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Interview

Blühende Landschaften für mehr Biodiversität

ERNEUERBARE ENERGIEN: Die Vermaisung der Landschaft ist ein Schlagwort, das häufig im Zusammenhang mit der Biogasproduktion fällt. Wieso ist die zu starke Konzentration auf eine einzelne Energiepflanze problematisch?

Tatiana Demeusy: Monokulturen bieten vor dem Hintergrund der Ökologie immer mehr Nach- als Vorteile. Der leichten Bearbeitung einer Anbaufläche stehen die Vermehrung von Schädlingen, die Reduktion der natürlichen Vielfalt, die Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden sowie die Bodenerosion gegenüber. Das bedeutet, dass der Boden durch den mehrjährigen Anbau einer Monokultur geschädigt wird. Mais ist bei der Biogaserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen eine sehr beliebte Pflanze, weil es eine langjährige Erfahrung beim Anbau gibt und Mais im Rahmen der Biogaserzeugung flächenmäßig gesehen am ertragsreichsten ist. Hinzu kommt, dass man Mais nicht „überdüngen“ kann, während andere Pflanzen sensibler auf eine zu starke Zufuhr eines Stickstoffdüngers reagieren. Da der Gärrest der Biogasanlagen als Dünger wieder auf den Flächen ausgebracht wird, besteht die Gefahr, dass beim Anbau von Mais das Grundwasser in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn die Pflanzen mehr Dünger zur Verfügung gestellt bekommen als sie verarbeiten können. Dem müssen wir entgegenwirken.

Feldforschung zur Biodiversität. - © Foto: Erdgas Südwest
Feldforschung zur Biodiversität.

Die angesprochenen Probleme beziehen sich auf die landwirtschaftliche Arbeit. Wie ist Ihr Unternehmen als Energiedienstleister da in der Pflicht?

Als Anbieter regenerativ erzeugter Energie sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung und auch als unsere Verantwortung gegenüber den Landwirten an, dass die Erzeugung des Biogases nachhaltig und im Einklang mit der natürlichen Artenvielfalt stattfinden kann. Die Vermaisung ist ein viel diskutiertes Problem, mit dem wir unsere Partner aus der Landwirtschaft nicht allein lassen dürfen. Im Gegenteil: Wir müssen sie darin unterstützen, Alternativen zum Maisanbau zu finden, die sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch verträglich sind. Das ist das Ziel eines Forschungsprojekts, das wir in Kooperation mit der Universität Hohenheim, unserem Mutterkonzern, der EnBW, und seit Januar 2012 als federführender Projektverantwortlicher durchführen. Heute sind an dem Projekt unter anderem ein Vertreter des Instituts für Kulturpflanzenwissenschaften der Uni Hohenheim, ein Landwirt und Mitarbeiter von der EnBW beteiligt. Insgesamt investiert Erdgas Südwest für die Forschungsarbeiten 70.000 Euro.

Können Sie das Forschungsprojekt kurz beschreiben?

Es handelt sich um eine Langzeitstudie, die im Jahr 2010 gestartet wurde und die noch bis Ende dieses Jahres laufen soll. Ziel ist es, die Biodiversität zu fördern und zu erhalten. Dazu betrachten wir verschiedene Anbaukonzepte für Biogassubstrate mit angepassten Fruchtfolgen und den Anbau verschiedener Pflanzen. In einem streifenförmigen Anbaukonzept werden mehrjährige und verschiedene einjährige Kulturpflanzen miteinander kombiniert, zum Beispiel Sonnenblume, Wintertriticale, Grünroggen, Kleegras oder Energieamarant. Darüber hinaus gibt es Parzellenversuche mit mehrjährigen Kulturpflanzen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und lassen erwarten, dass die Biodiversität von Bioenergieanbausystemen langfristig steigerbar ist.

Wie muss man sich die Forschung bei diesem Projekt vorstellen?

Unser Ziel ist eine möglichst hohe Praxisnähe. Von Beginn an gab es neben dem Versuchsfeld auf dem Gelände der Universität Hohenheim auch einen Feldversuch mit einem Partner der Erdgas Südwest. Dieser Landwirt aus Burgrieden ist Gesellschafter und Substratlieferant der Biogasanlage in Burgrieden-Bühl, von der wir Rohbiogas zur Aufbereitung und Einspeisung beziehen. Uns als Erdgas Südwest war besonders daran gelegen, reale Bedingungen zu schaffen. Das bedeutet, dass der Industriestandard gehalten wird. Die Landwirte sollen schließlich ihre ganze Maschinerie weiternutzen können. Wir wollten testen, ob die Pflanzen in den Workflow passen und ob sich der Aufwand für den jeweiligen Landwirt lohnt. Daher haben wir mit einem Landwirt einen Feldversuch gestartet. Auf 5,6 Hektar Ackerland wurden eine Dauerkultur und einjährige Kulturen im Wechsel in Fruchtstreifen angelegt. Die mehrjährige Dauerkultur war bei diesem Feldversuch zunächst Energieampfer. Inzwischen haben wir den Energieampfer gegen die Grassorte Szarvasi ersetzt. Die Dauerkultur hat den Vorteil, dass sie den Boden langfristig schont. Die Frucht wird nur einmal ausgesät und über Jahre hinweg lediglich ein- bis zweimal geerntet. Das jährliche Umpflügen des Bodens und die Aussaaten entfallen.

Der Anbau alternativer Kulturarten wie Sonnenblumen, Grünroggen und andere Sorten als Kulturfolge soll die Diversifizierung im Substratangebot verbessern. Dies vermeidet gleichzeitig die Ausbreitung möglicher Krankheitserreger.

Wie sind die ersten Erfahrungen mit diesem Feldversuch?

Die Ergebnisse bezüglich Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz werden sich erst nach Abschluss des Projektzeitraums ableiten lassen. Bislang konnten nur erste Erfahrungswerte gesammelt werden, beispielsweise in unserem Fall die Notwendigkeit, den Energieampfer auszutauschen. Es hat sich zudem gezeigt, dass der Landwirt einen genauen Zeitplan einhalten muss, um in der Fruchtfolge zu bleiben. Dies ist ein gewisser Mehraufwand für den Landwirt, wobei natürlich die Vorteile von mehr Biodiversität und die Schonung der Böden dabei ins Verhältnis gesetzt werden müssen.

Gibt es noch weitere Ideen, um die Biodiversität beim Anbau von Energiepflanzen zu erhöhen?

Ideen gibt es natürlich viele. Ein Beispiel abseits der eben beschriebenen Dauerkulturen Fruchtfolge und Kombination verschiedener Pflanzenarten ist die Idee der Blühwiesenstreifen. Die Landwirte würden demnach die letzten drei bis fünf Meter ihrer Flurflächen nicht mit Mais bewirtschaften, sondern Blühwiesen aussähen. Diese Flächen bieten dann Lebensraum für Bienen und andere Tiere. Dies wäre ebenfalls eine sinnvolle erste Maßnahme, um einen ökologischen Beitrag für die Biodiversität zu leisten. Diese Maßnahme geht aktuell jedoch mit einem sehr großen bürokratischen Aufwand für den einzelnen Landwirt einher. Auch hier versuchen wir als Energieversorger, im Dialog mit Landwirten und Ämtern einen Beitrag zu leisten, die Hindernisse zu verringern.