Martin Maslaton
Corona schränkt auch in den Landesgerichten viele Prozeduren ein: Statt Urteilen gibt es dann so genannte Hinweisbeschlüsse – denn da ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich und die Richter entscheiden allein nach Aktenlage. Das mag für einzelne Verfahrensfragen eine sinnvolle Beschleunigung sein. Bei einem Verfahren, dessen Ergebnis zu einem zweijährigen Windkraftmoratorium führen kann, sollten die Gerichte aber nicht auf die mündliche Verhandlung verzichten.
Klage gegen Regionale Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim
In Brandenburg klagte eine Windkraftprojektiererin, die wir vertreten, gegen die Regionale Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim. In dem Normenkontrollverfahren deutet sich nun mit einem Hinweisbeschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburgs an, dass der betroffene Regionalplan in seiner Neufassung unwirksam ist. Grund dafür sind mehrere formelle und materielle Mängel des sachlichen Teilregionalplans „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“.
Regionalplan blockiert Energiewende
Man kann den Richtern nicht vorwerfen, sich zu oberflächlich damit beschäftigt zu haben: Der Hinweisbeschluss fasst über 50 (!) Seiten und moniert zu Recht: Der Regionalplan blockiert die Energiewende, statt diese durch positive Standortzuweisung zu leiten.
Die Unwirksamkeit des Teilplans ergibt sich dabei aus formellen und materiell-rechtlichen Fehlern im Abwägungsvorgang. Die fehlerhafte öffentliche Auslegung und Ausfertigung des Plans ist „beachtlich“ (gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 Raumordnungsgesetz 2008) und erfasst den gesamten Plan: Er ist damit in seiner Gesamtheit unwirksam.
In materieller Hinsicht hat das Gericht in seinem Hinweisbeschluss die kritisierten Fehler bei der Einordnung von harten und weichen Tabukriterien großteils anerkannt. Doch das Gericht zog daraus lediglich die Konsequenzen, dass die fehlerhaften Kriterien jetzt korrigiert werden müssen. Ob das im Ergebnis der Windenergie den geforderten „substanziellen Raum“ gibt, lässt sich bereits anzweifeln.
Region betreibt Negativplanung
Denn so bleibt das Gesamtbild düster: Die Planungsgemeinschaften ziehen alle Instrumente heran, um den Ausbau der Windenergie durch Negativplanung auszubremsen – bis zur Unwirksamkeit des ganzen Plans. Das steht dem planungsrechtlichen Grundsatz der positiven Standortzuweisung entgegen, also der Festlegung von Gebieten, in denen Windenergienutzung verwirklicht werden soll. Zu Recht weist das Gericht daher die Regionalplanung in ihre Grenzen.
Brandenburgisches „Windkraftmoratorium light“
Leider ist damit das Thema nicht beendet. Denn die voraussichtliche Entscheidung über die Unwirksamkeit einer Regionalplanung kann ein erster Schritt sein, um die Windenergie ganz auszubremsen: Wenn das Gericht den Regionalplan für unwirksam erklärt, muss er neu erstellt werden und damit tritt automatisch die „raumordnerische Veränderungssperre“ ein. Und das brandenburgische „Windkraftmoratorium light“ (gemäß §2 c Abs. 1 S 3 Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG)) sieht vor, dass mit der Erklärung der Nicht-Gültigkeit ein zweijähriges Moratorium für den Windkraft-Ausbau beginnt.
Diese zwei Jahre sind jedoch entscheidend für die Klimaziele und um negative Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Auch das Ziel der Brandenburger Landesregierung, bis 2030 im Land 10.500 Megawatt Windleistung zu installieren, wird so definitiv nicht erreicht.
Das Moratorium kann und sollte daher keine Lösung sein – es würde die Regionalplanung darin unterstützen, zu tun, was sie nicht darf: Windkraft mehr zu verhindern als ihr den nötigen Raum zu verschaffen. Gebraucht wird daher eine langfristige Lösung, nicht durch Gerichte, sondern durch die Politik. Der Anfang wäre wohl endlich das klare politische Bekenntnis zur Energiewende. Und zwar nicht nur in Talkshows, sondern auch im Gesetz.
Der Autor dieser Kolumne, Martin Maslaton, ist Rechtsanwalt und Professor für das Recht der Erneuerbaren Energien, Leipzig. Mehr Artikel von ihm finden Sie hier.
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