Wasserstoff aus Windstrom – das ist nur ein Beispiel für die Verwendung von Regenerativenergie, die nicht ins Netz gespeist werden kann, weil dieses nicht mehr aufnehmen kann. Tim Brandt ist Geschäftsführer der Wind to Gas Energy GmbH, eines Unternehmens, das in Brunsbüttel einen entsprechenden PEM-Elektrolyseur aufbaut.
Auf der Konferenz Wind-to-X des Bundesverbands Windenergie (BWE) in Bremen konnte man in den vergangenen Tagen erfahren, wie zahlreich die Ideen und Ansätze sind, wenn es darum geht, eine Verwendung für volatile Erneuerbare zu finden, ohne dass diese die Stromtrassen belasten müssen.
Mit der Wasserstoff-Anlage derweil Wirtschaftlichkeit zu erreichen sei schwierig, zumal der erzeugte Wasserstoff preislich gegen normales Erdgas antreten muss. Nur dadurch dass viele Stellen bei der Finanzierung des innovativen Projektes geholfen haben, ließ es sich realisieren. Unter anderem ist es Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Sinteg-Programms.
Der Elektrolyseur kann mit seinen 2,4 Megawatt Leistung 40 Kilo Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Das entspreche einer Reichweite von 4.000 Kilometern, so Brandt. Um preisgünstiger zu werden, müssten Power-to-Gas-Anlagen viel größer sein als die ersten Testanlagen, die es in Deutschland gibt. Aber: Noch ist die Zahl der Wasserstofffahrzeuge absolut überschaubar. Entsprechende Lkw seien noch nicht verfügbar. Entsprechend gering ist der Zustrom bisher an deutschen Wasserstofftankstellen. Bei H2-Bussen trumpfe China derzeit auf, sagt Brandt. Die ersten Modelle werden nach Europa exportiert – wie bereits die Batteriebusse. Er betont: „Wir müssen aufpassen, dass wir technologisch nicht den Anschluss verpassen.“
Schwer gemacht wird es der Branche allerdings bereits beim sauberen Wasserstoff. Dieser kann unter anderem nicht günstig angeboten werden, weil Brandt und Co. für ihre Power-to-Gas-Anlage Netzentgelte und 100 Prozent EEG-Umlage zahlen müssten. Nur dadurch dass sie ins Sinteg-Programm aufgenommen wurden, reduziert sich die EEG-Umlage auf 40 Prozent. Interesse an dem Wasserstoffe, der im Brunsbütteler Gewerbegebiet produziert wird, hat zum Beispiel ein Düngemittelhersteller dort in der Nähe. Er zahlt übrigens keine EEG-Umlage – so wie auch die anderen dort ansässigen Unternehmen von der Umlage befreit sind, weil sie so energieintensiv sind, dass eine entsprechende Befreiung fasst. Nur der Hersteller von sauberem Wasserstoff muss zahlen. Ein Hohn!
Im Grunde wird hier im Kleinen das Problem der Energiewende 2.0 mit der Sektorenkopplung auf den Punkt gebracht. Es gibt zwar ein ganzes Füllhorn an Möglichkeiten und Ideen, wie sich Wind- und Solarstrom nutzen lassen, ohne das Netz zu belasten – etwa regional, als Kraftstoff, Wärme oder eben gespeichert für spätere Verwendung. Aber diesen Ansätzen fehlt die entsprechende politische Weichenstellung. Immerhin einen kleinen Sieg konnte Holger Loew vom Bundesverband Erneuerbare Energie auf der BWE-Konferenz verkünden: § 13 Abs. 6a im EnWG beschäftigt sich mit zuschaltbaren Lasten. Hier gibt es jetzt eine Regelung. Das heißt: Energieintensive Unternehmen können ihren Verbrauch drosseln, um eine Lastspitze abzubauen.
Andere Fragen bleiben offen. So betont Loew: „Wir brauchen einen neuen Kostenwälzungsmechanismus.“ Das Bundeswirtschaftsministerium hatte dem Fraunhofer ISI den Auftrag erteilt, eine Studie zur Gestaltung der Netzentgelte zu entwickeln. Diese ist kürzlich veröffentlicht worden. Ungeklärt bleibe nach wie vor die Frage, ob Effizienz oder Flexibilität angeregt werden soll, so Loew. Er fordert, man müsse endlich die Entstehung regionaler Märkte zulassen.
Das Kernproblem bleibt bestehen, die Anpassung zahlreicher Gesetze lässt auf sich warten, die Energiewende liegt somit auf Eis. Zwar erklärt Jan Paul von der Bundesnetzagentur (BNetzA) während der abschließenden Podiumsdiskussion: „Wir haben uns den Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben.“ Allerdings sei die BNetzA der Meinung, dass Power-to-Gas mit 1 bis 3 Gigawatt bis zum Jahr 2030 von der erwarteten Leistung her angemessen prognostiziert sei. Seine Agentur setze derzeit vor allem auf Power-to-Heat.
Und so wie die Startups, die auf Wind-to-X warten hängt eine ganze Branche in der Warteschleife, weil der Gesetzgeber es nicht schafft, durch entsprechende Regelungen Investitionssicherheit zu geben. Heiko Rüppel, bei Enercon zuständig für den Aufbau einer Ladesäulen-Infrastruktur, bringt es im Zusammenhang mit dem Stellenabbau des größten deutschen Windanlagenherstellers auf den Punkt: Enercon reagiere auf die Rahmenbedingungen in Deutschland. Ein Unternehmen könne nur ein Produkt herstellen, wenn auch ein Markt dafür existiere. „Wenn hier kein Markt vorhanden ist, müssen wir ins Ausland gehen.“
Bleibt zu hoffen, dass Unternehmen bald den erforderlichen politischen Rückhalt bekommen, um die Energiewende 2.0 und die Sektorenkopplung hierzulande wirtschaftlich betreiben zu können. (Nicole Weinhold)