In Deutschland steigt die Nachfrage nach Direktlieferverträgen für Ökostrom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Das ist das Resümee der Aream Group, eines Investment- und Assetmanager für institutionelle Investoren mit Schwerpunkt auf erneuerbare Energien. Demnach schließen immer mehr Unternehmen solche Abnahmeverträge mit den Anbietern grünen Stroms ab, wenn sie keine Möglichkeiten haben, in eigene Anlagen zu investieren oder diese Möglichkeiten schon ausgeschöpft sind. Es sind aber auch Unternehmen, die mit den Stromlieferverträgen das eigene Engagement umgehen wollen und mit einem Stromliefervertrag (PPA) dennoch einen Schritt hin zu klimaneutralen Produktion gehen können.
Immer mehr Unternehmen wollen Ökostrom kaufen
Deutschland sei hier weltweit Vorreiter mit seiner gut ausgebauten industriellen Basis und vielen Unternehmen mit hoher Bonität, weiß Markus W. Voigt, Geschäftsführer der Aream Group. „Wir beobachten eine deutliche Zunahme von Abnehmern aus dem Gewerbe und Industriebereich“, sagt Voigt. Er verweist dazu auch auf eine Studie des Schweizer Unternehmens Pexapark, das sich auf PPA spezialisiert hat. Demnach dominierte bis Ende 2019 die Energiebranche den Markt für PPA.
Anteil der Corporate PPA steigt
Das heißt, dass vor allem Energieversorger den Strom aus ungeförderten Solar- und Windkraftanlagen direkt gekauft und an ihre Kunden weitervermarktet haben. Im Jahr 2020 drehte sich in Deutschland der Markt. Zum ersten Mal mehr PPA mit Unternehmen außerhalb des Energiesektors zustande. „Der Anteil dieser Corporate PPA am Gesamtaufkommen erreichte rund 54 Prozent“, erklärt Voigt. „Die übrigen 46 Prozent kamen aus der Energiewirtschaft. Im Jahr zuvor waren noch 75 Prozent aller PPA-Abnehmer Versorger oder Energiehändler.
Ausbau muss schneller gehen
Das Problem: Der Ausbau geht in Deutschland vor allem aufgrund der regulatorischen Hindernisse, die die vergangenen Bundesregierungen aus CDU/CSU, SPD und zeitweise auch der FDP in das EEG geschrieben haben, nicht schnell genug, um den steigenden Bedarf zu decken. Allein in Deutschland seien 21 große Unternehmen hinzugekommen, die dringend grünen Strom suchen, betont Voigt. „Für unsere Projekte nehmen wir bereits in sehr frühen Phasen ein starkes Interesse bei potenziellen Abnehmern war und sehen vor allem hohes Potenzial für Photovoltaik in Deutschland“, berichtet er. „Dieser Bedarf kann mit dem im vergangenen Jahr produzierten Grünstrom von 247 Terawattstunden nicht gedeckt werden“, gibt Voigt zu Bedenken. Er verweist deshalb auf die Erkenntnisse der Forscher des Fraunhofer ISE, die einen notwendigen Zubau von zehn bis 15 Gigawatt Photovoltaik und sieben bis acht Gigawatt Onshore-Windkraft ausgerechnet haben, um die Klimaschutzziele zu schaffen. Dieser Zubau ist aber auch notwendig, um die rasant wachsende Nachfrage nach Ökostrom zu befriedigen.
PPA-Preise steigen
Die steigende Nachfrage kann dadurch zu einem Treiber für Investitionen in erneuerbare Energien werden. Denn sie sorgt für steigende Abnahmepreise. Diese liegen nach Angaben von Aream derzeit bei 47 Euro pro Megawattstunde für einen PPA mit einer Laufzeit zwischen zehn und 15 Jahren. Dabei nimmt das Unternehmen den Strom aus der Anlage so ab, wie ihn der Generator liefert. Voigt geht davon aus, dass die Preise weiter steigen werden. „Aus unserer Sicht wird der Baseloadpreis bis 2025 auf 48 Euro und 2035 sogar auf 55 Euro steigen“, ist er sich sicher.
Fördermechanismen beschränken
Hier ist aber entscheidend, dass die Politik den Weg für die PPA frei macht. Deshalb fordert die Marktoffensive Erneuerbare Energien, die Hürden endlich abzubauen und die Ökostromanlagen endlich vom behördlichen Gängelband zu lassen. Die in der Marktoffensive verbündeten Unternehmen fordern deshalb, einerseits die Förderungen für große Solaranlagen nicht auszuweiten. Aus ihrer Sicht war schon die Erweiterung der Anlagenleistung von zehn auf 20 Megawatt für die Teilnahme an den Ausschreibungen der falsche Weg. Allerdings lässt hier das eng begrenzte Ausschreibungsvolumen viel Platz für den Bau von förderfreien Anlagen.
PPA-Strom dem Eigenverbrauch gleichstellen
Voraussetzung ist, dass auch die Hindernisse auch in Form von Steuern und Abgaben fallen. Deshalb solle der Strom aus ungeförderten Anlagen von der EEG-Umlage befreit werden. Zudem sollte die Nutzung des Stroms aus ungeförderten Anlagen grundsätzlich dem Eigenverbrauch gleich gestellt werden, auch wenn er von mehreren verschiedenen Unternehmen genutzt wird. Auf diese Weise und durch eine Reform der Stromsteuer können sich selbsttragende Geschäftsmodelle auch für kleinere Anlagen ergeben. Zusätzlich sollten Mechanismen der Risikoabsicherung entwickelt werden. Ob die ebenfalls geforderte grundsätzliche Befreiung der Industrie von Finanzierung der Energiewende in die richtige Richtung führt, ist in der Ökostrombranche hingegen mindestens umstritten. Schließlich würde das die Stromkosten senken, was der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zugute käme. Es würde dann aber auch die ebenfalls geforderten Vorteile des direkt eingekauften Ökostroms zunichte machen und damit den Anreiz senken, Grünstrom direkt vom Hersteller zu kaufen.
Positionspapier veröffentlicht
Die Marktoffensive Erneuerbare Energien wird getragen von der Deutschen Energieagentur (Dena), dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und den bisher 46 Klimaschutzunternehmen. Zu letzteren gehören mittelständische und große Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen wie Lebensmittelhersteller und -händler, Möbelhändler, Energieunternehmen, Stahl- und Kunststoffhersteller, Druck- und Medienunternehmen, Anbieter von Urlaubs- und Freizeitaktivitäten und vielen anderen. Das Positionspapier der Marktoffensive finden Sie auf der entsprechenden Internetseite der Dena. Einen vertiefenden Einblick in die Möglichkeiten und Varianten von Corporate PPA lesen Sie zudem in der aktuellen Ausgabe von Erneuerbare Energien.
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