Nicole Weinhold
Deutschland verfehlt seine selbst gesteckten Klimaschutzziele 2020. Wie geht es weiter mit dem ehemaligen Klimavorreiter? HTW-Professor Volker Quaschning erwartet ein Klimaschutzgesetz mit Substanz und Maßnahmen für das Erreichen der künftigen Ziele.
Auf die Einführung welches Gesetzes in 2019 hoffen Sie?
Volker Quaschning: Es soll ja ein Klimaschutzgesetz geben. Ich hoffe, dass es dann ein entsprechendes Gesetz geben wird, das nicht nur den Namen trägt, sondern auch wirklich Klimaschutz verspricht. Das heißt es muss einen schlüssigen Plan geben, wie wir bis 2040 klimaneutral werden und ein Konzept, wie der Plan umgesetzt wird. Wir haben bisher rund 30 Prozent an Treibhausgasen eingespart. 70 Prozent fehlen noch. Geteilt durch 20 Jahre – das sind drei bis vier Prozent CO2-Einsparung pro Jahr! Momentan sind wir bei einem halben bis einem Prozent im Durchschnitt. Wenn die Regierung jetzt einfach ein Ziel beschließt, vervierfacht sich der Rückgang damit nicht automatisch, sondern man braucht auch Maßnahmen dazu. Und die müssen mittlerweile recht radikal sein. Das Tempo der Energiewende muss vervierfacht werden. Das müsste man jedes Jahr überprüfen. Und wenn man die vier Prozent nicht schafft, muss man sie im nächsten Jahr nachholen. Das sind dann schon acht Prozent. Genauso muss man Maßnahmen formulieren. Und wenn die nicht greifen, muss man jedes Jahr eine Schippe drauflegen.
Wie soll es möglich sein, das zu schaffen?
Volker Quaschning: Wir brauchen natürlich 100 Prozent Erneuerbare, wenn wir CO2-neutral werden wollen. Das heißt, wir müssen entsprechend viel zubauen. Mit den Zubaukorridoren, die jetzt im EEG stehen, ist Klimaschutz rein rechnerisch gar nicht möglich. Es ist nicht einmal möglich, dass wir 50 Prozent abdecken.
Wie viel müssten wir machen?
Volker Quaschning: Für 2019 hat die Bundesregierung 2,9 Gigawatt Photovoltaik vorgesehen und ein ähnliches Ausbauziel für Wind. Wir gehen davon aus, dass wir beim Wind 6,5 Gigawatt brauchen und bei der Photovoltaik 15 Gigawatt pro Jahr.
15 Gigawatt Photovoltaik hatten wir in den besten Ausbauzeiten nicht geschafft. Wie muss man sich das vorstellen?
Volker Quaschning: Zu den Topzeiten hatten wir aber sieben bis acht Gigawatt pro Jahr aufgebaut. Es gab aber durchaus einen Monat, in dem wir schon mal drei Gigawatt errichtet haben. Das geht durchaus. Es ist eher ein Problem, dass das dann einigermaßen geordnet abläuft und das Personal dafür zu finden. Module bekommt man mittlerweile genug.
Aus China.
Volker Quaschning: Genau. Aber, wenn wir wirklich so viel bauen, gibt es auch wieder den einen oder anderen Hersteller, der wieder in Deutschland anfängt zu produzieren.
Wird es dann doch noch was mit einer europäischen Gigawatt-Fabrik?
Volker Quaschning: Nein. Gigawatts sind ja auch mittlerweile Peanuts. Die größten chinesischen Hersteller produzieren mittlerweile deutlich mehr. Deswegen bräuchte man jetzt eher eine Zehn-Gigawatt-Fabrik, um konkurrenzfähig zu sein. Wer soll da bei der aktuellen europäischen Politik investieren? Das Thema ist durch. Was irgendwann kommen wird, ist, dass hier Module in kleinem Maßstab gefertigt werden. Eventuell sogar durch asiatische Unternehmen. Die Transportkosten spielen zunehmend eine Rolle. Mittlerweile gehen rund zehn Prozent der Kosten in den Transport. Die Zellen lassen sich aber leichter transportieren und die wird man auch weiter importieren. Das ist eher ein Baugefühl, aber warum sollte das deutsche Rumeiern zum Erfolg werden, wenn die Chinesen jetzt schon einen großen Vorsprung haben – mit Modulpreise bei den Low-Cost-Modulen von unter 30 Cent pro Watt.
Kommen die Chinesen dann her zum Produzieren?
Volker Quaschning: Das hatten wir bereits mit Astropower in Frankfurt/Oder. Da die Importzölle gefallen sind, werden sie aber jetzt auch weitgehend abgewickelt. Die Chinesen wollten Made-in-Germany nutzen, um die Zölle zu umgehen. Jetzt gibt es die nicht mehr und es scheint wirtschaftlich sinnvoller zu sein, Ware aus China hierher zu liefern. Das kann sich aber in den nächsten zehn Jahren umdrehen, wenn die Modulpreise weiter fallen und die Transportkosten durch steigende Ölpreise ansteigen.
Vielleicht gibt es ja irgendwann einen CO2-Preis, der den Transport teurer macht.
Volker Quaschning: Vielleicht. Aber das Öl wird auch zunehmend knapp werden. Die IEA sagt, in den nächsten zehn Jahren muss man abwarten, ob wir noch den Bedarf decken können. Allein dadurch könnten die Preise ansteigen. Nicht im nächsten Jahr, aber in den nächsten fünf bis zehn Jahren.
Aktuelle Infos zu Klima und Energiewende finden Sie auf der Website von Volker Quaschning.