Die Weltwindenergieorganisation WWEA hat einen Ausbau der weltweit installierten Windstrom-Erzeugungskapazitäten bis zur Jahresmitte binnen zwölf Monaten um 13,0 Prozent ermittelt. Dies habe eine Umfrage unter WWEA-Mitgliedsverbänden ergeben, teilt die World Wind Energy Association (WWEA) in Bonn nun, Mitte November, mit. Dasselbe gilt offenbar auch für das noch nicht beendete Kalenderjahr: Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2022 lasse eine zugleich erfolgte Abfrage der den Verbänden bekannten Investorenplanungen und begonnenen Windparkerrichtungen eine Zunahme der weltweiten Windkraft-Erzeugungskapazität um den Rekordwert von 110 Gigawatt (GW) erwarten. Dies würde die noch Ende 2021 weltweit betriebene Nennleistung von 845,3 GW um 13,1 Prozent auf 955,8 GW ausweiten. Noch im Kalenderjahr 2021 war die weltweite Erzeugungskapazität um 100 GW angewachsen und 2020 um rund 95 GW.
Insgesamt stünden so am Jahresende für die Windstromerzeugung inzwischen Anlagen mit 955 GW zur Verfügung, prognostizierte WWEA. Und schon Mitte 2023 werde die Welt ein Windkraftniveau von einem Terawatt übertreffen.
Zu verdanken ist das Wachstum zum größten Teil wie in den vergangenen Jahren dem führenden Windenergieland China. Dem asiatischen Land wird gemäß den ermittelten Erwartungen mit rund 60 GW deutlich mehr als die Hälfte des weltweiten Zuwachses zuzurechnen sein. Das war auch im Vorjahr schon so, als China 56 GW neu in Betrieb nahm. China emittiert insbesondere durch einen weiterhin zunehmenden Bestand an Kohlekraftwerken weltweit am meisten Kohlendioxid (CO2) – der für den Treibhauseffekt wesentlich verantwortliche Klimaschadstoff. Zur Bekämpfung der Klimafolgeschäden und schlechten Luftqualität treibt das Land den Ausbau der emissionsfreien Windkraft und Photovoltaik stark voran. Zum Jahreswechsel werden die Windturbinen des Landes womöglich mit aufgerundet 407 GW einspeisen. Das entspricht rund 45 Prozent der weltweit installierten Leistung.
Den zweitgrößten Anteil am jährlichen Zubau an Windenergienennleistung werden die USA haben – wie schon seit Jahren. Mit einem zu erwartenden Zuwachs an installierter Leistung um 10 GW auf 146 GW tragen die Vereinigten Staaten allerdings 2022 wohl nicht zur globalen Beschleunigung des Ausbautempos bei, nachdem das Land 2021 ein Plus der installierten Nennleistung um 13 GW verzeichnen konnte. Mit 4,6 und 4,5 GW taxiert WWEA dahinter Brasilien und direkt danach das erstmals seit rund 15 Jahren wieder zu den führenden Windenergieausbauländern gehörende Spanien. Beide Länder kehren nach Schwächejahren wieder zu einer kräftigen Entwicklung zurück und stellen neue nationale Rekorde auf. Der bisherige Zubaurekord Spaniens von 3,5 GW stammt schon aus 2007.
Selbst Deutschland könnte 2022 gemäß den WWEA-Erwartungen mit rund 3 GW wieder einen herausstechenden Beitrag leisten – dank einer zum Jahresende starken Beschleunigung der bundesweiten Installationstätigkeiten. Schweden macht sich in der WWEA-Statistik mit 2,5 GW Kapazitätszunahme knapp oberhalb der eigenen nationalen Jahresbestmarke von 2021 bemerkbar. Beide, Deutschland und Schweden, legen so beim Wachstum zu. Deutschland würde den Nettozubau im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln. Allerdings bleibt wohl unklar, inwieweit WWEA den Abbau alter Windturbinen hier ausreichend gegenrechnen konnte. In Deutschland machen sich auch die wieder beginnenden Inbetriebnahmen neuer Offshore-Windenergieanlagen bemerkbar. Windpark-Installationen im Meer hatten hierzulande im Jahr 2020 kaum noch und 2021 gar nicht mehr stattgefunden. Dies war die Folge einer radikalen und schnellen Umgestaltung des Wettbewerbsrahmens hin zu Ausschreibungen – erst in diesem Jahr kommen die ersten Windturbinen aus dem neuen Ausschreibungssystem ans Netz.
Für die ebenso zu den stärkeren europäischen Windenergienationen gehörenden Länder Großbritannien und Frankreich hat WWEA allerdings keine Prognose-Zahlen ermitteln können. Der Halbjahreszuwachs an Erzeugungsleistung war mit 1.952 Megawatt (MW) im Vereinigten Königreich sowie 952 MW in Frankreich bereits vielversprechend. Auch in diesen beiden Ländern werden die Offshore-Installationen für 2022 eine wichtige Rolle gespielt haben. Die ebenfalls zu den Ländern mit den größten Marktpotenzialen zählenden Nationen Indien und Kanada werden mit 1,8 und 1,7 GW Kapazitätszuwachs ihre schwache Vorjahresbilanz wenigstens leicht übertreffen – nämlich um zwischen 0,6 und 0,7 GW.
Im Ranking nach insgesamt installierter Erzeugungskapazität dürfte das aktuelle Jahr keine Verschiebungen unter den führenden Windenergieländern bewirkt haben. So bleiben Deutschland mit am Jahresende voraussichtlich 67 GW, Indien mit dann 41,6 GW und Spanien mit 33,1 GW jeweils unangefochten auf den Rängen drei bis fünf. Dahinter werden fast ebenso sicher Großbritannien, Brasilien und Frankreich die Positionen sechs, sieben und acht mit kumulierten Leistungen zwischen 30 und 20 GW beibehalten haben, insofern die Prognosedaten von WWEA nicht unerwartet stark von der Wirklichkeit abweichen. Auf den Rängen neun bis elf zeichnet sich hingegen der Aufstieg Schwedens ab. So befanden sich die Skandinavier noch Ende 2020 erst auf Rang elf. 2021 kletterte Schweden auf Rang zehn. Und gemäß WWEA-Prognose wird das Königreich bis Dezember 14,5 GW installierte Windkraftkapazität erreichen. Das wäre nur noch knapp hinter Kanada, wo voraussichtlich zum Jahreswechsel 16 GW Windkraft zur Verfügung stehen. Italien fällt dagegen weiter ab und würde nach einem von WWEA erwarteten Mini-Zubau Ende 2022 bei 11,6 GW vorerst den Anschluss verlieren.