Offshore Windenergie führte über Jahrzehnte einen Kampf, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Dann wurden die großen Parks gebaut und dann hat es auch die Politik erkannt. Während die Europäische Union ein Ausbauziel vor ihren Küsten von 300 Gigawatt bis 2050, wird der dänische Offshore-Experte Ørsted von Corporate Knights zum nachhaltigsten Energieunternehmen der Welt gewählt. Doch Offshore ist keine Selbstläufer-Industrie, zumal sie in Deutschland wie fast alle erneuerbare Energien von Ausbaupfaden und entsprechenden Ausschreibungsmengen abhängig ist. Das darf nicht vergessen werden. Handelt die Politik hier nicht vorausschauend, gefährdet sie eine zukunftsfähige Branche, die Arbeitsplätze schaffen kann und gleichzeitig ein wichtiger Aspekt für das Erreichen unserer Klimaziele ist.
Vor diesen Hintergrund wurden jetzt die Zahlen für die deutsche Offshore-Windenergie 2020 und damit verbunden der Ausblick auf den Ausbau in den nächsten Jahren – vorgestellt. Dabei wurde klar: Die Industrie steht vor einem gefährlichen Ausbauloch. Wachsende Zubauzahlen sind erst in der zweiten Hälfte der 20er vorgesehen.
Wie sah der Offshore-Windmarkt 2020 im Einzelnen aus? Nach Angaben von Deutsche Windguard gingen im vergangenen Jahr 32 Anlagen mit einer Leistung von 219 Megawatt (MW) erstmalig ans Netz. Insgesamt speisen damit in der deutschen Nord- und Ostsee 1.501 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 7.770 MW Strom ein. Aufgrund falsch gesetzter politischer Rahmenbedingungen konnten im 2. Halbjahr 2020 keine neuen Anlagen gebaut werden, hieß es vonseite der Branchenvertreter, die die Zahlen vorstellten. Der Ausbau lag damit bereits 2020 nur bei 15 Prozent des Niveaus von 2017. Und: Nach den Plänen der Bundesregierung soll 2021 keine einzige Offshore-Windkraftanlage installiert werden. „Mager‟ werde der Zubau 2021/22 ausfallen, sagte Windguard-Geschäftsführer Dennis Kruse bei der Präsentation der Zahlen vor der Presse. „Der stärkste Zubau wird für 2029/30 erwartet.‟ So soll das relativ neue Ziel der Bundesregierung von 20 Gigawatt (GW) bis 2030 erreicht werden. Kruse berichtete, die neuen Anlagen seien fast komplett in der Nordsee errichtet worden. „Interessant ist, dass auch der künftige Ausbau vor allem in der Nordsee stattfindet.‟ Auf die Ostsee entfallen demnach bis 2025 733 MW, während in der Nordsee 2.384 MW bezuschlagt sind. Bis 2030 sollen nochmal 300 MW in der Ost- und 9.388 MW in der Nordsee ausgeschrieben werden. Kruse verweist auch darauf, dass die Turbinenhöhe bis 2025 wächst und dass bis dahin auch 11-MW-Turbinen – als eine neue Größenordnung – errichtet würden.
In diesem Jahr wird Offshore gar nichts errichtet
Doch was nützen die schönsten Turbinen, wenn es keinen Zubau gibt. In diesem Jahr wird also gar keine Offshore-Anlage installiert. Angesichts voranschreitender Klimakatastrophe ein schwerer Fehler der Bundesregierung. 2022 werden es laut Bezuschlagung nur 342 MW und 2023 sogar nur 257 MW.
