Ich musste das Auto Ende 2014 verkaufen, weil der Wagen für die Berliner Umweltzone , in der ich wohne, nicht mehr zugelassen war. Zum Ende hin bin ich nur noch selten gefahren und musse die Batterie regelmäßig vom ADAC wieder auf Trab bringen lassen. Diese netten Herren konnten es immer gar nicht glauben, wenn ich sagte: "Der Wagen kommt weg und ich will auch kein neues Auto. In Berlin braucht man kein Auto." Brauche ich auch nicht: Öffentliche Verkehrsmittel und Fahrrad funktionieren prima. Warum hatte ich den Wagen überhaupt so lange? Unterm Strich kostete er viel Geld und musste ständig umsorgt werden. Sommerreifen, Winterreifen, Inspektion, Tüv und STÄNDIG Strafzettel wegen falsch Parkens.
Nun wollte ich mich dem Thema Carsharing intensiver widmen, auch weil ich wissen wollte, wie gut die Sache funktioniert. Unterschieden wird grundsätzlich zwischen zwei Carsharing-Systemen: Dem mit festen Stationen, an denen das Auto abgeholt und auch wieder zurückgebracht wird, sowie dem sogenannten Free-Floating-Modell. Hier stehen die Autos kreuz und quer in der Stadt verteilt und können auch an einem öffentlichen Ort im Geschäftsgebiet des Anbieters wieder abgestellt werden. Die Flexibilität ist hier zwar größer, jedoch auch die Kosten pro gefahrenem Kilometer beziehungsweise Minutenpreis. Multicity, Car2Go und Drive Now gehören zu denen, die man überall abstellen kann.
Elektrisch durch Berlin
Als ich dann erfuhr, dass eine ganze CO2-freie Flotte in Berlin zur Verfügung steht, war ich überzeugt. Multicity sollte mein erstes Carsharing-Unternehmen sein, die Firma stellt 350 E-Citroens im Berliner Stadtgebiet. Gestern war Probefahrt. Ich hatte mir die App aufs Handy geladen und konnte dort sehen, wo das nächste Fahrzeug für mich bereit stand. Leider nicht ganz fußläufig: 1 km. Die Chancen stehen bei anderen Anbietern wie Car2Go etwas besser, weil sie nochmal deutlich mehr Fahrzeuge anbieten. Ich fuhr also mit dem Fahrrad zu meinem E-Mobil, das ich 15 Minuten vorher für mich reserviert hatte.
Vor dem Wegfahren - so steht es in der Broschüre des Anbieters - soll man schauen, dass der Wagen nicht per Kabel an einer Ladestation hängt. Das wäre natürlich peinlich. Mein reservierter Wagen hing noch in der Ladestation und ein netter alter Herr kam sofort, um mir beim Herausrupfen der Kabel zu helfen. Ich habe den Wegen per Chipcard entriegelt, bin eingestiegen. Aha, im Handschuhfach der Schlüssel. Und dann habe ich eine Zeit gebraucht, bis ich mich mit dem geräuschlos laufenden Motor und der Automatik arrangiert hatte. Aber dann ging es endlich los. Beim Fahren war es dann nochmal etwas peinlich, als ich bremsen musste und gleich eine Vollbremsung lieferte. Mein alter Wagen bremste eher gemütlich. Also: Ab jetzt vorsichtiger bremsen. 28 Cent pro Minute. Etwa halb so viel wie Taxi. Man kann den Wagen überall abstellen. Öffentliche Parkgebühr ist bereits im Mietpreis enthalten.
Gute Sache - mehr davon!
Mein Fazit: Unterm Strich ist das eine sehr gute Sache. Laut einer Studie des Bundesverbands CarSharing (BCS) kann ein Carsharing-Wagen vier bis acht PKW ersetzen – belegt sind diese Zahlen jedoch nicht. Dadurch soll nicht nur der Verkehr in einer Stadt entlastet werden, sondern auch Parkraum frei werden, den die Privatautos ansonsten einnehmen würden. Viele von ihnen stehen zudem lange Zeit ungenutzt herum, im Schnitt bis zu 23 Stunden am Tag – das gilt als wenig effektive Nutzung und kann durch Carsharing, wo die Autos im Idealfall voll ausgelastet sind, aufgefangen werden.
Solange die CO2-freie Flotte von Multicity aber so dünn ausgestattet bleibt, nehme ich noch einen zweiten Anbieter dazu, um fußläufig einen Wagen zu finden. Aber in jedem Fall ist das e-mobile Carsharing eine gute Idee, um den Verkehr ein bisschen CO2-freier zu bekommen. Auch die Anreize lassen sich verstärken: kostenlose, reservierte Parkplätze für die entsprechenden Fahrzeuge erhöhen in einer Stadt wie Berlin, wo alle ständig auf der Suche nach Parkplätzen sind, ziemlich den Reiz. Klar ist, dass Carsharing im Innenstadtbereich von Großstädten funktioniert, im ländlichen Raum oder am Stadtrand aber kaum. Dort müsste endlich wieder der öffentliche Verkehr ausgebaut werden. Statt immer mehr Strecken dicht zu machen, müsste man Bahnfahrt wieder attraktiver machen. (Nicole Weinhold)