Nicole Weinhold
Lediglich 41 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 134 Megawatt wurden in Deutschland in Betrieb genommen. Auf diesen Ausbaueinbruch um 90 Prozent reagieren die Grünen nun mit einem Vorschlag für ein Maßnahmenpaket. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sagte dazu, ohne weiteren Windausbau sei die Energiewende nicht vorstellbar. Doch anstatt die Windenergie durch die Sicherung von Flächen und Genehmigungen zu stärken, habe sich die schwarz-rote-Koalition mitsamt ihrer AG Akzeptanz komplett verhakt und sei handlungsunfähig. "Durch die aktuelle Entwicklung ist nicht nur der Klimaschutz massiv gefährdet, sondern auch der Industriestandort Deutschland", so Verlinden. Die Windbranche biete derzeit allein in Deutschland über 160.000 Menschen zukunftsfähige Jobs. Viele davon stünden jetzt auf dem Spiel. "Doch statt endlich zu handeln, verschenkt die Bundesregierung weiter kostbare Zeit."
Die Grünen schlagen folgende Punkte für Sofortmaßnahmen vor:
1. Sichere Standorte für Windenergie durch mehr Flächenausweisung
Der Ausbau der Windenergie scheitert häufig daran, dass keine genehmigten Standorte für Windprojekte zur Verfügung stehen. Um diesen Engpass zu überwinden, müssen mindestens zwei Prozent der bundesdeutschen Fläche an geeigneten Stellen für Windkraft freigegeben werden. Dafür muss sich die Bundesregierung klar zum weiteren Ausbau der Windenergie in ganz Deutschland bekennen und die Länder bei der Ausweisung von geeigneten Flächen für Windenergie in jeder Weise rechtlich unterstützen. Ideologische und pauschale Abstandsregelungen wie in Bayern dürfen nicht zum deutschen Standard werden sondern müssen zurück genommen werden.
Hintergrund: Zurzeit sind in den rechtssicheren Planungen der Bundesländer nur etwa 0,5 Prozent der Landesflächen für Windenergie ausgewiesen. Rechnet man die geplanten, aber noch nicht sicheren Flächen mit ein, steht durchschnittlich etwa ein Prozent der deutschen Landesfläche theoretisch für Windenergie zur Verfügung. Diesen Anteil gilt es auf insgesamt zwei Prozent zu verdoppeln.
2. Ausschreibungsmengen verdoppeln, Repowering ermöglichen und dezentrale Windenergie-Projekte ohne kompliziertes Ausschreibungsverfahren zulassen
Aktuell können Windenergieanlagen laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur in begrenztem Umfang gebaut werden. Außerdem müssen sie sich an einem komplizierten Ausschreibungssystem beteiligen. Das Ausschreibungsverfahren erschwert besonders Bürgerenergie-und kleinen Projekten die Teilnahme, da die Unsicherheit über einen Zuschlag und damit das finanzielle Risiko groß ist. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Möglichkeiten des EU-Rechts auszuschöpfen und kleinere Windparks ohne komplizierte Ausschreibungen möglich zu machen. Gleichzeitig muss die Bundesregierung die innerhalb des Ausschreibungssystems vorgesehenen Mengen für Windenergie an Land von 2.800 Megawatt auf mindestens 5.600 Megawatt pro Jahr verdoppeln. Auch Repowering muss am gleichen Standort möglich bleiben.
Hintergrund: Nach EU Recht wäre schon lange möglich gewesen, dass Projekte bis zu einer Größe von 18 Megawatt Leistung ohne Ausschreibungsverfahren gebaut werden (sogenannte De-Minimis-Regelung).
3. Rechtssicherheit für Windausbau und Naturschutz schaffen
Klimaschutz ist auch Natur- und Artenschutz. Ohne eine wirksame Begrenzung der Erderhitzung stehen viele Tier- und Pflanzenarten vor dem Aus. Dennoch stehen Konflikte zwischen Windenergie und insbesondere dem Artenschutz immer wieder im Fokus der öffentlichen Debatte. Die Bundesregierung muss deshalb klare und einheitliche Bewertungsmaßstäbe für die Koexistenz von Windenergie und Naturschutz formulieren, die die Genehmigungsbehörden für ihre Entscheidungen brauchen.
4. Wohlstand durch Windkraft stärken, Kommunen finanziell beteiligen
Windenergieanlagen genießen in der Mehrheit der Bevölkerung weiterhin große Unterstützung, auch in Gemeinden mit Windanlagen. Um dieses positive Verhältnis weiter zu stärken, sollten Kommunen und Anwohner mehr als bisher am finanziellen Erfolg der Windenergie vor Ort beteiligt werden. Die Bundesregierung muss dafür ein rechtssicheres Konzept vorlegen. Diese Finanzmittel können die Kommunen nutzen, um in öffentliche Einrichtungen wie KiTas, Schwimmbäder oder Spielplätze zu investieren und die örtliche Infrastruktur auszubauen. Besonders profitieren Kommunen dann, wenn vor allem lokale Bürgerenergiegesellschaften, Stadtwerke, lokale Gewerbebetriebe oder Landwirte selbst die Betreiber von Windparks sind, denn dann bleiben umso mehr Steuereinahmen auch in der Gemeinde.
5. Flugsicherung kompatibel zum Ausbau der Windenergie umgestalten
Aktuell werden etwa 3000 Megawatt potentieller Windenergie-Projekte durch Drehfunkfeuer der Deutschen Flugsicherung (DFS) blockiert, obwohl die Flugsicherheit durch die Windenergieanlagen nicht gefährdet ist. Die DFS fürchtet Störungen ihrer Drehfunkfeuer durch Windenergieanlagen und verlangt einen pauschalen Abstand von 15 Kilometern um die Funkfeuer. Wir fordern die Bundesregierung auf dafür zu sorgen, dass sich die deutsche Flugsicherung zumindest an internationale Standards hält und den Mindestabstand auf 10 Kilometer senkt, anstatt den Ausbau der Windenergie unnötig zu behindern.