Tilman Weber
Die vom polnischen Klimaschutzminister Michal Kurtyka schon in der vergangenen Woche angekündigten Maßnahmen sollen die bisherige nationale Energiestrategie auf den Kopf stellen. Ausgerechnet auf der digitalen Strategiekonferenz des Weltnuklearverbandes World Nuclear Association hatte Kurtyka erklärt, wie die bisherige nationale Energiepolitik der Ausbeutung heimischer Kohlevorräte und der Nutzung großer einheimischer Kohlekraftwerkskapazitäten enden soll: Sechs Kernkraftwerke mit einer Erzeugungskapazität von zusammen sieben bis fast elf Gigawatt (GW) sollen bis 2040 in Polen entstehen und den Betrieb aufnehmen. Das Land werde rund 150 Milliarden Zloty in den Aufbau dieser nuklearen Energieinfrastruktur stecken, was aktuell etwa 34 Milliarden Euro entspricht. Der neuen Polnischen Energiepolitik bis 2040 – ein mit dem Kürzel PEP40 bezeichnetes Programm – muss das Kabinett in Warschau noch abschließend zustimmen.
Die Wende hin zu einer klimafreundlichen Politik des Landes werde viele Sektoren betreffen, teilte Kurtyka mit. Aber die Energie werde eine besonders wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen. Die PEP40 werde so die Energiesicherheit des Landes, eine Rekonstruktion der Wirtschaft nach deren Einbruch infolge der Coronapandemie, einen stabilen Arbeitsmarkt, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und eine Stärkung der polnischen Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten. Unter anderem werde Polen so aber auch nicht zuletzt einen sehr starken Anstieg der Lebensqualität vorsehen.
Als zweite Säule der polnischen Wende hin zur Modernisierung eines weiterhin auf konventionelle Kraftwerke und Nutzung fossiler Rohstoffe setzenden Energiesystems soll auch ein Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlagen erfolgen. Dabei setzen die Polen gemäß dem Kurtyka-Plan vor allem auf Offshore-Windenergie. Hier wollen sie etwas weniger als in die Nukleartechnologie, nämlich 130 Milliarden Zloty investieren – beziehungsweise rund 29 Milliarden Euro. Die Rede ist hier von knapp 10 bis zu 11 GW. Bis 2027 will Polen nach schon bisherigen Planungen eine Offshore-Windkraftkapazität von rund 10 GW ausgeschrieben haben. Sie sollen in den Folgejahren der geplanten Tender in der Ostsee entstehen, wobei diese Ausschreibungen vor 2025, 2025 und 2027 erfolgen sollten.
Den ersten Atomreaktor solle das Land 2033 in Betrieb nehmen, kündigte Kurtyka an. Zugleich wird das Land gemäß diesem Plan schrittweise aus der Kohlekraft aussteigen. Die Stilllegungen dieser Kapazitäten lassen demnach den Anteil der Kohleverstromung von zuletzt 74 Prozent auf maximal noch 56 und bestenfalls nur noch 37 Prozent bereits im Jahr 2030 sinken. 2040 würde dann die Kohleverstromung nur noch höchstens 28 Prozent und wenn es sehr gut läuft sogar nur noch 11 Prozent der Stromversorgung ausmachen.