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Naturschutz

Mehr Rechte der Umweltverbände bei Windparks – und wie Investoren die Projekte retten können.

Darauf macht jetzt die Leipziger Branchenanwaltskanzlei Maslaton aufmerksam. Die sächsischen Juristen enthalten sich einer Stellungnahme, ob die Änderungen in dem Gesetz neuen Schaden für die Windkraft mit sich bringen werden. Doch schreiben sie den Änderungen im Umweltrechtsbehelfsgesetz eine hohe Bedeutung für den kommenden Windausbau in Deutschland zu:  „Das neue Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) bringt zahlreiche Neuerung mit sich, die gerade für Windenergieprojekte von erheblicher Bedeutung sind, werden doch die meisten Angriffe gegen Genehmigungen von Windenergieanlagen durch Private Dritte oder Naturschutzverbände auf das UmwRG gestützt.“

Wie die Rechtsanwälte von Maslaton erklären, dürfte in erster Linie wohl die Ausweitung der Klagemöglichkeiten von Umweltverbänden das Potenzial für eine kritische Verschärfung des Widerstands gegen Windparkprojekte haben. Auslöser für die jetzige Änderung ist ein Urteil des EuGH bereits von 2015, das die sogenannte „materielle Präklusion“ bei den Umweltschutzverbänden als europarechtswidrig eingestuft hatte. Gemeint ist, dass Verbände nur bei solchen Projekten klagen können, an deren Genehmigungsverfahren sie bereits mit Stellungnahmen und Einwänden auch wirklich beteiligt waren. Am 1. Juni ist dann endlich auch das reformierte deutsche Recht zu den Klagemöglichkeiten der Umweltverbände in Kraft getreten. Die Veränderungen im Gesetzestext zu den Klagemöglichkeiten sehen nun im Endeffekt vor, dass die Verbände bei gewöhnlichen Windparkprojektierungen auch noch klagen können, wenn sie sich in den gewöhnlichen immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bei der Prüfung der Lärmauswirkung von Windparks auf Anwohner beispielsweise sich zunächst noch nicht eingeschaltet hatten. Die Frist dafür, die Klage zu begründen, hat die Bundespolitik mit der neuen Gesetzesversion zudem auf zehn Wochen ausgeweitet.

Hinzu kommt noch, dass die Umweltschützer nun auch gegen die Aufteilung der Landschaftsräume für bestimmte Nutzungen wie Windkraft leichter klagen können. So erlaubt das Gesetz auch die Klage dieser Verbände nicht mehr nur dann, wenn sie Verstöße gegen Umweltschutzvorschriften monieren können. „Theoretisch“, so analysiert Maslaton vorsichtig, könnten die Umweltverbände sich nun nämlich auch durch Klagen zu Verstößen gegen das Raumordnungsrecht oder gegen die Bauordnung gegen Windparkprojekte einklinken. Allerdings hat die Gesetzgebung bei machen Dingen die sogenannte materielle Präklusion belassen – wer hier klagen will, muss also weiterhin schon im formellen Genehmigungsverfahren der Projekte rechtzeitig mitgemischt haben. Speziell bei Flächennutzungsplanverfahren beispielsweise müssen Umweltverbandsvertreter für ihre Einwände frühzeitig den Finger gehoben haben, wenn sie ihr Recht auf juristische Einwände aufrechterhalten wollen. Und: Alle Klagen der Umweltverbände sind nur dann berechtigt, wenn sie wirklich dem Umweltschutz dienen.

Während Maslaton mit seinem Informationsvorstoß wohl vor allem die Windparkplaner auf ihre Handlungsspielräume hinweisen möchte, sehen sich die Umweltschützer tatsächlich nun deutlich gestärkt. Das bestätigt beispielsweise der niedersächsische Landesverband des BUND: Die eigenen Klagemöglichkeiten seien nun „erheblich erweitert“ worden, lobt die Organisation. Außerdem ruft sie ihre Mitglieder nun zu einer klugen strategischen Anwendung des neuen Rechts auf: „In Anbetracht der Vielzahl an neuen Möglichkeiten empfiehlt es sich sehr sorgfältig zu überlegen, an welcher Stelle eines Verfahrens sinnvollerweise mit einem Rechtsmittel einzusteigen ist.“ Allerdings nehmen die niedersächsischen Umweltschützer nun keineswegs speziell die Windkraft ins Visier: Auf Windparks verweist die Stellungnahme zum neuen Klagerecht auf ihrer Internetseite ein einziges Mal, genauso oft wie auf Stallanlagen oder beispielsweise auf "wasserrechtliche Genehmigungen".

Laut Maslaton könnte auch eine Missbrauchsklausel im neuen Gesetz noch hilfreich für die Windkraft werden. Nur sie allein allerdings schränke die neuerdings „umfassenden Rügemöglichkeiten von Naturschutzverbänden“ etwas ein.

Allerdings, so analysiert der Verband auch noch, birgt das neue Umweltrechtsbehelfsgesetz möglicherweise auch noch die neuartige Gelegenheit, dass die Windparkinvestoren juristisch durch die Umweltschutzklagen gekippte Genehmigungen nachträglich noch retten können. So ein Fall könnte dann zum Beispiel sein, wenn Umweltverbände einen Windpark mit dem Verweis auf eine ausgelassene Umweltverträglichkeitsprüfung zu kippen drohen. Vorstellbar sei beispielsweise, dass die Verbände sich damit durchgesetzt haben, dass an einem bestimmten Punkt im Genehmigungsverfahren oder für eine bestimmte Auswirkung eines Windparks eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte stattfinden müssen, von den Planern aber unterlassen wurde. Eine deshalb wieder zurückgenommene Genehmigung für einen Windpark könnte aber vielleicht neu erteilt werden, wenn Projektierer oder Behörden diese Prüfung nachgeholt haben.

„Sollte ein „reparierbarer“ Fehler vorliegen“, schreibt Maslaton, „ergeht dann nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung im Fall der Entscheidungsergänzung ein Verpflichtungsurteil gerichtet auf Ergänzung der Entscheidung um die bisher fehlende Regelung.“ Oder einfacher ausgedrückt: Demnach also würde die Genehmigung nicht ganz verloren sein, sondern nur ruhen, bis der entscheidende Mangel behoben ist. Laut Maslaton dürfte allerdings über solche und andere Details des neuen Umweltrechtsbehelfsgesetzes noch juristisch gestritten werden. Erst mit Hilfe kommender  Richtersprüche würde dann klar, welche „für Behörden beziehungsweise für Inhaber von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen völlig neuartige Reaktionsmöglichkeiten“ sich wirklich ergeben.

(Tilman Weber)