Nicole Weinhold
Es ist nicht nur die Onshore-Wind-Branche, die mit wirtschaftlich schwierigen Bedingungen zu kämpfen hat - sprich es fehlt an stabilen Rahmenbedingungen. In der Meereswindkraft sieht es nicht viel besser aus. Auch hier leidet die Branche, weil die Politik kein klaren Verhältnisse schafft. Das wurde jetzt deutlich bei der Vorstellung der Installationszahlen 2019 in Berlin. 160 Offshore-Anlagen mit einer Leistung von 1.111 Megawatt (MW) speisen ihren Strom seit 2019 neu ins deutsche Netz. Damit sind nun 1.469 Anlagen mit 7.516 MW insgesamt angeschlossen.
Mindestens 20 GW bis 2030 gefordert
Die Branche fordert einen Ausbau auf mindestens 20 GW bis 2030 und einen Ausbaupfad, der darüber hinausgeht. Dafür muss die Bundesregierung schnell die gesetzlichen Grundlagen schaffen und im ersten Schritt freie Kapazitäten von bis zu zwei GW vergeben, um die Folgen der Ausbaulücke für die heimische Industrie abzufedern. "Wir warten bis heute darauf, das die Regierung das Ziel für 2030 auch festschreibt", so Andreas Wagner, Geschäftsführer Stiftung Offshore-Windenergie. Bis zur Sommerpause müsse das geschehen.
Nur so bleibe die heimische Lieferkette erhalten und frühere Erfolge, wie der - 2 GW-Ausbau im Jahr 2015 - können erneut erreicht werden.
Hermann Albers, Präsident des BWE, Stefan Thimm Geschäftsführer des BWO, Andreas Wagner, Geschäftsführer der Stiftung Offshore-Windenergie und Dennis Kruse von Deutsche Windguard erklärten im Rahmen einer Pressekonferenz die Situation der Offshore-Branche. Zusammen mit WAB und VDMA hatten sie die Zahlen erheben lassen.
Hermann Albers betonte die Erfolgsgeschichte der Offshore-Windkraft. Die Anlagen seien im Schnitt pro Turbine von dreieinhalb auf sieben Megawatt Leistung gewachsen, das sei wesentlicher Grund für die Kostendegression. "Die Hersteller arbeiten weiter an der Kostendegression durch Größe - Turbinen mit zehn Megawatt sind in der Entwicklung. Dieses Potenzial ist unsere Chance im Wachstumsmarkt der Windenergie." Man sei schon lange im Gespräch mit der Regierung über eine konsistente Wirtschaftspolitik für diese Technik. Bezüglich des Kohleausstiegs betonte er, die Branche habe einen Nachteil dadurch, dass der Hauptanteil des Kohleausstiegs weit nach hinten geschoben wurde. So werden die Netze weiter mit Kohlestrom verstopft.
Starker Heimatmarkt wird gebraucht
Jeder weitere Zeitverlust bei der Anhebung der Ausbauziele und bei den Sonderausschreibungen führe zu zusätzlichen Arbeitsplatzverlusten und gefährde die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. "Wir sind in eine neue Phase eingetreten. Statt fester EEG-Vergütung gibt es nun Ausschreibungen. Wir haben in einer einzigen Dekade massive Kostenreduktionen erreicht - von einer Technik in den Kinderschuhen zum Mainsteam. Jetzt geht es darum, dass die Politik dazu beiträgt, das weiterzuentwickeln", so Andreas Wagner.
"Das in der letzten Dekade erarbeitete Know-how in der Offshore-Windindustrie ist ein wichtiger Vorsprung im internationalen Wettbewerb, der erhalten werden muss. Wir brauchen weiterhin einen starken Heimatmarkt, um auf dem stetig wachsenden Weltmarkt erfolgreich zu bleiben“, so Andreas Wagner.
Langfristige Planungssicherheit
Aufgrund der langen Projektzyklen von Offshore-Windparks sei langfristige Planungssicherheit von hoher Bedeutung, so dass jetzt schon der Ausbau der Offshore-Windenergie bis 2035 und 2050 geplant werden müsse, erklärten die Branchenvertreter. Sonst drohten Engpässe und zeitliche Verwerfungen. Allerdings müssten die Ausbaupfade für alle EE-Technologien angesichts steigender Strombedarfe überprüft und die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden. Nach der Klarheit beim Ausstieg aus dem Kohlestrom brauchen wir einen ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien, um den fehlenden Strom zu ersetzen. Für 2035 sei nach Auffassung der Branchenvertreter eine Offshore-Wind-Kapazität von 30 bis 35 GW erforderlich, bis 2050 müsse diese auf über 50 GW ansteigen.
EU-Ratspräsidentschaft und Vorsitz der Nordsee-Kooperation
Ohne hohe Ausbauvolumina seien zudem die nationalen und internationalen Klimaziele nicht zu erreichen. Mit entsprechenden Signalen könne sich Deutschland auch vor dem Hintergrund seiner EU-Ratspräsidentschaft in diesem Jahr als glaubwürdiger Vorreiter im Klimaschutz präsentieren. Dazu würden auch Initiativen für eine stärkere Vernetzung der Nordsee-Anrainer bei einer gemeinsamen Offshore-Netzplanung beitragen, so die Branchenvertreter. Die Bedeutung eines großflächigen koordinierten Offshore-Windausbaus in Europa habe auch die Europäische Kommission mit ihrem Politikansatz des European Green Deal verdeutlicht.“ So sieht die EU einen Ausbau der Offshore-Windenergie auf 450 GW bis 2050 als notwendig, um Klimaneutralität innerhalb der EU bis 2050 zu erreichen.