Tilman Weber
Mit 357 zu 260 Stimmen bei einer Enthaltung nahm der Bundestag am Donnerstagvormittag mit den Stimmen der Regierung und gegen die Stimmen der Oppositionsparteien die EEG-Reform zum 1. Januar 2021 an. Dabei stimmte die Parlamentsmehrheit sowohl der von der Bundesregierung im Oktober für die Debatte im Wirtschafts- und Energie-Ausschuss vorgelegten letzten Entwurfsfassung des EEG zu, als auch einigen zusätzlichen Empfehlungen des Wirtschafts- und Energie-Ausschusses vom Dienstag und einem begleitenden Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen zu im wesentlichen Reformabsichten für 2022.
Damit sind insbesondere die schon seit Monaten bekannten künftigen jährlichen Ausschreibungsvolumen für den Ausbau der Erneuerbare-Energien-Anlagenkapazitäten, die je nach Technologie verschieden ausfallen, verabschiedet. Außerdem enthalten die Neuregelungen im Vergleich zu den früheren EEG-Referentenentwürfen aus dem Bundeswirtschaftsministerium vom Sommer zahlreiche Nachbesserungen im Detail. Sie begünstigen vor allem die Photovoltaik (PV) und die Altanlagenweiterförderung bei Windkraft und PV. Mit dem zusätzlichen Entschließungsantrag verpflichtet das Parlament die Bundesregierung dazu, im ersten Quartal 2022 noch ausstehende Reformen nachzulegen wie nicht zuletzt die Definition neuer Ausbauziele und Ausschreibungsvolumen gemäß den neuen deutschen und künftigen Klimaschutzzielen der Europäischen Union (EU).
PV-Dächer, Eigenverbrauch, Negativpreise - Opposition: "Ein paar Schikanen wieder rausgenommen"
Das EEG 2021 wird damit einige Verschärfungen für die Erneuerbaren nicht enthalten, die vorangegangene Referentenentwürfe noch enthalten hatten. So urteilte der energiepolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Krischer, in seiner Rede unmittelbar vor der Abstimmung: Infolge des Einsatzes der Regierungsfraktion des kleineren Koalitionspartners SPD habe die Regierung nun „ein paar Schikanen wieder rausgenommen“, die das Bundeswirtschaftsministerium zuerst eingebaut habe. So wird beispielsweise die Beteiligung der Erneuerbare-Energien-Anlagenparks am Risiko negativer Börsenstrompreise in Zeiten eines Stromüberangebots durch den Wegfall der garantierten Vergütung erst nach einer vier Stunden andauernden Negativpreisphase eintreten. Ursprünglich hatte das Bundeswirtschaftsministerium diesen Wegfall sogar schon nach einer Viertelstunde und in einer korrigierten Fassung dann nach einer Stunde vorgesehen. Das bisherige EEG sieht diesen Wegfall erst nach sechs Stunden Negativpreisdauer vor. Allerdings soll eine weitere Anpassung dieser Regelung künftig geprüft werden.
Zudem bekommen PV-Dachanlagen und Mieterstromprojekte leichtere Förderbedingungen und Kleinanlagenbetreiber dürfen auf vorgesehene Pflichten zur Ausrüstung mit Einspeisemesstechnologien wie Smart Meter verzichten und den selbst erzeugten Strom ohne Belastung durch Abgaben mehr selbst verbrauchen. Weggefallen ist allerdings gegen heftige Kritik von Seiten der oppositionellen Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke eine Formulierung, wonach der Ausbau der Erneuerbaren-Energien-Anlagen im öffentlichen Interesse sei und der Versorgungssicherheit Deutschlands diene.
Geringe Weiterförderung Windenergie-Altanlagen geregelt
Die Übergangslösung für Windenergieanlagen, deren Förderdauer nach 20 Jahren Ende 2020 eigentlich abgelaufen wäre, hatte sich derweil erst Anfang der Woche abgezeichnet. Sie sieht nun vor, dass alle sogenannten Ü20-Anlagen bis Ende 2021 eine leicht erhöhte Vergütung oberhalb der Stromhandelspreise erhalten. Bis Juni 2021 beträgt dieser Zuschlag einen Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf die derzeit häufig bei rund zwei bis drei Cent liegenden Marktpreise. Danach fällt der Zuschlag in zwei Stufen auf 0,5 und dann auf 0,25 Cent ab. Anlagen, die auf Flächen mit der Möglichkeit zum Repowering stehen – der Austausch alter gegen neue leistungsstärkere Anlagen – erhalten danach keine Sonderförderung mehr. Wo nicht repowert werden kann, sollen die Anlagenbetreiber sich an zwei Ausschreibungen noch in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres beteiligen. Während die erste Ausschreibung neue Fördertarife für den Rest des Jahres 2021 bestimmen soll, ermöglicht die zweite Ausschreibung eine Anschlussförderung mit Tarifen bis Ende 2022.
Die Altanlagenregelung ist erforderlich, weil ab 2021 große Kapazitäten von über 20 Jahre alten Windenergieanlagen unmittelbar von einer Stilllegungswelle betroffen gewesen wären. Weil die Stromhandelspreise zu tief sind, würde sich der Weiterbetrieb von zunächst rund vier Gigawatt und im Jahr darauf von weiteren zwei Gigawatt nicht mehr lohnen.
Anpassung an neue Klimaschutzziele, Repowering und Co.: Regelungen 2022 geplant
Das EEG 2021 fördert auch einen wieder leichten Ausbau der Kapazitäten von zuletzt kaum zum Zuge gekommenen Erneuerbarentechnologien wie Geothermie und Bioenergie. Der zusätzliche Entschließungsantrag verweist derweil auf 2022 noch zu erledigende Aufgaben wie nicht zuletzt bei der Windkraft neue genehmigungsrechtliche Repoweringregelungen sowie die Bestimmung angepasster Ausbauziele und Ausbaumengen. Diese Anpassungen sollen die neuen deutschen und die EU-Klimaziele berücksichtigen.
Die Beschlüsse:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften (19.10.2020)
Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung (11.11.2020)
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (15.12.2020, enthält Entschließungsantrag auf Seiten 6 bis 10)
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (16.12.2020)
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