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Vor dem Hintergrund drastisch steigender Preise für fossile Energieträger wird der Einsatz biogener Festbrennstoffe neben seinen positiven Effekten zur Einsparung von Treibhausgasemissionen und Erhöhung der regionalen Wertschöpfung mehr und mehr zur Möglichkeit Geld zu sparen. Neben der Verwendung naturbelassener holzartiger Sortimente wie Scheitholz, Holzpellets und Holzhackschnitzeln ist im Bereich der Landwirtschaft die Verwendung vorhandener Haupt- und Nebenprodukte wie Getreide, Getreideausputz und Stroh besonders interessant. Im Gegensatz zum Entwicklungsstand und der Anzahl von Anbietern von Holzfeuerungsanlagen gibt es im Bereich der Halmgutfeuerungsanlagen bislang nur sehr wenige Anbieter, die die Anforderungen bezüglich der Funktionalität, der Wirtschaftlichkeit sowie der erhöhten Anforderungen bezüglich des Immissionsschutzes ausreichend erfüllen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland ermöglichen mittlerweile eine thermische Verwertung von Getreide und weiteren halmgutartigen Brennstoffen ab einem Leistungsbereich von vier Kilowatt.
Nach kontroverser Diskussion wurden in der bislang abschließenden Regelbrennstoffliste im Paragraph 3 Nr. 8 der 1. BImSchV weitere Brennstoffe ergänzt. Dazu zählt nicht als Lebensmittel bestimmtes Getreide, wie Getreidekörner und Getreidebruchkörner, Getreideganzpflanzen, Getreideausputz, Getreidespelzen und -halmreste sowie Pellets aus den vorgenannten Brennstoffen. Diese Brennstoffe – ausgenommen Stroh – dürfen nur in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, des Gartenbaus und in Betrieben des agrargewerblichen Sektors, die Umgang mit Getreide haben, wie zum Beispiel Mühlen oder der Agrarhandel, eingesetzt werden. Des Weiteren muss ihr Feuchtegehalt unter 25 Prozent bezogen auf das Trockengewicht liegen. Eine Ausnahme sind Feuerungsanlagen, die nach Angaben des Herstellers auch für Brennstoffe mit höherem Wassergehalt geeignet sind.
Zudem erfolgte eine Öffnung für den Einsatz sonstiger nicht näher beschriebener nachwachsender Rohstoffe in Nr. 13 des Paragraphen 3. Diese Brennstoffe müssen allerdings eine Reihe von Anforderungen erfüllen. So müssen für den Brennstoff genormte Qualitätsanforderungen vorliegen. Unter Prüfbedingungen müssen Emissionen von polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen (PCDD/F) kleiner als 0,1 Nanogramm pro Kubikmeter (ng/m3) beziehungsweise für Stickoxide kleiner 0,6 Gramm pro Kubikmeter (g/m3) nachgewiesen werden. Des Weiteren muss ein bisher nicht spezifiziertes Messprogramm einjährlich durchgeführt werden. Damit soll nachgewiesen werden, dass beim Einsatz dieser Brennstoffe keine höheren Emissionen von PCDD/F und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) als bei der Verbrennung von Holz auftreten, die Emissionen der Anlagen in der Praxis also 1,0 g/m3 Kohlenstoffmonoxid (CO) beziehungsweise 0,10 g/m3 Staub unterschreiten.
Ab 100 Kilowatt Anlagenleistung unterliegt eine Anlage der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) und der TA Luft (Technische Anleitung Luft). Das bedeutet, dass für Anlagen ab 100 Kilowatt bis 50 Megawatt nach Paragraph 19 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss. Dies ist verbunden mit deutlich höheren Anforderungen hinsichtlich des Immissionsschutzes, das heißt es werden mehr Parameter kontrolliert und die Grenzwerte wurden weiter abgesenkt. Die Folge sind erhöhte spezifischen Investitionskosten, zum Beispiel für Zuführungstechnik, Feuerungstechnik oder Emissionsminderungstechniken und wesentlich höhere Betriebskosten für Strom, Wartung oder Emissionsüberwachung.
