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Windpark-Finanzierung

Das EEG 2014 birgt Risiken für Planer

Obwohl die Projektfinanzierung von Windenergieanlagen für die in diesem Segment aktiv vertretenen Kreditinstitute seit vielen Jahren geübte Praxis ist, bringt jede EEG-Novelle neue Herausforderungen mit sich. Die bisherigen Finanzierungsprämissen müssen auf weitere Gültigkeit überprüft werden. Neue gesetzliche Vorgaben müssen in die Finanzierungsbedingungen integriert werden.

Das am 1. August 2014 in Kraft getretene „Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts“ hat grundsätzlich alle vorherigen Fassungen des EEG ersetzt. In der Folge müssen sowohl neue Anlagen als auch Bestandsanlagen grundsätzlich nach den neuen Vorgaben bewertet und vergütet werden. Für Bestandsanlagen mit Inbetriebnahmen vor dem 1. August 2014 gelten explizit die Übergangsbestimmungen gemäß Paragraph 100 und folgende, die insbesondere Verweise auf frühere Vergütungsregelungen enthalten.

Vertrauensschutz

Aus Gründen des gebotenen Vertrauensschutzes erhalten genehmigungsbedürftige Anlagen eine Vergütung noch auf der Basis der Bestimmungen des EEG 2012, sofern die erforderliche Genehmigung vor dem 23. Januar 2014 erteilt und die Anlage vor dem 1. Januar 2015 in Betrieb genommen wurde. Dieser Vertrauensschutz war recht eng gefasst, was bei einigen Projektentwicklern vor dem Hintergrund sehr langer Projektentwicklungszeiten auf wenig Verständnis stieß. Aus Sicht der Projektfinanzierung war die Einhaltung dieser Frist jedoch recht einfach zu prüfen.

Im neuen EEG 2014 sind der Anschlussvorrang, die vorrangige Abnahme des daraus erzeugten Stroms und eine Förderdauer von 20 Jahren weiterhin festgeschrieben. Altanlagen genießen weiterhin Bestandsschutz. Damit sind die wesentlichen Grundlagen für eine gesicherte Projektfinanzierung weiterhin gegeben. Verschiedene Neuregelungen erfordern jedoch bei der künftigen Finanzierung eine Anpassung der Finanzierungsstruktur und Finanzierungsbedingungen. Diese Anpassungen fallen je nach Risikoneigung und Praxis­erfahrung von Bank zu Bank unterschiedlich aus.

Verpflichtende Direktvermarktung

Für alle Technologiesegmente erfolgt ein vollständiger Systemwechsel weg von der bisherigen Festpreisvergütung hin zur verpflichtenden Direktvermarktung. Über die gleitende Marktprämie wird der vom Direktvermarkter erwirtschaftete Marktwert bis zu dem im Gesetz festgelegten anzulegenden Wert aufgestockt. Die Kosten der Direktvermarktung wurden vom Gesetzgeber bei der Festlegung der Höhe der anzulegenden Vergütungssätze mit 0,4 Cent pro Kilowattstunde (Cent/kWh) für fluktuierende Technologien wie Wind und Photovoltaik (PV) berücksichtigt.

Das Marktprämienmodell ist den finanzierenden Banken bereits aus der optionalen Anwendung im EEG 2012 bekannt und insofern relativ unproblematisch zu bewerten. Neu zu berücksichtigen ist lediglich der Umstand, dass die Vermarktungskosten nun die Vermarktungserlöse reduzieren und entsprechend kalkulatorisch zu berücksichtigen sind. Die ebenfalls neu eingeführte 80-prozentige Einspeisevergütung in Ausnahmefällen gemäß Paragraph 38 ist zwar ein zusätzliches Sicherheitsnetz für kurzfristige Problemsituationen, kann aber nicht als langfristiger Kalkulationsmaßstab dienen.

Bei der Finanzierung neuer Anlagen wird ein langfristig funktionierender Direktvermarktungs-markt unterstellt, das heißt es wird davon ausgegangen, dass der Betreiber oder Kreditnehmer zu jedem Zeitpunkt über die Projektlaufzeit einen Direktvermarkter finden wird. Offen bleibt die Frage, wie sich dieser separate Markt langfristig in Bezug auf die Akteursstruktur, die Bonitäten der Direktvermarkter, die Vermarktungskosten sowie eventuelle Mindestanforderungen entwickeln wird. Vor dem Hintergrund eines intensiven Kostenwettbewerbs ist bereits heute eine Konsolidierung unter den Direktvermarktern erkennbar.

Aus der Perspektive der Projektfinanzierung sollte der Direktvermarkter im Direktvermarktungsvertrag immer den monatlichen Referenzmarktwert als Vergütungsuntergrenze garantieren. Anderenfalls geht das Handels- und Prognoserisiko zu Lasten des Anlagenbetreibers beziehungsweise Kreditnehmers, was so nicht akzeptabel ist. Langfristige Direktvermarktungsverträge werden in der Regel bankenseitig nicht gefordert. Hinsichtlich der konkreten Vertragsgestaltung werden in der Regel bankenindividuelle Mindestakzeptanzanforderungen aufgestellt. Auch der Ansatz der Direktvermarktungskosten fällt von Bank zu Bank unterschiedlich aus. Der langfristig berücksichtigte Kostensatz liegt meist über den heute vertraglich vereinbarten Kosten. Dies erfolgt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die geschlossenen Verträge in der Regel nur kurzfristige Laufzeiten von ein bis drei Jahren aufweisen und die darin fixierten Kosten deutlich unter den vom Gesetzgeber erwarteten Kosten von 0,4 Cent/kWh liegen. Teilweise sind sogar Werte unter 0,1 Cent/kWh zu beobachten. Ob dieses aktuelle Kostenniveau nachhaltig kostendeckend ist und bei Vertragsverlängerungen langfristig beibehalten werden kann, ist jedoch kritisch zu hinterfragen.

