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Photovoltaikproduktionsmittel

Finanzprobleme bei Centrotherm

Noch während der diesjährigen Intersolar in München, die gestern zu Ende ging, reißen die Hiobsbotschaften in der Photovoltaikbranche nicht ab. Neben dem Dresdner Modulproduzenten und Systemanbieters Solarwatt, der vor wenigen Tagen die Sanierung in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Dresden beantragte, hat es jetzt auch den ersten Zulieferer von Photovoltaikproduktionsmitteln erwischt. Ausgerechnet Branchenprimus Centrotherm bekommt Finanzierungsprobleme, wie das Unternehmen in Blaubeuren mit insgesamt 1.750 Beschäftigten mitteilt. Als Grund nennt das Unternehmen, dass die Warenlieferungen der Schwaben nicht weiter versichert werden. Wegen der angespannten Marktlage entziehen die Warenversicherer Centrotherm das Vertrauen. Beim Equipmentlieferanten aus Blaubeuren erwartet man als Konsequenz der Entscheidung der Versicherer „einen negativen Liquiditätseffekt in einem niedrigen zweistelligen Euro-Millionenbereich“, wie Centrotherm mitteilt. „Vor dem Hintergrund der laufenden Finanzierungsgespräche mit den Banken können offene Kredit- und Avallinien bis auf Weiteres nicht mehr genutzt werden.“

Sanierungsgutachten wird erstellt

Jetzt geht es bei den Schwaben vor allem darum, ein Sanierungskonzept zu erstellen. Dazu beauftragte Centrotherm schon mal begonnen, in Abstimmung mit den Banken ein entsprechendes Gutachten zu erstellen. Das soll dann die Grundlage für die weiteren Bankengespräche sein, um die Finanzierung des Konzerns wieder sicherzustellen. Immerhin ist der Maschinenbauer für die Solarbranche in den ersten drei Monaten dieses Jahres mit einem Nettoverlust von 30,6 Millionen Euro tief in die roten Zahlen gerutscht. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres standen noch 12,2 Millionen Euro Verdienst in den Büchern. Doch schon in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 ging es für Centrotherm ins Minus. Auch der Umsatz ging trotz gestiegenen Auftragsvolumens im ersten Quartal auf 82,5 Millionen Euro zurück. In den ersten drei Monaten des Jahres 2011 setzten die Schwaben immerhin noch Waren im Wert von 189,3 Millionen Euro um. „Wir sehen uns weiter mit heftigen Marktturbulenzen konfrontiert, so dass wir im ersten Quartal marktbedingte Effekte in Höhe von 21,5 Millionen Euro sowie 6,6 Millionen Euro aufgrund der vorgenommenen strategischen Veränderungen im Dünnschichtbereich in unserer Bilanz berücksichtigen mussten“, erklärt Thomas Riegler, Finanzvorstand von Centrotherm, den schlechten Start ins Jahr 2012.

Die Hoffnung liegt in Algerien

Das hat die Banken aber offensichtlich nicht überzeugt. Schließlich kriselt es schon seit geraumer Zeit in der Solarstrombranche. Während sich bisher aber vor allem Modulhersteller in die Schlange der Insolvenzkandidaten bei den Amtsgerichten einreihten, kamen die Equipmentlieferanten noch mit einem blauen Auge davon. Trotzdem erwartete man auch bei den Maschinenbauern einen Rückgang des Marktes. Die Branche ist zwar nur mittelbar von der Krise in der Photovoltaikindustrie betroffen, aber nicht minder heftig. Den Zulieferern fallen die guten Geschäfte der letzten Jahre auf die Füße. Schließlich sind es die aufgebauten Überkapazitäten bei der Produktion von Solarzellen und Modulen, die ihnen zu schaffen macht. Die Hauptabnehmer der Zuliefererbranche sitzen in Asien. „Die Exportquote der deutschen Hersteller für das Equipment zur Herstellung von Photovoltaikkomponenten liegt typischerweise deutlich über 80 Prozent“, erklärt Florian Wessendorf, Projektleiter in der Sparte Photovoltaik-Produktionsmittel beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) in Frankfurt am Main. „Im letzten Jahr waren es 87 Prozent. Der Hauptabsatzmarkt ist der asiatische Raum mit einem Umsatzanteil von insgesamt 75 Prozent.“ Centrotherm setzt aber derzeit vor allem auf den Mittelmeerraum. Die Hoffnung ruht auf dem Bau einer Solarmodulfabrik in Algerien, die immerhin 227,1 Millionen Euro Umsatz bringt.

Schlechte Marktlage in diesem Jahr

In diesem Jahr ist die Stimmung in der Branche weniger hoffnungsvoll als in den letzten Jahren. So hat sich die der VDMA in Frankfurt am Main schon im April einen Überblick verschafft, wie sich die Situation bei den etwa 100 Maschinenbauern mit mehr als 12.000 Mitarbeitern entwickeln wird, die in der Photovoltaikbranche unterwegs sind. Die Erkenntnisse sind ernüchternd. Insgesamt erwarten 83 Prozent der Photovoltaikzulieferer für 2012 eine Verschlechterung der Auftragslage. Sie gehen von einem Umsatzrückgang von 21,5 Prozent für dieses Jahr aus. Aufgrund dieser schlechten Marktlage geben 58 Prozent der Unternehmen an, ihre Belegschaft im Laufe des Jahres zumindest teilweise in Kurzarbeit schicken zu müssen. Mehr als 62 Prozent müssen einen Teil ihrer Mitarbeiter entlassen.

Gelassener Blick in die Zukunft

Doch sieht man beim VDMA gelassen in die Zukunft. „Wir gehen davon aus, dass es mittelfristig wieder bergauf geht“, sagt Florian Wessendorf. „Schließlich müssen die Hersteller von Photovoltaikkomponenten hochwertige und qualitativ gute Produkte anbieten. Deshalb ist man auch darauf angewiesen, auf hochwertigen Maschinen zu produzieren.“ Außerdem wird es den Equipmentlieferanten helfen, dass sie international agieren und weniger vom gegenwärtig unsicheren deutschen Markt abhängig sind. (Sven Ullrich)