Stand der Feuerungstechnik
Für die Verbrennung von Halmgut bieten europaweit rund 40 Hersteller Anlagen im Leistungsbereich von fünf bis 20.000 Kilowatt thermische Leistung an. Die wesentlichen Anlagenbauarten sind Unterschub-, Einschub-, Mulden- und Rostfeuerungssysteme. In den letzten Jahren wurden verstärkt Anstrengungen unternommen, um marktfähige Anlagen besonders für den Einsatz von Getreide und Strohpellets zu entwickeln. Die Anlagentechniken lassen sich generell in konventionelle und in neuartige Feuerungstechnologien unterscheiden sowie nach Art der Konversion in Anlagen zur Verbrennung beziehungsweise zur Vergasung.
Zur Ermittlung des tatsächlichen Betriebsverhaltens und der entstehenden Emissionsniveaus wurden unterschiedlichste Praxisanlagen mit Referenzbrennstoffen, wie Wintergersten- und Winterweizenkörner sowie Winterweizen- und Winterroggenstroh, in verschiedenen Leistungsbereichen untersucht. Bei der Verbrennung von Getreidekörnern wurden sehr unterschiedliche und zum Teil nur ungenügende Abbrandergebnisse an einzelnen Anlagen erzielt. Einzelne konventionelle Anlagen, die von Herstellern als tauglich ausgewiesen wurden, waren regelrecht ungeeignet.
Generell erfüllen aber durchaus einige Anbieter von konventionellen Anlagentechniken die gegenwärtigen Anforderungen der 1. BImSchV in Bezug auf die CO-Emissionen (CO-Grenzwert 1,0 g/m3). Die Grenzwerte für Staubemissionen (100 mg/m3) lassen sich ohne den Einsatz von Abscheidetechniken bislang jedoch nicht erreichen. Selbst die besten drei Technologien der für den jeweiligen Referenzbrennstoff untersuchten Anlagen überschreiten im Gegensatz zu sehr guten Abbrandergebnissen bei ausgewählten Brennstoffen die Staubgrenzwerte der novellierten Verordnung.
Hier ist die Weiterentwicklung und die Anpassung der Feuerungssysteme und der Einsatz von Sekundärmaßnahmen wie Brennwerttechnik oder elektrostatische Abscheider notwendig. Letztere befinden sich für halmgutartige Brennstoffe gegenwärtig noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Ob kurzfristig praxisreife und ökonomisch realistische Lösungen gefunden werden können, bleibt abzuwarten. Neben dem vorbeugenden Immissionsschutz müssen aber auch neben der Minimierung der Staubemissionen, das Gefährdungspotenzial und die Relevanz der entstehenden Stäube eingeschätzt werden. Dabei ist neben der Anlagenzahl – in Deutschland stehen weniger als eine Million Zentralfeuerungskessel rund 15 Millionen Einzelraumfeuerstätten gegenüber – auch die Qualität des Ausbrandes besonders in Hinblick auf die CO-Emissionen in Betracht zu ziehen. Dahingehend wurde von unterschiedlichen Institutionen festgestellt, dass die Qualität der Verbrennung sich mit denen der besten Holzfeuerungsanlagen vergleichen kann. Das lässt den Schluss zu, dass die Toxizität der entstehenden Stäube gegenüber Stäuben aus konventionellen Holzfeuerungsanlagen oder Dieselruß geringer ist. In weiteren noch laufenden Forschungsprojekten wird derzeit untersucht, ob sich diese Erwartung bestätigen lässt.
Im Zusammenhang mit den neuartigen Feuerungstechnologien bleibt aber festzuhalten, dass diese ihre Eignung im Dauerbetrieb noch nachweisen müssen. Geprüft werden insbesondere die Funktionssicherheit, Materialeignung und die Einhaltung von Fertigungsstandards. Ebenso ist über das Korrosionsverhalten der unterschiedlichen Techniken bislang nur wenig bekannt. Hier sind Langzeitfeldtests unter definierten Bedingungen erforderlich. Dabei gilt es noch mehr als bei anderen Biomassefeuerungsanlagen auf die Anlagendimensionierung zu achten. Die sollte möglichst lange Kessellaufzeiten erreichen und damit eine geringe Anzahl von An- und Abfahrvorgängen ermöglichen, um so Taupunktunterschreitungen zu vermeiden. In Praxisanlagen gesammelte Erfahrungen zeigen sehr unterschiedliche Ergebnisse, die von keinerlei feststellbaren Korrosionen bis zum notwendigen Totalaustausch einiger Feuerraumkomponenten und Wärmetauschereinheiten reichen.
