1. Corona gefährdet die Lieferketten
Die erste große Auswirkung auf den Solarmarkt ist das Fehlen von Komponenten, um neue Photovoltaikanlagen zu errichten. Die Lieferkette von Modulen ist schon Mitte Februar teilweise abgerissen. Denn die werden hauptsächlich in China hergestellt, wo der Virus zuerst aufgetreten ist und wo die Regierung drastische Maßnahmen ergriffen hat. Dazu gehörte auch, dass die Mitarbeiter der Modulfabriken nicht aus dem chinesischen Neujahrsfest an ihre Arbeitsplätze zurückkehren konnten. Außerdem ist die Lieferkette für die Rohstoffe der Modulherstellung ebenfalls betroffen.
Entsprechend hatte Martin Schachinger, Geschäftsführer der Online-Handelsplattform für Solarmodule PV Xchange, bereits Ende Februar berichtet, dass zwar einzelnen Fertigungslinien in China wieder laufen, aber es zu einem immensen Auftragsstau kommen könnte, bis die Produktionskapazitäten wieder vollständig hochgefahren sind. Dadurch fehlen in allen Regionen der Welt vor allem Module, um den Ausbau der Photovoltaik weiter voranzutreiben. „Alle Hersteller, einschließlich der letzten verbliebenen deutschen Produzenten, jonglieren momentan mit der wenigen zuverlässig verfügbaren Ware, die sich noch in ihren Lagern, am Hafen oder auf dem Seeweg befindet”, berichtet Schachinger. „Freie Ware ist kaum noch verfügbar und schnell ausverkauft.”
Auf diese Weise fällt der Solarindustrie die verfehlte Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre in Europa auf die Füße. Denn die Vertreibung der Modulproduktion vor allem aus Deutschland aufgrund der massiven Behinderung eines Binnenmarktes, hat zur massiven Abhängigkeit der Branche von Modullieferungen aus China geführt. Inzwischen vermelden die ersten Hersteller im Reich der Mitte, dass sie wieder produzieren können. „Unsere Lieferkette und unsere Logistik waren vom Ausbruch des Virus‘ zu Beginn des ersten Quartals stark betroffen”, erklärt Kangping Chen, Geschäftsführer von Jinko Solar. „Aber wir haben unsere Produktionskapazität schon wieder auf 100 Prozent gesteigert. Wir gehen davon aus, dass 400 bis 500 Megawatt unserer Modullieferungen, die für das erste Quartal vorgesehen waren, auf das zweite Quartal verschoben werden müssen.”
Wie sich die Entwicklung in Europa beispielsweise auf die Lieferung von Leistungselektronik auswirkt, die hier noch ansässig ist, ist noch nicht abzusehen. Denn auch wenn Wechselrichter und Speicher zu einem großen Teil noch in Europa produziert werden, sind die Hersteller doch zumeist auf Einzelteile aus Fernost angewiesen. Außerdem hat die Pandemie inzwischen Europa erreicht, so dass die Unternehmen in Personalschwierigkeiten kommen könnten.
2. Corona gefährdet die Fertigstellung von Solarprojekten
Viele Solarprojekte werden nicht rechtzeitig und wie geplant fertig. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Fortgang der Energiewende, sondern auch auf die Solarwirtschaft. Denn für viele Projekte gelten Fertigstellungsfristen. So müssen Solarparks, die in Deutschland an Ausschreibungen teilgenommen haben, fristgerecht ans Netz gehen, damit sie die Marktprämie bekommen. Da sich das aufgrund der Lieferengpässe verzögern könnte, appelliert der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) an die Bundesregierung, die Regelungsfristen zu verlängern und Strafzahlungen zunächst auszusetzen. „Derartige Umstände höherer Gewalt dürfen nicht dazu führen, dass wertvolle Klimaschutzprojekte platzen und Projektierer in ihrer Existenz bedroht werden”, betont Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar. „Wir hoffen, dass der Gesetzgeber hier schnell für Abhilfe sorgen wird.”
Auch die US-amerikanische Solar Energie Industries Association (SEIA) registriert bei ihren Mitgliedsunternehmen Lieferengpässe. „Wenn dies so weitergeht, ist es unter anderem möglich, dass die Unternehmen nicht in der Lage sein werden, die Lieferfristen für die Projekte einzuhalten, was sich auf die steuerliche Behandlung oder den Anspruch auf staatliche Förderung für diese Projekte auswirken könnte”, betont Abigal Ross Hopper, Präsidentin der SEIA. „Wir untersuchen diese und andere Auswirkungen auf Bundes- und Landesebene und setzen uns für eine angemessene Politik ein, um den unerwarteten Verzögerungen und nachteiligen Auswirkungen, denen unsere Branche ausgesetzt ist, Rechnung zu tragen.”
3. Corona lässt die Preise steigen
Der BSW Solar betont aber, dass das Interesse der Investoren an der Solarenerie weiterhin ungebrochen ist, auch wenn die Projekte derzeit verzögert fertiggestellt werden. Schließlich gibt es eine Zeit nach Corona. Doch müssen die Projektierer kurzfristig mit höheren Preisen rechnen – vor allem bei Modulen. Schließlich werden auch Modulpreise nach Angebot und Nachfrage entschieden. Martin Schachinger von PV Xchange rechnet damit, dass die Projektierer in den nächsten Monaten nur noch Ware über den Spotmarkt bekommen. Deshalb schließt er Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent in den kommenden Monaten nicht aus. „Die Wirtschaftlichkeit so mancher Projekte dürfte dadurch leiden, eine Realisierung in Frage gestellt werden”, erklärt Schachinger. „Ob das zu einem generellen Markteinbruch führen wird, das bleibt abzuwarten.”
4. Corona verhindert Konferenzen
Jetzt schon klar ist, dass die Veranstalter von Konferenzen und Messen rund um die Photovoltaik und Speicher unter der der Corona-Pandemie ächzen. Nicht nur die Energy Storage in Düsseldorf musste abgesagt werden. Auch der diesjährige Solar Power Summit des europäischen Solarverbands Solar Power Europe ist vom März auf den September verschoben. Der österreichische Branchenverband PV Austria musste aufgrund der massiven Beschränkung des sozialen Lebens in der Alpenrepublik den für diese Woche geplanten Photovoltaikkongress ebenfalls absagen. Lange hatten die Österreicher darum gekämpft, die Veranstaltung durchführen zu können und waren zuletzt sogar auf einen reine Videoübertragung der Konferenz ohne Teilnehmerpräsenz ausgewichen. Doch selbst das ist inzwischen in Österreich verboten.
Glück hatte Swissolar. Der Schweizer Solarverband konnte seine Konferenz in der vergangenen Woche noch durchführen, bevor aus das eidgenössische Sozialleben zum Erliegen kam. Hingegen ebenfalls abgesagt sind inzwischen die Seminare der Architektenkammer Berlin, die sich mit der Photovoltaik in der Gebäudehülle beschäftigen. Diese sollten eigentlich im April stattfinden. Sie sind jedoch jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben.