Newmotion ist Teil eines V2G-Pilotprojekts in Amsterdam und kooperiert mit der Netzgesellschaft Alliander, dem Technologieunternehmen Enervalis und der Innovationsplattform Amsterdam Smart City. Das Unternehmen betreibt derzeit mehr als 30.000 private Ladestationen in den Niederlanden sowie in Deutschland, Frankreich und im Vereinigten Königreich. Mit der V2G-Technologie kann der in den Batterien von Elektroautos gespeicherte Strom in Zeiten hohen Strombedarfs in das Stromnetz zurückgespeist werden. Ist der Strombedarf niedrig, werden die Elektroautos geladen. Künftig können laut Newmotion Elektroautofahrer, die die V2G-Technologie nutzen, eine Rückzahlung für den Strom, den sie in das Netz zurückgespeist haben, erhalten. Zusätzlich können Netzbetreiber die Speicherkapazität von Elektroautos nutzen, um Spitzen und Täler bei Energieangebot und -nachfrage auszugleichen. Das Pilotprojekt in Amsterdam ist Teil des City-Zen-Programms, das darauf abzielt, energieeffizientere Städte zu schaffen.
Sytse Zuidema, CEO von Newmotion, erklärt ERNEUERBARE ENERGIEN, warum es so lange gedauert hat, bis endlich eine Reihe von V2G-Projekten startet. Ist die Umsetzung eine Herausforderung? „Jede neue Technologie braucht eine Weile, bis sie den Massenmarkt erreicht. Die gute Nachricht ist, dass sich die V2G-Technologie bereits in einigen Projekten erfolgreich bewährt hat. Early Adopter experimentieren jetzt in Pilotprojekten mit V2G und präsentieren die Vorteile einem breiteren Publikum. Derzeit führen wir in Amsterdam ein solches Pilotprojekt durch, in dem wir die ersten öffentlich zugänglichen V2G-Ladestationen eröffnet haben. Wir erwarten, dass die V2G-Technologie den Weg für eine beschleunigte Verbreitung sowohl von erneuerbarer Energie als auch von Elektroautos ebnet und damit den Energiewandel beschleunigt. Die größte Herausforderung bei V2G ist gegenwärtig die teure Hardware. Das Konzept und die Technik selbst haben sich aber bereits als sehr erfolgreich erwiesen.“
Herr Zuidema, die Batterie wird ja stärker und häufiger belastet. Dadurch müsste ihre Lebenserwartung sinken. Ist das eingerechnet?
„Während des Pilotprojekts in Amsterdam werden zu Beginn und am Ende des Projekts Batteriemessungen durchgeführt, um Erkenntnisse über die Batteriebelastung zu gewinnen. Wir erwarten aber keine signifikanten negativen Auswirkungen der V2G-Technologie auf die Batterieleistung von Elektroautos. Eine wissenschaftliche Untersuchung von Kotub Uddin kommt sogar zu dem Schluss, dass das Laden mit V2G-Technologie vorteilhaft für die Autobatterie ist.“
Wie viel könnten die Batterien zu welchen Zeiten leisten?
„Das hängt von Angebot und Nachfrage ab. Angebot meint hier die verfügbare Energie in den Batterien der angeschlossenen Fahrzeuge. Durchschnittlich liegt der Ladestand eines E-Autos, das an eine Ladestation angeschlossen wird, zwischen 60 und 80 Prozent. An eine V2G-Ladestation angeschlossen kann die Batterie auf bis zu 30 Prozent entladen oder auf 90 Prozent geladen werden. Wieviel Energie zu welcher Zeit in das Stromnetz eingespeist wird, wird durch die Nachfrage geregelt. Nachfrage meint hier die Netzfrequenz. Idealerweise liegt diese bei 50 Hertz – ist sie höher oder niedriger, muss das Netz ausbalanciert werden. Im Klartext heißt das: Wenn im Netz viel Energie zur Verfügung steht, wird die Batterie geladen – zum Beispiel wenn nachts wenig Energie verbraucht wird oder wenn viel Sonnen- oder Windenergie produziert wird. In Zeiten von hohem Energiebedarf, also wenn die Netzfrequenz unter 50 Hertz liegt, gibt das Fahrzeug Strom an das Netz ab.“
Die meisten V2G-Ladestationen, die bei dem Pilotprojekt genutzt werden, befinden sich an öffentlichen Plätzen in ganz Amsterdam. Außerdem gibt es Ladestationen am Standort der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und bei einer großen Sportanlage, wo Elektrofahrzeuge entweder aufgeladen werden können oder direkt Strom in das interne Stromnetz dieser Organisationen einspeisen. Diese Technologie nennt man Vehicle-to-Office.
„Allein in den Niederlanden rechnen wir bis 2025 mit rund einer Million Elektrofahrzeugen. Gleichzeitig wird ein immer größerer Anteil des Stroms durch Sonnenkollektoren und Windkraftanlagen erzeugt. Aufgrund der unregelmäßigen Verfügbarkeit von Sonne und Wind ist es unerlässlich, dass Speicherkapazitäten zur Verfügung stehen, damit nachhaltig erzeugter Strom für Spitzenzeiten mit hohem Energiebedarf gespeichert werden kann. Diese Entwicklungen ebnen den Weg für den breiten Einsatz der V2G-Technologie,“ sagt Sytse Zuidema.
Das primäre Ziel des Pilotprojekts in Amsterdam ist es, die V2G-Technologie zu testen. „In enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern testen wir die Auswirkungen von V2G auf das Niederspannungsnetz. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob V2G als Backup bei Stromausfällen genutzt werden kann. Zudem soll getestet werden, ob durch V2G ein größerer Teil der Solarenergie, die Unternehmen selbst erzeugen, für die Stromversorgung dieser Standorte genutzt werden kann. Ist dies der Fall, wird das Netz weniger belastet und es müssen weniger teure Stromkabel verlegt werden,“ kommentiert Marisca Zweistra von Alliander das Projekt. (Nicole Weinhold)