Martin Maslaton
Verwaltungsbeamte der Bundeswehr, Artenschützer und die Funktionäre der Flugsicherung sind heute die wirkungsmächtigsten Windkraftgegner in Deutschland. Letztere klagen, weil sie die Tauglichkeit ihres Radarsystems gefährdet sieht. Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen setzen auf Eidechsen, Fledermäuse und Waldschnepfen in vorderster Front, um die Windkraft zu bekämpfen. Und die Flugsicherung sorgt sich um die Navigation per Drehfunkfeuer.
2000 aktuell beklagten Anlagen
„Die Windkraftgegner … gewinnen an Schlagkraft“, konstatierte inzwischen sogar das ums Klima oder die Windbranche sonst weniger besorgte Handelsblatt. Die Rede ist laut BWE von gut 2000 aktuell beklagten Anlagen.
Dabei könnten viele Windkraft-Planer mit bloßen Verzögerungen noch irgendwie leben – auch wenn die niemand benötigt. Doch die inzwischen oft sechs bis acht Jahre langen Genehmigungs- und Gerichtsverfahren haben eine Folge, über die bisher zu wenig gesprochen wird. Nach so einer langen Zeit können oder wollen die Hersteller die Anlagen, auf die der Planer sich in der Genehmigung festgelegt hat, gar mehr liefern. Ein möglicher Grund kann darin liegen, dass sie ihre Produktion längst auf ein neues Modell umgestellt haben.
Katastrophale Konsequenz
Worauf Planer bei Einkaufsverträgen achten müssen
Die katastrophale Konsequenz für das konkrete Projekt: Bedingt durch die extremen zeitlichen Verzögerungen und bestimmte Ausschreibungsspezifika ist die (endlich!) erhaltene BImSch-Genehmigung im Ergebnis wertlos, da ein Typenwechsel regelmäßig zu einem neuen Verfahren führen würde.
Lieferpflicht von gleichen oder typengleichen Anlagen
Im Einzelnen betrifft das in den Verträgen insbesondere die Themen „Käuferform/Personenwechsel“, die „ Lieferpflicht von gleichen oder typengleichen Anlagen“, die individuelle Nebenbestimmungstauglichkeit, die Referenzerzeugungsgrad-Garantie und die „Verträglichkeit mit später hinzu tretenden technischen Anforderungen.“
Die Aussicht auf „ewige Genehmigungsverfahren“ machen es für die Planer dringend notwendig, ihre Einkaufsverträge nachzubessern. Auch wenn das bei den Herstellern nur bedingt angekommen ist und auch nur bedingt akzeptiert wird.
Existentielle Probleme
Was nicht verwundert, bestehen die Verträge doch nur zu oft aus zwei Seiten Inhaltsverzeichnis, bis zu hundert Seiten Vertragstext und Bedingungen, die in 20 Anlagen mit einem Text von mehreren hundert Seiten niedergelegt sind.
Dabei haben auch die Herstelle ein großes Eigeninteresse. Ihre teils existentiellen Probleme resultieren mit daraus, dass die enormen Genehmigungsdauern bisher in der Unternehmensplanung nicht berücksichtigt wurden.
Ein Hexenwerk sind solche zukunftssicheren Verträge nicht. In anderen Branchen mit langfristigen Vorplanungs- und Umsetzungszeiten wie der Flugzeugindustrie sind sie seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit.
Planer und Hersteller sollten eine Einigung finden. Wenn nicht, verlieren beide.
Der Autor dieses Textes, Dr. Martin Maslaton, ist Rechtsanwalt und Professor für das Recht der Erneuerbaren Energien, Leipzig.