hier Verantwortung übernehmen, vor allem die Industriestaaten als größte Verschmutzer. (Nicole Weinhold )