Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die neuen Gesetzesvorhaben vorgestellt, um den Ausbau der Solarenergie in Deutschland zu beschleunigen. „Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bei 80 Prozent liegen. Die Photovoltaik soll mit einer installierten Leistung von 215 Gigawatt bis 2030 hier einen wichtigen Beitrag leisten. Das zeigt, dass viel Arbeit vor uns liegt“, sagt Hebeck.
Zwar ist im vergangenen Jahr der Zubau schon auf sieben Gigawatt angestiegen. Doch das reicht nicht. „Für das laufende Jahr gilt ein Zwischenziel von neun Gigawatt“, sagt der Bundeswirtschaftsmister. „Die Chancen, dass wir dieses Zwischenziel erreichen stehen gut: Im ersten Quartal 2023 wurden bereits knapp 2,7 Gigawatt neu installiert.“
Erleichterungen für Freiflächenanlagen
Doch um auch zukünftige Wachstumsziele bei Ausbau zu erreichen, hat sich die Bundesregierung auf zwei Solarpakete geeinigt. „Mit der vorgelegten Strategie wollen wir den Ausbau nochmal deutlich beschleunigen und alle Bremsen lösen, die ein höheres Tempo beim Zubau bislang verhindert haben“, betont Robert Habeck
So soll es für Freiflächenanlagen Erleichterungen im Baugesetzbuch geben. Unter bestimmten Voraussetzungen soll dann nicht mehr eine abgeschlossene Bauleitplanung für die Erteilung einer Baugenehmigung notwendig sein. Außerdem soll die Baunutzungsverordnung unter anderem für Solaranlagen Industrie- und Gewerbegebieten klargestellt werden. Dann können regulär Solargeneratoren jeglicher Art – auch Freiflächenanlagen – als Hauptanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten errichtet werden, wenn von ihnen keine erhebliche Belastung ausgeht. Zudem können dann Gewerbebetriebe auch die volle freie Fläche für den Bau von Anlagen nutzen. Bisher lag die zulässige Obergrenze bei 80 Prozent der Fläche.
Flächenkulisse ausweiten
Außerdem sollen benachteiligte Flächen grundsätzlich für den Bau von kleinen Solarparks bis einem Megawatt freigegeben werden. Für Bürgerenergiegemeinschaften soll hier sogar eine grenze von sechs Megawatt gelten. Mit Blick auf die benachteiligten landwirtschaftlichen Flächen will das Wirtschaftsministerium auch die Länderöffnungsklausel umdrehen. Dann gilt grundsätzlich, dass die Flächen an Ausschreibungen teilnehmen können und die Länder müssen die aktiv untersagen. Apropos Ausschreibung: Das Wirtschaftsministerium prüft auch, ob die maximale Gebotsmenge für ein Projekt, das an einer Auktion teilnimmt, von derzeit 20 auf 100 Megawatt erweitert wird.
Zudem sollen Landwirte im Rahmen der Agrarfördervorschriften der EU ab 2024 stillzulegenden Flächen für dem Bau von temporären Solaranlagen nutzen können, wenn bestimmte Biodiversitätskriterien eingehalten und die Flächen entsprechend weiter gepflegt werden. Im Gegenzug dürfen Landwirte in Zukunft grundsätzlich die Solaranlage zu ihrem zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuordnen, was unter anderem steuer- und erbrechtliche Vereinfachungen mit sich bringt.
Genehmigungen vereinfachen
Auch die Beteiligung der Kommunen soll verbessert und unter anderem auf sonstige bauliche Anlagen, schwimmende Solaranlagen ausgeweitet werden. Perspektivisch sollen für schwimmende Anlagen auch die Restriktionen bezüglich des Abstands zum Ufer und zu Flächenbedeckung gelockert werden, damit hier mehr Projekte umgesetzt werden können. Ebenfalls perspektivisch plant das Wirtschaftsministerium auch die Vereinfachung von Baugenehmigungsverfahren. Es soll dann bundesweit einheitliche Genehmigungskriterien und Fristen für Genehmigungsverfahren für solare Freiflächenanlagen geben. Wenn entscheidende Aspekte schon im Bebauungsplan geklärt sind, kann dann sogar ganz auf ein zusätzliches Genehmigungsverfahren verzichtet werden.
Dachanlagen einfacher errichten
Es soll auch Verbesserungen für Dachanlagen geben. So plant das Wirtschaftsministerium die Grenze für die Direktvermarktungspflicht von 100 Kilowatt Leistung aufzuweisen. Wie das genau aussehen soll, steht noch nicht fest. Doch fest steht schon, dass Strafen für Betreiber mit geringer Überschusseinspeisung abgeschafft werden sollen, wenn diese die geringen Überschussmengen nicht direkt vermarkten.
Zudem sollen die Regelungen für die Anlagenzusammenfassung bei Dachanlagen weiter gelockert werden. Wenn Immobilieneigentümer zwei Anlagen auf einem Dach betreiben, müssen sie dann auch nicht mehr jährlich melden, welche Anlage voll einspeist und welche dem Eigenverbrauch dient. Geplant ist auch eine flexiblere Änderung der jeweiligen Leistung der beiden Anlagen. Grundsätzlich von jeglichen Melde-, Anmelde- und Anzeigepflichten sollen Anlagenbetreiber:innen befreit werden, die keine zu versteuernde Strommengen produzieren.
