Sind die Anpassungen an die Onshore-Ausschreibungen, die Ende vergangener Woche von der Politik beschlossen wurden, ausreichend?
Ich glaube, man sollte die Privilegien im Bürgerenergiebereich komplett beenden. Es hat sich auch in der Vergangenheit gezeigt, dass die Bürger die Gelegenheit hatten, sich praktisch bei vielen Projekten zu beteiligen. Was wir in der ersten Ausschreibungsrunde gesehen haben, ist im gesetzlichen Rahmen passiert. Aber es ist natürlich nicht das, was eigentlich gewollt war. Dass BImschG-Genehmigungen für die ersten Ausschreibungen im Jahr 2018 erforderlich sind, ist der richtige Weg. Konsequenterweise müsste man sagen: Eine Privilegierung ist nicht notwendig. Die Bürger, die Interesse haben, haben auch eine Möglichkeit sich zu beteiligen. Man sollte besser darüber nachdenken, eine gesetzliche Regelung wie in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen. Das wäre dann wenigstens bundesweit einheitlich. Und nicht so ein Sonderweg, der zu Benachteiligungen für Akteure in Mecklenburg-Vorpommern führt.
Sie meinen die dortige Festlegung, dass Bürger sich an mindestens 20 Prozent jedes neuen Windparkprojekts beteiligen können. Viele Planer haben gegen die Regelung angekämpft…
Ich sehe das Gesetz dann kritisch, wenn es nur auf Mecklenburg-Vorpommern bezogen ist. Denn dann bekommen wir ein Ungleichgewicht rein. Wenn es bundeseinheitlich gelebt wird, ist es für mich in Ordnung. Wobei ich sicher nicht die klassische Projektierer-Sichtweise annehme. Meine Gesellschafter sind Stadtwerke, unser Unternehmen ist kommunal verankert, also quasi in Bürgerhand. Von daher ist es für mich eine größere Selbstverständlichkeit, dass Bürger Teil der Energiewende vor Ort sein sollen.
Nochmal einen Schritt zurück: Also Sie wären dafür, dass der Punkt Übernahme des höchsten Zuschlagspreises durch Bürgerenergiegesellschaften wegfällt?
Dieser Punkt hat nicht mehr so eine riesige Auswirkung. Der maßgebliche wirtschaftliche Vorteil für Bürgerenergiegesellschaften liegt darin, dass sie ohne BImschG-Genehmigung mit einer Anlage in die Auktion gehen können, die erst in zwei Jahren marktreif ist, aber jetzt schon von den Herstellern angeboten wird. Dadurch entsteht ein wirtschaftliches Ungleichgewicht in den Auktionen. Dass dann zusätzlich der höchste Preis zugeschlagen wird, das verstärkt diesen Effekt nochmal.
Wäre es denn überhaupt Anlass zur Freude, wenn man bei diesem Preis einen Zuschlag bekommt?
Diejenigen, die einen Zuschlag bekommen haben, müssen ziemlich an die Grenze der Wirtschaftlichkeit gegangen sein. Gleichzeitig werden wir bei künftigen Ausschreibungen einen Mechanismus haben, dass der durchschnittliche Höchstwert der letzten Ausschreibungen plus kleinem Aufschlag die Obergrenze der nächsten Ausschreibung bildet. Wir befinden uns also schon in einer Rallye um den besten Preis, der es sehr schwer machen wird, künftig wieder höhere Preise zu bekommen. Ich erwarte, dass wir in den nächsten Runden deutlich niedrigere Preise sehen.
Meinen Sie, Sie könnten einen Hersteller finden, der entsprechend günstige Preise anbieten würde?
Das ist schwierig, ich bin durch die BImschG-Genehmigung auf meine Anlagen festgelegt. Ich denke, mancher Hersteller wird seine Kalkulation nochmal durchgehen und den Planern entgegenkommen. Die Ergebnisse der ersten Ausschreibung sind für den einen oder anderen Hersteller ein echter Schlag ins Kontor. Was die Auslastungsplanung für 2018 und 2019 anbelangt, werden die Hersteller sehen müssen, dass sie attraktive Angebote machen. Angebote, die die Projektierer so stellen, dass sie eine Chance haben Preise anzubieten, die einen Zuschlag bekommen.
Kommen wir nochmal zum Thema Akteursvielfalt: Auch THEE hat ja Anfang Juni einen Projektierer übernommen. Das klingt nach Konsolidierung.
Für mich gab es zwei wesentliche Aspekte für den Kauf: Bisher haben wir vor allem auf anentwickelten Projekten aufgesetzt. Jetzt haben wir uns bei der Flächensicherung verstärkt. Nun können wir die ganze Wertschöpfungskette von der Planung über Bau bis zum Betrieb im eigenen Haus darstellen. Die Projektpipeline von Wiebe für die nächsten fünf Jahre ergänzt unsere vorhandenen Projekte sehr gut. Das hat auch gut gepasst.
Das Interview führte Nicole Weinhold