2015 seien vor der deutschen Küste mehr als zwei Gigawatt ans Netz gegangen, davon sei man jetzt weit entfernt, kommentierte Heike Winkler, Geschäftsführerin der WAB: „Der Heimatmarkt ist wichtig für die Unternehmen – auch für den Export und die Internationalisierung.‟ Sie plädierte für einen starken Heimatmarkt mit kurzen Wegen. „Die Wertschöpfungskette ist damit nicht ausgelastet‟, erklärte sie und fügte an: „Akzeptanz steigt mit Beschäftigung. Wir wünschen uns vor 2025 Bauaktivitäten, damit wir keine Insolvenzen erleben.‟ 2019 habe es 771 Marktteilnehmer und 24.350 Jobs in der Windbranche gegeben. Zusätzliche Ausschreibungen seien dringend nötig.
Daher sei es erforderlich, die durch die Branche vorgeschlagene Küstenmeerregelung schnell umzusetzen und die „Ausbauspitze“ in den Jahren 2029 und 2030 nach vorne zu entzerren. Notwendig ist ein kurzfristiger Impuls für den kosteneffizienten Zubau. Vorhandene Potenziale müssen schnellstmöglich zusätzlich ausgeschrieben und mit raschen Inbetriebnahmen verbunden werden. Das Ausbauziel der Bundesregierung von 20 Gigawatt bis 2030 ließe sicher so tatsächlich erreichen. Investitionen vorzuziehen helfe dabei Konjunktur und Klimaschutz gleichermaßen.
Begrenzter Platz: Entzerrung bringt Ko-Nutzung auf dem Meer
Außerdem verwies er darauf, dass der Platz im Meer begrenzt sei. „Sich abzeichnende Nutzungskonflikte mit Schifffahrt, Marine und Naturschutz müssen pragmatisch gelöst werden, damit das Erreichen der definierten Ziele nicht durch die Hintertür verhindert wird.‟ Um Nutzungskonflikte ein Stück weit zu entschärfen, hat die EU-Kommission den Ko-Nutzungsansatz entwickelt, sodass sich nicht ausschließlich ein Nutzer am Standort befinden muss.
„Die nächste Legislaturperiode muss dringend genutzt werden, um eine grundlegende Reform des Strommarktdesigns und der Refinanzierung von Offshore-Windprojekten auf den Weg zu bringen‟, so Thimm. Das aktuelle Marktdesign sei für die Finanzierung von konventionellen Erzeugungsanlagen mit Brennstoffkosten ausgelegt. Daher setzt sich die Branche weiterhin für die Weiterentwicklung des Marktdesigns ein. In diesem Zusammenhang brach Thimm einmal mehr eine Lanze für die Einführung von Differenzverträgen.
Die Branchenorganisationen begrüßen ausdrücklich die Nationale Wasserstoffstrategie und den damit verbundenen Ansatz, eine umfassende energiewirtschaftliche und industriepolitische Strategie zu entwickeln, welche die gesamte Wertschöpfungskette aus Technologien, Komponenten, Erzeugung, Speicherung, Infrastruktur und Logistik in den Blick nimmt. „Grüner“ Wasserstoff braucht eine marktwirtschaftliche Grundlage. Für eine bessere Planbarkeit von Wasserstoffprojekten werden darüber hinaus ein konkretes und verbindliches Mengenziel zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff aus Offshore-Windenergie sowie verlässliche Vergabemechanismen benötigt. Die Ankündigung, das EU-Klimaziel für 2030 nachzubessern, muss mit einem schnelleren Ausbau der Offshore-Windenergie unterlegt werden. Das von der EU-Kommission in der EU Offshore Strategy (ORES) vorgesehene Ausbauziel von 300 GW. Darüber hinaus bildet der Green Deal eine Investitions-Offensive für Europas Energiebranche und braucht einen klaren Rahmen, damit er in Europa Produktion und Wertschöpfung auslöst. Um die Ausbauziele dauerhaft abzusichern und eine europäische Planung zu ermöglichen, benötigt auch Deutschland ein Ausbauziel für 2050. Zudem sollten europäische und internationale Kooperationen – wie zuletzt von der Nordseeenergiekooperation unter deutschem Vorsitz gefordert – weiterentwickelt werden.
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