Bereits am Freitag vor einer Woche, am 22. Februar, hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt BSH die Raumordnungsfestlegung für das in den kommenden 15-20 Jahren erforderliche Stromnetz im Meer vorgelegt. Die Behörde räumte für 3.880 Kilometer unter Wasser verlegter Kabel sowie 25 Umspannplattformen in den Bundesgewässern vor Schleswig-Holstein und Niedersachsen Platz ein.
Dem "Bundesfachplan Offshore Nordsee" des BSH ist eine nur dreivierteljährige Planungsphase vorausgegangen. Er legt verbindlich fest, wo und wie die Kabelverbindungen für die von der Bundesregierung konzipierten Ausbauziele in der deutschen Nordsee für Offshore-Windkraft verlegt werden können. Das Netz soll demnach bis 2020 bereits 20 Gigawatt Windstrom aufnehmen und transportieren können , ab 2030 sogar 25 Gigawatt Offshore-Leistung aus der Nodsee tragen können. Statt wie ursprünglich vorgesehen sechs sieht der Rahmenplan nun noch vier so genannte Exportkabel zur Übertragung von Hochspannungsgleichstrom (HGÜ) von den Meereswindparks an Land vor. Die Reduzierung der Fernübertragungstrassen hatte sich in den vergangenen Monaten nach Einwendungen der Länder abgezeichnet.
Mit Blick auf die nun durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mit dessen Novelle von 2012 vorgeschriebene Reaktion der Netzbetreiber lobte der Geschäftsführer des Bundesstiftung Offshore Windenergie Andreas Wagner kurz vor dem Wochenende den ersten Offshore-Netzanbindungsrahmenplan: In einer "Rekordzeit von nur gut einem dreiviertel Jahr" habe der BSH die Netzanbindung für den weiteren Offshore-Windkraftausbau raumordnerisch auf eine solide Basis gestellt".
Der Branchensprecher hebt insbesondere die im Rahmenplan vorgesehene "Vermaschung" der Windparks hervor: Damit sich die durch natürliche Windverteilung unterschiedliche Stromerzeugung auch gut auf den ebenfalls schwankenden und räumlich unterschiedlichen Verbrauch an Land verteilt werden können, hat das BSH viele Verbindungskabelstrecken zwischen den einzelnen Windparks und 13 vorgesehenen Windpark-Konzentrationszonen (Clustern) raumordnerisch reserviert. Zudem dient diese Vermaschung dazu, bei Ausfällen einzelner Netzkabel den Strom über Alternativstrecken umzuleiten. Außerdem ist der Rahmenplan laut Wagner deshalb ein sehr gutes Zeichen an die Übertragungsnetzbetreiber, weil er bereits "standardisierte Technikvorgaben für Kabel und vor allem für Umspannplattformen gibt". Dies bewirke, dass die Technik der Zuliefererfirmen für die Hochspannungsstationen auf See, Siemens, ABB, Alstom oder andere, von vornherein kompatibel sein werde.
Kritik an den BSH-Vorgaben übt Wagner allerdings auch: Die Raumordnung konzentriere sich nur auf Windparks in bis zu rund 100 Kilometer Entfernung - bis zur zentralen Schifffahrtslinie zwischen Niederlande und Dänemark. Dann sehe das BSH eine 50 Kilometer windkraftfreie Zone für diese Schifffahrtsroute vor, einen deutlich breiteren Korridor, als ihn Behörden in Dänemark oder Niederlande planten. Und für Windparks dahinter, die so um Mitte der 2020-er Jahre denkbar seien und in Großbritannien tatsächlich mit dem Projekt Doggerbank beretis in Angriff genommen werden, gebe das BSH noch gar keinen Planungsraum. Dies könne die Planungen großer Stromkonzerne für diese fernen und besonders großen Windparks möglicherweise vorzeitig verhindern. Wagner warnt ebenfalls davor, dass die Konzentration auf nur noch vier statt sechs HGÜ-Kabeltrassen das System anfälliger werden lasse. Falls beispielsweise ein Schiff mit seinem Anker versehentlich auf so einer Trassenlinie Kabel durchtrenne, würden in so einem Fall gleich mehrere der dort nun sehr konzentriert und gebündelten HGÜ-Leiter bedroht sein.
Auch dank des neuen Rahmenplanes sieht Wagner nun noch "viel Musik drin" in dem ab Sonntag folgenden Abstimmungsprozess für einen Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP). Darin müssen die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber sich verbindlich in gemeinsamer Absprache festlegen, welche Kabel sie wann bauen wollen und wie viele davon sie überhaupt brauchen. Das EnWG 2012 hatte den 3. März als Datum der ersten Vorlage des O-NEP-Entwurfes festgelegt. Jährlich am 3. März müssen die Netzbetreiber ihre Planung dann aktualisieren. Nach einem bis zu einjährigen Abstimmungsprozess zwischen Netzbetreibern, Öffentlichkeit und Politik, so wird nun erwartet, kann der erste O-NEP dann als verbindlich erklärt werden.
(Tilman Weber)