Derzeit beschäftigen die Entwürfe für die neuen Raumordnungspläne zum Thema Windenergie die Schleswig-Holsteiner. Ende Dezember wurde das Beteiligungsverfahren bekannt gemacht. Rechtsanwalt Jürgen Punke, Partner bei der Kanzlei Take Maracke aus Kiel, stellte den Stand der Regionalplanung für Windenergie in Schleswig-Holstein vor. Diese war durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Schleswig vor zwei Jahren gekippt worden. Daraufhin hatte die Landesregierung eine Ausbausperre durch ein neues Landesplanungsgesetz verhängt. Nur unter bestimmten Ausnahmetatbeständen dürfen neue Anlagen errichtet werden.
Parallel hatte die Landesregierung mit der Aufstellung neuer Pläne begonnen. In den Planentwürfen sind 354 Vorranggebiete für die Windenergienutzung vorgesehen. Sie umfassen rund 1,98 Prozent der Landesfläche (mehr als 31.000 Hektar). Innerhalb der Gebiete wäre die Windenergienutzung möglich. Etwa ein Viertel der Fläche ist neu. Von derzeit rund 3.100 Windrädern sind 1.300 außerhalb der künftigen Zonen. Betreibern alter Anlagen sollen auf Wunsch von der Regierung Gebiete für neue Anlagen bekommen. Errichten sie dort ein neues Windrad, müssen sie dafür zwei alte Anlagen abbauen.
Die Planentwürfe stehen in einem Online-Beteiligungstool bis 30. Juni 2017 zur Verfügung. Bis dahin sind auch Stellungnahmen möglich. Danach will die Regierung die Einwände auswerten und im Herbst 2017 einen zweiten Entwurf vorlegen. Läuft alles glatt, sollen die Pläne im Sommer 2018 greifen. Rechtsanwalt Punke lobte die Landesregierung für ein transparentes Verfahren. Er verwies auf die Negativberichterstattung in den Medien. Über 90 Prozent der Berichte seien gegen Windkraft. „Hier müssen wir auch als Branche ein Gegengewicht schaffen.“
„Die erneuerbaren Energien sind erwachsen geworden und müssen sich jetzt auch so benehmen“, sagte Hanne May von der Kommunikations-Agentur Edelman Ergo aus Berlin. Sie verwies auf den hohen Anteil der erneuerbaren Energien im weltweiten Vergleich. So sind derzeit beinahe 500 Gigawatt Windenergie und 300 Gigawatt Photovoltaik installiert. „Im Jahr 2016 wurde in vielen Ländern wieder mehr Geld in erneuerbare Energien investiert als in alle anderen Erzeugungsarten“, so May. In Deutschland liegt der Anteil bei über 30 Prozent an der Stromerzeugung. „Wenn wir die anderen 70 Prozent auch erreichen wollen, dann müssen wir jetzt die Bürger mitnehmen, sonst funktioniert die Energiewende nicht“, zeigte sich May überzeugt und ergänzte: „In Schleswig-Holstein haben Sie gute Voraussetzungen, weil Sie viele kleine, inhabergeführte Firmen haben. Sie kennen die Sorgen der Bürger, Kunden und Kommunen viel besser als größere Akteure und haben auch eine höhere Glaubwürdigkeit.“
Der Vorstand des Windcomm Schleswig-Holstein bekräftigte die wirtschaftliche Bedeutung der Windenergie für das Land. „Mittlerweile haben wir 12.000 Arbeitsplätze in der Windbranche. Damit zählt sie zu den wichtigsten Arbeitgebern in Schleswig-Holstein“, erläuterte Asmus Thomsen, Vorstandsvorsitzender des Vereins. „Bedeutend ist auch die Wertschöpfung, die durch Erneuerbare-Energie-Anlagen in die Gemeinden gebracht wird, zum Beispiel durch Gewerbesteuern, Standortmieten und regionale Aufträge.“ Sein Vorstandskollege Volker Köhne ergänzte: „Ohne einen hohen Anteil an Windenergie schaffen wir die Klimaschutzziele auch in Deutschland nicht. Dass nicht jedem Bürger ein Windpark gefällt, ist nachvollziehbar. Aber eine Alternative zum Ausbau erneuerbarer Energien gibt es nun mal nicht.“ (Nicole Weinhold)