Große Module auch für Dächer zulassen
In Zukunft sollen auch Gebäude im Außenbereich für Dachvergütung zugelassen werden. Dazu plant das Bundeswirtschaftsministerium, dies auf Anlagen auf Gebäuden auszuweiten, die bis 1.3.2023 errichtet wurden. Diese gelten dann als Dach- und nicht als Freiflächenanlagen. Außerdem soll das Repowering von Dachanlagen zugelassen werden, was bisher nur in sehr engen Grenzen möglich ist.
Für das zweite Solarpaket plant das Wirtschaftsministerium noch, die Abstandsvorgaben in den Bauordnungen zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Dies ist vor allem für Besitzer von Reihenhäusern wichtig, wo immer noch uneinheitliche Regelungen für die Abstände zu Brandmauern gelten. Außerdem sollen dann auch Module für den Bau von Dachanlagen zugelassen werden, die größer als 2 Quadratmeter sind. Perspektivisch wird auch der Denkmalschutz bei der Energiewende mitspielen müssen. Denn die Bundesregierung plant eine länderübergreifende Vereinfachung der Regelungen im Denkmalschutz.
Vereinfachungen für den Mieterstrom
Ein wichtiges Kapitel widmet das Bundeswirtschaftsministerium dem Mieterstrom, der beim letzten Gesetzespaket zu kurz gekommen ist. In Zukunft soll es aber möglich sein, ein virtuelles Summenzählermodell umzusetzen, wenn intelligente Zähler für die einzelnen Wohnungen sowieso eingebaut werden. Die Messstellenbetreiber müssen auch an nicht bilanzierungrelevanten Unterzählpunkten Smart Meter anbringen. Damit kann ein teures physisches Summenzählermodell vermieden werden.
Nach österreichischem Vorbild soll auch das Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung eingeführt werden. Dann können alle Strommengen hinter dem Zählerpunkt unbürokratisch den einzelnen Nutzern zur Verfügung gestellt und über Smart Meter abgerechnet werden. Niemand muss mehr zum Energieversorger werden, wenn er eine Anlage auf einen Mehrfamilienhaus betreibt, wie das jetzt der Fall ist. Zudem sollen dann auch Nichtwohngebäude in der Nachbarschaft für Mieterstromversorgung genutzt werden können.
In Zukunft will das Bundeswirtschaftsministerium auch noch Regelungen entwerfen, wie der Strom von Wärmepumpen rechtssicher abgerechnet werden kann, wenn diese die Wärmeversorgung im Mehrfamilienhaus übernimmt.
Netzbetreiber in die Pflicht genommen
Auch die Netzbetreiber sollen stärker für die Energiewende in die Pflicht genommen werden. So soll die Frist für Zähleraustausch verkürzt werden, wie es bereits im Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende vorgesehen ist. Für kleiner Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung soll zudem ein vereinfachtes Verfahren für den Netzanschluss geben. Hier werden die Fristen, die der Netzbetreiber einhalten muss, noch einmal überarbeitet und verkürzt. Wenn der Netzbetreiber diese Frist nicht einhält, können Anlagen bis 30 Kilowatt einfach angeschlossen werden, allerdings unter Berücksichtigung der bestehenden Anschlussleistung. Übergangsweise soll das sogar für Anlagen bis 50 Kilowatt Leistung gelten. Zudem dürfen die Netzbetreiber nicht mehr vorgeben, mit welchen Produkten konkreter Hersteller die Strommengen gemessen und eingespeist oder die Anlagen gesteuert werden müssen. Sie müssen auch gleichwertige Produkte mit ähnlichen Funktionalitäten anderer Hersteller zulassen.
Zertifizierung erst ab 500 Kilowatt
Ein wichtiges Thema für Investoren in größere Anlagen ist die Zertifizierung. Bisher müssen Anlagen mit einer Leistung ab 135 Kilowatt zertifiziert werden, dass sie den Anschluss- und Betriebsbedingungen des jeweiligen Netzbetreibers entsprechen. Diese Untergrenze soll auf eine tatsächliche Einspeiseleistung von 270 Kilowatt und auf eine installierte Leistung von 500 Kilowatt angehoben werden. Außerdem will die Bundesregierung die Anmeldung von kleinen Anlagen im Marktstammdatenregister oder beim Netzbetreiber vereinfachen. Für große Solarparks ist der Plan relevant, ein Wegenutzungsrecht für Anschlussleitungen einführen.
Bürgerenergie stärken und Steuerrecht modernisieren
Im zweiten Schritt will die Bundesregierung noch die Hemmnisse für die Bürgerenergie abbauen. So sollen Nachweispflichten für Bürgerenergiegemeinschaften weiter vereinfacht werden, wobei gleichzeitig weiter sichergestellt werden muss, dass professionelle Projektierer sich nicht als Bürgerenergiegesellschaft tarnen. Das Bürgerenergieprogramm, das bisher nur für die Windenergie gilt, soll auch auf Photovoltaik ausgeweitet werden.
Mit Blick auf das Steuerrecht plant die Regierung, den Verlust der Gemeinnützigkeit von Körperschaften bei Stromerzeugung aus Photovoltaik grundsätzlich auszuschließen. Auch für Wohnungsgesellschaften, die ihre Steuervorteile riskieren, wenn sie Solarstrom liefern, soll die gewerbesteuerliche Infizierung der Vermietungseinkünfte verhindert werden.
Die gesamte Solarstrategie der Bundesregierung finden Sie auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums zum Download. (su)