Seit vielen Jahren verhindern das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) zahlreiche Windenergieprojekte. Grund dafür sollen erhebliche Störungen der häufig von der DFS betriebenen Funknavigationsanlagen durch Windenergieanlagen in der Nähe sein.
Über die luftverkehrsrechtliche Vorschrift § 18a LuftVG, die Flugsicherungseinrichtungen vor potenziellen Störungen schützen soll, sahen sich daher Windenergieprojekte im Umkreis von 15 km von Funknavigationsanlagen (von denen es in Deutschland ca. 60 gibt) in den vergangenen Jahren massiven Genehmigungshindernissen ausgesetzt, um nicht zu sagen „faktischen Verbotszonen“ gegenüber. Dabei zeichnete sich die bundesdeutsche Praxis gegenüber dem europäischen und transatlantischen Ausland sogar noch als besonders restriktiv aus.
Kritik an den Störprognosen der Deutschen Flugsicherung
Obgleich sowohl die Windbranche als auch die zugezogenen Sachverständigen seit jeher massive Kritik an den Störprognosen der DFS (und dem aufsichtsführenden BAF) aufgrund der Ungenauigkeiten der Prognosemethode und auch wegen der deutlichen Unterschiede zur internationalen Praxis äußerten, waren Klagen auf Erteilung der begehrten Genehmigung gegen den Widerstand von BAF und DSF jahrelang von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn der Grund für die Ablehnung im vermeintlichen Störpotenzial für Funknavigationsanlagen begründet war. Denn die Prognose der DFS war bei allen Vorbehalten auch der Gerichte gegenüber der Methode der DFS als gleichsam „alternativlos“ angesehen worden – besser wusste es eben keiner. Dies veranlasste letztlich das Bundesverwaltungsgericht dazu, dem BAF zu bescheinigen, dass – solange sich kein neuer Stand der Wissenschaft ergeben habe – ihm bei der Frage, ob Windenergieanlagen Funknavigationsanlagen stören können, eine sog „Einschätzungsprärogative“ zukomme, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei und vorläufig auch über gewisse Unsicherheiten über die konkreten physikalisch-technischen Wirkzusammenhänge hinweghelfe.
Tatsächliches Störpotenzial von Windenergieanlagen
Diese äußerst unbefriedigende Situation rief natürlich nach großangelegten Untersuchungen zum tatsächlichen Störpotenzial von Windenergieanlagen, wie sie schlussendlich auch durch die Physika-lisch-Technische Bundesanstalt im Rahmen der bundesgeförderten Projekte WEARN und WERANplus durchgeführt wurden.
Ziel dieser Projekte war es u.a. erstmals einen wissenschaftlich nachvollziehbaren Weg der konkreten und korrekten Ermittlung von Störbeiträgen von Windenergieanlagen an Funknavigationsanlagen zu finden und ein handhabbares Prognoseinstrument hierfür zu entwickeln.
Störpotenzial um ein Vielfaches überschätzt
Im Rahmen der bereits im November vergangenen Jahres vorgestellten Ergebnisse des Forschungsprojektes konnte eindeutig festgestellt werden, dass jedenfalls für die sog. Doppler-Funknavigationsanlagen (DVOR) die bisherigen Störprognosen der DFS das tatsächliche Störpotenzial um ein Vielfaches überschätzten. Anders gesagt, die jahrelang verhinderten Windenergieprojekte dürften häufig einen unnötigen genehmigungsrechtlichen Tod gestorben sein.
Dass dies keine Übertreibung ist, zeigen die jüngsten Ereignisse: Nachdem sich BAF und DFS mit den Erkenntnissen der WERAN-Ergebnissen auseinandergesetzt haben, kommt es nun nicht nur zu ersten Anpassungen der Prognosemethode, sondern auch zu flächendeckenden Neubewertungen noch nicht abgeschlossener Genehmigungs- bzw. Klageverfahren für Windenergieprojekte.
In einigen Fällen, in denen bislang keine einzige Anlage zugelassen wurde, bekamen so nach jahre-langer Blockade ganze Projekt nunmehr eine positive Entscheidung des BAF.
Die bislang massive 15-km Mauer um DVOR-Anlagen bröckelt und jeder sollte das eigene Portfolio kritisch prüfen, ob nicht noch Projekte existieren (oder neu gedacht werden können), die seinerzeit an einer Funknavigationsanlage scheiterten und nunmehr doch noch Aussichten auf Erfolg haben können.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Peter Sittig-Behm, Prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Leipzig
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