Katharina Wolf
Es ist noch nicht lange her, da sorgte eine Studie des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt für Aufregung: Milliarden Insekten, so hieß es, stürben täglich an Windenergieanlagen, bis zu 1.200 Tonnen jährlich. Und prompt wanderte der Schwarze Peter für das massive Insektensterben von der industriellen Landwirtschaft zur Windenergiebranche.
Die DLR-Studie, die den Aufruhr aufgelöst hatte, war indes nur eine Modellrechnung, die auf theoretischen Annahmen beruhte. Der Autor selbst regte weitere Untersuchungen in der Praxis an. Ebenso protestierte die Windbranche. Es gebe keine Tonnen toter Insekten an Rotorblättern.
CDU-Politiker sieht "klare Hinweise" auf Zusammenhang
Doch ein solcher Vorwurf, einmal in der Welt, ist schwer loszuwerden. In der jüngsten Sitzung des Petitionsausschusses des Bundestages, in der eine Eingabe zum Insektensterben behandelt wurde, brachte Michael Stübgen, Parlamentarisches Staatsekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium und Mitglied der CDU, das Argument zur Verteidigung der Landwirte an. Denn ihre Verwendung von Neonicotinoiden und die Verschleppung neue Bienenleitlinien waren der eigentliche Inhalt der Petition. Es gebe aber klare Hinweise, dass Windräder einen Einfluss auf das Insekten- und Bienensterben hätten, auch wenn das wissenschaftlich noch nicht zu Ende geprüft sei, sagte Stübgen laut Informationsdienst des Deutschen Bundestages.
SPD: Pflanzenschutzmittel sind Hauptursache für Insektensterben
Mit dieser Meinung stand er indes recht allein da. Auch der Koalitionspartner von der SPD, in diesem Fall Florian Pronold (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, war anderer Ansicht. Mit Blick auf Stübgens Verweis auf Windräder, sagte Pronold, es gebe unseriöse Studien, mit denen eine solche Beziehung hergestellt werden solle. „Wir müssen aufpassen, dass wir da nicht in eine Leugnungsdebatte kommen.“ Pflanzenschutzmittel seien die Hauptursache für das Insektenserben, auch wenn es Hinweise auf andere Ursachen gebe.
Debatte erinnert an Vogeldiskussion
Zum Beispiel Vögel: Laut Nabu werden in deutschen Wäldern 400.000 Tonnen Insekten jährlich von Vögeln gefressen . Die Gefahr durch Windräder sei daher zu vernachlässigen. Und auch das Bundesamt für Naturschutz listet weitere Ursache für das Insektensterben auf, von Verdriftung auf große Wasserflächen bis zu Mortalität an „anthropogenen Strukturen wie im Straßen- und Schienenverkehr“.
Es erinnert an die Diskussion um erschlagene Vögel in Windparks. Allerdings gilt auch hier: Es verenden Tiere an Rotorblättern, aber weit weniger als in anderen von Menschen geschaffenen Maschinen oder Bauwerken: Laut Bundesverband Windenergie sterben pro Jahr rund 115 Millionen Vögel an Glasscheiben und 70 Millionen durch den Verkehr. 2,8 Millionen Tiere verenden an Stromleitungen. An Windenergieanlagen sterben pro Jahr 100.000 Tiere.