In den Projekten wurden sowohl anlagen- als auch brennstoffspezifische Unterschiede bei der Verschlackungsneigung festgestellt. Anlagenspezifisch traten auch verschiedene Kohlenmonoxidemissionsniveaus von Nackt- und Spelzgetreidearten auf. Dabei wurden zum Teil deutliche Vorteile für die Spelzgetreidearten erkennbar. Zuschlagstoffe wie Branntkalk oder Tonmehl führten auch bei konventionellen Feuerungstechnologien teilweise zu einer erheblichen Minimierung von Verschlackungen. Die gewählte Getreideart hat zusätzlich Einfluss auf das Zünd- und Ausgasungsverhalten, die Abriebfestigkeiten und Rieselfähigkeit sowie die Transport- und Lagerdichten.
Wirtschaftlichkeit
Der Vergleich der Wärmegestehungskosten (siehe Abbildung 1) ist gekennzeichnet durch deutlich höhere Investitionskosten bei Biomasseanlagen gegenüber Anlagen zur Wärmegewinnung auf Basis fossiler Energieträger. Diese haben gerade bei kleineren Anlagen mit geringerem Brennstoffbedarf eine größere Bedeutung als bei mittleren oder großen Wärmeerzeugungsanlagen.
Besonders die Kosten von Lagerung, Brennstofffördertechnik, Kessel, Ascheaustrag, Pufferspeicher und Steuerung, aber auch des verwaltungsseitigen Aufwandes, etwa für entsprechende Genehmigungen, sind höher als bei den fossilen Alternativen. Dazu kommen je nach emissionsseitiger Anforderung die Kosten für die Rauchgasreinigung. Dabei als auch bei den Kesselkosten sind nach wie vor die gering gefertigten Stückzahlen und die wenigen Marktteilnehmer der Grund für die relativ hohen Preise. Bis vor kurzem ließen sich diese Kosten noch über das Marktanreizprogramm des Bundes reduzieren, wenn die Anlagen ebenfalls für Holzbrennstoffe geeignet waren und die damit verbundenen Anforderungen an den Wirkungsgrad erfüllten. In Bezug auf die Lagerungskosten sowie die Zuführtechniken sind ebenfalls Kostenreduktionspotenziale gerade beim Einsatz im landwirtschaftlichen Bereich gegeben. Hier können etwa ausgediente landwirtschaftliche Futtersilos, Zuführschnecken oder Getreideannahmen die Investitionskosten solcher Heizungssysteme deutlich reduzieren. In Bezug auf die Betriebskosten sind etwas höhere Aufwendungen für Hilfsenergie (Fördertechnik), Wartung und Instandhaltung, Schornsteinfeger und Ascheentsorgung zu nennen. Insgesamt liegen die Kosten rund zwei bis sieben Prozent höher als bei Öl- und Gasanalgen.
Der Brennstoffkostenanteil ist somit einer der entscheidendsten und gegenwärtig volatilsten Kostenfaktoren bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit. Die Wirtschaftlichkeit nimmt mit der Zahl der Volllaststunden der Anlage zu. Spezifische Markteinführungsprogramme für neue Technologien und Brennstoffe sowie emissionsmindernde Maßnahmen wären nicht nur sinnvoll, sondern würden die direkte Wärmeerzeugung als eine der effektivsten Nutzungsformen der Biomasse mit der höchsten regionalen Wertschöpfungsmöglichkeit maßgeblich unterstützen.
Dipl.-Ing. Thomas Hering
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Referat Nachwachsende Rohstoffe