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Photovoltaik in Deutschland

Unternehmen kämpfen ums Überleben

Die Frequenz der Hiobsbotschaften in der Photovoltaikbranche wird höher. Nachdem in den letzten Tagen schon Solarhybrid und Q-Cells Insolvenz angemeldet haben, kommt jetzt auch Phoenix Solar im bayerischen Sulzenmoos bei München ins Strudeln. Mp-Tec im brandenburgischen Eberswalde hält sich zwar wacker, reagiert aber auf den befürchteten Markteinbruch nach der Kürzung der Solarstromförderung erst einmal mit einem Stellenabbau. Damit wird einmal mehr klar, die Debatte um die Photovoltaikförderung in Deutschland trifft sowohl Modulhersteller als auch Systemanbieter.

Galgenfrist für Phoenix Solar

Phoenix Solar hatte schon im Dezember letzten Jahres einen Restrukturierungsplan vorlegen müssen, da die Bayern die Auflagen für einen Kredit über 150 Millionen Euro nicht mehr erfüllten, mit dem man das Umlaufvermögen finanzieren wollte. Phoenix Solar verweist in diesem Zusammenhang auf die Vorfinanzierung, die man als Projektentwickler und Handelshaus zu leisten habe. Doch im dritten Quartal 2011 hat Phoenix Solar seine Geschäftsprognosen deutlich reduzieren müssen und die Abwertung des Lagerbestands ließ hohe Verluste erwarten. Aufgrund der massiven Einschnitte bei der Förderung von Solarstrom in Deutschland und anderen Schlüsselmärkten mussten sie diesen Restrukturierungsplan noch einmal anpassen. Die Folge ist, dass sich jetzt die Finanzierungsverhandlungen mit den Konsortialbanken und anderen Kreditgebern sowie Warenversicherern weiter verzögern. Ein schon vereinbartes Stillhalteabkommen mit den Banken und Kreditgebern wurde zunächst einmal verlängert. Außerdem verschiebt Phoenix Solar die Veröffentlichung der Geschäftsberichte um einige Wochen. Die Bilanz für das letzte Jahr wollte man am 25. April herausgeben und der Finanzbericht für das erste Quartal 2012 sollte am 10. Mai veröffentlicht werden. Nach der Meldung rutschte der Aktienkurs, der ohnehin schon seit langem tendenziell nach unten geht, gestern um 30 Prozent in den Keller. Am Ende des Tages wurde die Aktie für nur noch 91 Cent gehandelt.

Bullerjahn ist gesprächsbereit

Ob diese Nachricht zu einem Umdenken der bayerischen Landesregierung in ihrer Haltung zur aktuellen EEG-Novelle führt, ist allerdings fraglich. Die hatte schließlich die Gesetzesänderung, wie sie der Bundestag letzte Woche beschlossen hat, begrüßt und zeigte sich zufrieden damit, dass sie ihre Betreiber von Großanlagen im Freistaat so weit wie möglich geschützt hat. Es ist kaum zu erwarten, dass man sich in München jetzt auch der Photovoltaikproduzenten und Systemanbieter annimmt, nur weil ein Unternehmen im benachbarten Sulzenmoos strauchelt. Schließlich ist Phoenix Solar mit seinen weltweit 400 Mitarbeitern solches kein Schwergewicht auf dem Arbeitsmarkt wie Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen. Immerhin stehen allein im Thalheimer Hauptsitz 1.300 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Insgesamt hat der Modulhersteller über 2.000 Beschäftigte. Q-Cells kann sich inzwischen wieder Hoffnung auf Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt machen. Nachdem sich der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff (CDU) gegen direkte Finanzhilfen für Q-Cells ausgesprochen hat, schließt sein Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) nicht aus, dem angeschlagenen Unternehmen mit Landesmitteln wieder auf die Beine zu helfen. „Wir sind – was mögliche Hilfen angeht – gesprächsbereit“, sagte Bullerjahn der Mitteldeutschen Zeitung. „Wenn es bei Q-Cells die Chance zur Restrukturierung gibt, sollte man sie nutzen. Da ist natürlich zunächst das Unternehmen selbst gefragt. Eine Unterstützung könnte verschiedener Art sein: Förderung, steuerliche Aspekte oder auch Bürgschaften.“ Der Vorstoß des Finanzministers kommt nicht von Ungefähr. Schließlich ist das Land Sachsen-Anhalt über die landeseigenen Investitionsbank schon jetzt Gläubiger von Q-Cells.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU in Sachsen-Anhalt (MIT) schlägt hingegen weiter auf die Photovoltaikbranche ein und sieht deren Niedergang mit Genuss. Die Insolvenz von Q-Cells sei ein unvermeidliches Ergebnis der Förderung nach dem EEG, da man dadurch „schlichtweg vergessen hat, dass es Wettbewerb gibt“, sagt Klaus-Dieter Weber, Landesvorsitzender der MIT. Er rät der Landesregierung davon ab, dem Unternehmen Hilfsgelder zukommen zu lassen oder andere Zusagen zu machen. „Das werde keinen Job retten, sondern nur den Steuerzahler weiter belasten“, erklärt Weber. Er spielt damit auf die Aussage Haseloffs im Mitteldeutschen Rundfunk an, dass „um jeden Arbeitsplatz gekämpft“ wird.

Sanierungsplan mit Stellenabbau

Im Land Brandenburg sind schon die ersten Arbeitsplätze verloren gegangen. Der Anbieter von Photovoltaiksystemen Mp-Tec in Eberswalde hat seinen Mitarbeiterstamm um 20 Prozent gekürzt. „Die Stellenstreichungen sind Teil eines Sanierungsplans, der den Weg in die Zukunft sichern soll“, heißt es in einer Pressemitteilung von Mp-Tec. „Durch bereits erfolgte sowie die nun beschlossenen Förderkürzungen, gesunkene Margen und verstärkten Wettbewerb asiatischer Hersteller, waren wir gezwungen, unsere jetzige Aufstellung zu überprüfen, Einsparmaßnahmen zu ergreifen und die Internationalisierung mit voller Kraft voranzutreiben“, sagt der Mp-Tec-Geschäftsführer Michael Preißel. „Als verantwortungsvoll agierendes Unternehmen muss auch die Personalpolitik vorausschauend erfolgen und den Markterfordernissen angepasst werden.“

Preißel erwartet eine stark rückläufige Marktentwicklung in Deutschland. Man könne zwar dank der Übergangsfristen 2012 noch mehrere Projekte verwirklichen, doch die bevorstehenden Kürzungen verunsichern die Investoren und Verbraucher. Dennoch blickt man in Eberswalde zuversichtlich in die Zukunft. „Völlig überraschend trifft uns die Kürzung der Solarförderung allerdings nicht“, so Preißel. „In den vorangegangenen Jahren gab es immer wieder kurzfristige Kürzungen und der Preisverfall der Module und Komponenten ist weiter vorangeschritten, so dass weitere Kürzungen unvermeidlich sind. Innovative, international vernetzte Unternehmen wie Mp-Tec, die mit Weitblick handeln, werden sich aber auch weiterhin behaupten können“, so Preißel weiter. (Sven Ullrich)