Bei der Windenergie an Land soll der aus dem EEG 2012 für die Photovoltaik bekannte „at-mende Deckel“ ein Zubauziel von 2.500 Megawatt (MW) pro Jahr absichern (Nettozuwachs nach Repowering). Die Vergütungsabsenkung erfolgt erst ab dem 1. Januar 2016, dann aber quartalsweise unter Berücksichtigung der zurückliegenden Zubauentwicklung. Hier ist somit eine hinreichend belastbare Prognose für den Inbetriebnahme-Zeitpunkt sowie die Zubauentwicklung erforderlich. Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung ist zum Start in 2016 mit einer maximalen Degression von 1,2 Prozent je Quartal zu rechnen.

Das bisherige zweistufige Vergütungsmodell wird weitergeführt. Die erhöhte Anfangsvergütung wurde für neue Anlagen mit 8,9 Cent/kWh festgelegt, die Grundvergütung auf 4,95 Cent/kWh erhöht. Der bisherige SDL-Bonus wurde nicht weitergeführt, der Repowering-Bonus für Neuanlagen gestrichen. Im Wesentlichen handelt es sich um Kalkulationsaspekte, die in den jeweiligen Cashflow-Modellen der Banken hinterlegt sind.

Referenzertragsmodell modifiziert

Über eine Modifizierung des bekannten Referenz­ertragsmodells wird die Laufzeit der erhöhten Anfangsvergütung so reduziert, dass eine durchschnittliche Vergütungsabsenkung von circa fünf Prozent (bei 60- bis 80-Prozent-Standorten) bis hin zu rund 16 Prozent (bei 130-Prozent-Standorten) im Vergleich zum alten EEG erfolgt. Inwieweit diese Kürzungen kompensiert werden können, hängt von der Bereitschaft aller beteiligten Akteure zur Margenreduzierung, aber auch vom Fortschritt der Anlagentechnologie ab. Künftig gilt es für die Banken nicht nur, einen Worst- beziehungsweise Stress-Case für die Bewertung der Verschuldungsfähigkeit eines Projekts zu berücksichtigen. Sie müssen zusätzlich unbedingt auch einen ungestressten Real-Case für die Prognose der Laufzeit der erhöhten Anfangsvergütung auf Basis der realen Standortqualität betrachten. Andernfalls kann es zu einer deutlichen Überschätzung der Laufzeit der erhöhten Anfangsvergütung kommen. Die mögliche Absenkung der Dauer der erhöhten Anfangsvergütung erfordert einen modifizierten Finanzierungsaufbau – entweder mit verkürzter Laufzeit, erhöhter Reservenbildung oder sogenannten Cash-Sweeping-Modellen.

Bei Eigenverbrauchslösungen ist die neue Verpflichtung zur anteiligen Zahlung der EEG-Umlage zu beachten. Bankseitig wird die Umlagepflicht in den Kalkulationsmodellen berücksichtigt, wobei hierzu eine Prognose bezüglich der künftigen Entwicklung der Umlagehöhe erforderlich ist.

Ferner wurde mit dem EEG 2014 die Aussetzung der Förderung bei negativen Strompreisen über mehr als sechs Stunden für Anlagen mit Inbetriebnahmen ab 2016 eingeführt (Paragraph 24). Diese Regelung stellt aus Finanzierungssicht einen unbefriedigenden Systembruch dar, welcher eine verlässliche Kalkulation künftig deutlich erschwert. Bisher waren derartige Zeiträume noch absolut überschaubar. Einnahmeausfälle würden sich nur im Promillebereich auswirken. Das Thema wird jedoch für die Projektfinanzierung zunehmend an Bedeutung gewinnen, da die bisherige Situation wahrscheinlich nicht für den gesamten Prognosezeitraum der nächsten 20 Jahre unterstellt werden kann. Erste Studien lassen ein relevantes Anziehen der Ausfallzeiten erwarten. Das für Inbetriebnahmen bis Ende 2015 nicht praxisrelevante Thema ist momentan auf der Tagesordnung jeder finanzierenden Bank, da man sich nun zunehmend mit Projektinbetriebnahmen ab 2016 beschäftigt.

Abschließend wurde durch den Gesetzgeber im EEG 2014 bereits festgeschrieben, dass die Höhe der Förderung ab 2017 grundsätzlich über Ausschreibungen ermittelt werden soll. Dies bedeutet dann einen vollständigen Systemwechsel, der wesentliche Veränderungen – auch für die Projektfinanzierung – nach sich ziehen wird. Da bisher jedoch keine Klarheit über die Ausgestaltung des Ausschreibungsdesigns besteht, ist eine weitergehende Einschätzung bis dato noch nicht möglich.

Dieser Fachartikel von Jörg-Uwe Fischer, Fachbereichsleiter Erneuerbare Energien bei der Deutschen Kreditbank AG, ist in der Printausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN von April  2015 erschienen. Gefällt er Ihnen? Holen Sie sich jetzt ein   kostenloses Probeabo   unseres Magazins.