Nicole Weinhold
Dominik Hanus, Rechtsanwalt bei Müller- Wrede & Partner in Berlin, erklärt, was beim Verkauf von Windenergieanlagen vor allem beim Thema Due Diligence zu berücksichtigen ist.
Welche Möglichkeiten gibt es bei der Due Diligence? Worauf muss man achten?
Dominik Hanus: Bevor der Verkäufer den Datenraum für den Käufer öffnet, sollte er prüfen, ob es ggf. sinnvoll ist, selbst eine eventuell auch nur eingeschränkte Prüfung des zu verkaufenden Vorhabens zu veranlassen. Diese sogenannten Verkäufer-Due-Diligence oder Vendor-DD dient dazu, etwaige Probleme oder Mängel des Vorhabens, z.B. im Bereich der Nutzungsverträge, vorab zu ermitteln und nach Möglichkeit zu beseitigen, um den anschließenden Verkaufsprozess zu beschleunigen.
Vor Beginn der Datenraumprüfung durch den Kaufinteressenten muss geklärt werden, wie der Datenraum technisch ausgestaltet sein soll: Soll ein elektronischer Datenraum eingerichtet werden, auf den der oder die Bieter Zugriff bekommen? Soll der Datenrauminhalt ggf. nur als USB-Stick verschickt werden, z.B. weil der Inhalt nicht sonderlich umfangreich ist? Oder soll tatsächlich noch ein physischer Datenraum in Papierform bestehen? Wenn diese Entscheidung getroffen ist , muss der Datenraum sorgfältig gestaltet und befüllt werden. Zudem müssen gerade bei einem elektronischen Datenraum Regeln festgelegt werden, z.B. ob Druckberechtigungen gewährt werden sollen.
Welche Fälle von Due Diligence unterscheiden Sie?
Dominik Hanus: Zusätzlich zu der bereits genannten Vendor-DD gibt es auch auf Käuferseite unterschiedliche Formen der Due Diligence, also der Projektprüfung. Verkäufer und Käufer sollten deswegen vorab vereinbaren, wie der DD-Prozess laufen soll.
Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: So kann der Verkäufer vorgeben, dass der Datenraum innerhalb eines bestimmten Zeitraums vollständig geprüft sein muss. Wenn der Datenraum allerdings sehr umfangreich ist, kann es sich jedoch auch anbieten, die Datenraumphase in einzelne Unterphasen aufzuteilen. So kann sich die erste Phase auf eine sog. Red Flag-DD, also auf die Prüfung der wesentlichen Aspekte des Vorhabens, beschränken, was aus Kostengründen häufig im Interesse des Kaufinteressenten liegen dürfte. In dieser Phase ermittelt der Kaufinteressent, ob der Datenraum das Kaufinteresse grundsätzlich fortbestehen lässt oder ob bereits etwaige Dealbreaker ermittelt werden, die den Kaufinteressenten dazu veranlassen, den Prozess nicht zu Ende zu führen.
Was kann das zum Beispiel sein?
Dominik Hanus: Beispielsweise erhebliche Mängel in der Flächensicherung oder sogar bereits ausgesprochene Kündigungen von Grundstückseigentümern wichtiger Flächen. Oder es bestehen genehmigungsrechtliche Risiken, die nahelegen, dass das Projekt nicht zeitnah umsetzt werden kann.
Ergibt eine vorangestellte Red Flag-DD, dass der Verkaufsprozess weitergeführt wird, schließt sich die sog. Confirmatory DD an, also die Prüfung der weiteren Datenraum-Unterlagen.
Wichtig ist, dass sich Verkäufer und Käufer frühzeitig darüber abstimmen, ob der ganze Datenraum geprüft werden soll. Interesse des Verkäufers ist es ja, dass der offen gelegte Datenraum gegenüber dem Käufer als bekannt gilt und dieser somit hinsichtlich der offen gelegten Informationen keine Garantieansprüche geltend machen kann. Der Käufer will hingegen möglicherweise nicht auch noch den 70. Kabelvertrag prüfen, sondern sich aus Zeit- und Kostengründen auf die wesentlichen Punkte beschränken. Dies muss im Vorfeld besprochen und vertraglich abgebildet werden.
Welche Haftungsrisiken gibt es im Zusammenhang mit der DD zu beachten?
Dominik Hanus: Wesentliches Risiko auf Seiten des Verkäufers im Rahmen der DD ist, dass er seine Aufklärungspflichten verletzt. Der Verkäufer muss, ohne dass der Käufer nachfragt, alle Umstände offen legen, die von Bedeutung für die Kaufentscheidung oder die Bemessung des Kaufpreises sind. Er muss über alle wertbildenden Faktoren informieren und alle Umstände offen legen, die den Vertragszweck vereiteln können. Bei einer unterbliebenen Offenlegung besteht das Risiko, dass ein Gericht eine arglistige Aufklärungspflichtverletzung annimmt; die Rechtsprechung tendiert dazu, in solchen Fällen Arglist anzunehmen. Dafür reicht es aus, wenn ein bedingter Vorsatz vorliegt, wenn also der Verkäufer wusste oder damit rechnete, dass der Käufer den fraglichen Umstand nicht kennt und diese Unkenntnis möglicherweise Einfluss auf die Kaufentscheidung hat. Wenn eine arglistige Aufklärungspflichtverletzung vorliegt, dann greifen auch alle Haftungsbegrenzungen nicht, die die Parteien nach intensiver Verhandlung im Kaufvertrag zugunsten des Verkäufers festgelegt habe. Denn die Haftung für Vorsatz kann nicht im Voraus erlassen und somit auch nicht beschränkt werden. Damit droht eine unbeschränkte Haftung für Schäden, die aus dieser Aufklärungsverletzung resultieren. Daher ist es natürlich dringend angezeigt, alle Informationen offenzulegen, die von Interesse für den Käufer sein können. Das ist ganz elementar.
Wenn das Gerücht auftaucht, dass ein Seeadler bei meinem Windprojekt entdeckt wurde, dann gehe ich der Sache nach?
Dominik Hanus: Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein solches Risiko tatsächlich besteht, kann der Verkäufer hiervor nicht die Augen verschließen. Insofern ist der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet, der Sache nachzugehen. Legt der Verkäufer die Information nicht offen, realisiert sich später das Risiko und wird bekannt, dass der Verkäufer hierüber informiert war, droht eine Schadensersatzforderung, ohne dass die Haftung wirksam begrenzt wäre.
DOMINIK HANUS wird das im Interview diskutierte Thema im Rahmen des BWESeminars „Juristische Projektprüfung und Verkauf von Windparks“ vom 19. bis 20. Februar in Berlin weiter vertiefen. Weitere Informationen hier.
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