Die Energiewende ist beschlossene Sache. Doch der Ausbau der Solar- und Wind-anlagen wird ohne Speicher nicht gelingen. Dabei geht es auch um die Stabilisierung des Netzes. Dafür müssen vor allem große Speicher gebaut werden, die in Zukunft Systemdienstleistungen übernehmen. Daneben könnten Speicher im Gewerbe die Netze entlasten. Dort ist die Nachfrage aber bisher zurückhaltend. Neue Geschäftsmodelle mit innovativen Technologien helfen hier weiter.
Denn die Speicher waren für den maximalen Eigenverbrauch des selbst produzierten Solarstroms nicht zwingend notwendig – es sei denn, die Anlage war so groß, dass der Gewerbebetrieb nicht den gesamten Ertrag tagsüber nutzen konnte. „Dennoch kann der Speicher beispielsweise bereits bei ausreichender Grundlast sinnvoll eingesetzt werden“, erklärt Thomas Augat, Geschäftsführer von Senec. „Zudem kommen im Gewerbe weitere Anwendungsfälle hinzu: Häufig kann ein Speicher der Lastspitzenkappung dienen oder durch intelligentes Lastmanagement den Ausbau der Lademöglichkeiten für E-Autos von Kunden und Mitarbeitern ermöglichen.“
Diese Möglichkeiten werden im Gewerbebereich deutlich zulegen, ist sich Augat sicher. Der Leipziger Speicherhersteller Senec hat schon längst darauf reagiert und wird auf der diesjährigen EES Europe am Stand B1.310 mit dem Komplettpaket Senec 360 eine Lösung zeigen, die unter anderem für gewerbliche Anwendungen geeignet ist. „Denn die Senec Home Stromspeicher sind teilweise kaskadierbar – mehrere Systeme können für größeren Speicherbedarf miteinander verbunden werden. Das passiert in der Realität auch in kleinem Rahmen mit unseren Speichern, wenngleich wir derzeit noch keinen spezifischen Gewerbespeicher im Markt haben“, sagt Augat. „Wir erkennen aber, dass die Nachfrage im Gewerbebereich schon heute zunimmt – wie übrigens auch für Quartierslösungen. Mit künftigen Produktgenerationen erweitern wir die verfügbare Speicherkapazität daher deutlich. Zudem evaluieren wir gemeinsam mit unseren Kooperations- und Fachpartnern weitere attraktive Lösungen für Anwendungen in Gewerbe und Quartier“, stellt er in Aussicht.
Neuer kleiner Industriespeicher
Die steigende Nachfrage nach Gewerbespeichern spürt auch Fenecon (B1.230). Geschäftsführer Franz-Josef Feilmeier sieht dabei vor allem eine steigende Nachfrage nach Speichern zur Lastspitzenkappung oder zur Vermeidung des Netzausbaus.
Fenecon wird in diesem Jahr unter anderem den kleinen Bruder des schon bewährten Industriespeichers zeigen. Bisher gibt es den Fenecon Industrial mit 704 Kilowatt und zwei Megawatt. „Mit 92 beziehungsweise 184 Kilowatt und 164 Kilowattstunden adressiert der Industrial S vor allem Gewerbe- und Ladeparklösungen“, beschreibt Franz-Josef Feilmeier die Zielanwendung.
Gewerbespeicher mit gebrauchten Akkus
Die große Herausforderung im Gewerbe ist die Dauer der Anwendungsszenarien. Diese sind nicht immer auf 15 oder 20 Jahre ausgelegt. Der Lastgang eines Betriebs und damit auch die Lastspitzen, die gekappt werden sollen, könne sich ändern. Dann ist ein anders dimensionierter Speicher notwendig.
Deshalb hat Fenecon ein Mietspeicherangebot entwickelt. Ein Unternehmen kann den Speicher nur für die Zeit ins Energiesystem integrieren, für die er gebraucht wird. Zudem wird Fenecon einen Gebrauchtspeichermarkt etablieren. Auf diesem kann ein Beteiber seinen Speicher zurück oder in Zahlung geben. Nach einer Instandsetzung werden sie dann weiterverwendet.
Fenecon stellt zudem den ersten Industriespeicher mit Second-Life-Batterien vor. Das Unternehmen nutzt dafür komplette gebrauchte Akkupacks aus Elektroautos. Das funktioniert, weil Fenecon über ein dezentrales Wechselrichterkonzept jede Batterie einzeln bedienen und so Leistungs- und Kapazitätsunterschiede ausgleichen kann. Über eine Softwareclusterung wird aus den verschiedenen Batterien wieder ein Gesamtsystem. Dazu baut das Unternehmen derzeit die Car Battery Re Factory auf, in der es gebrauchte Fahrzeugspeicher mit einer Gesamtkapazität von 400 Megawattstunde zu stationären Solarspeichern zusammenbaut.
Komplettlösung mit Wechselrichter
Eine Containerkomplettlösung wird auch Commeo (B2.310) erstmals auf der EES zeigen. Der HV-L System Speicher hat einen eigenen Wechselrichter. „Dies ist eine sinnvolle und notwendige Erweiterung unseres Portfolios und eine Ergänzung des ebenfalls gezeigten Outdoorenergiespeicherschranks, der besonders zur Unterstützung von Ladeinfrastrukturen und zur Steigerung der Ladeleistung verwendet wird“, erklärt Michael Schnakenberg, Geschäftsführer von Commeo.
Etwas kleiner ist der Lithiumionen-Speicherschrank mit bipolarer Steuereinheit – eine Lösung, die nur Commeo hat. Bipolar heißt, dass das System über drei Leistungsanschlüsse gleichzeitig eine positive und eine negative Spannung zu einem Nullpunkt-Bezugspotenzial liefern kann. Dadurch wird die Bereitstellung von Wechselstrom aus der Gleichspannung der Batterien hereaus vereinfacht. Commeo sieht hier einen wirtschaftlichen Vorteil des Gesamtsystems von 20 bis 30 Prozent. Ein ebenfalls neues 48-Volt-System, der Commeo 48V-C (Edge USV), ist zudem zur Bereitstellung dezentraler Notstromversorgung für Maschinen und Anlagen mit hoher Leistungsaufnahme geeignet.
Brandschutz integriert
Commeo wird auch erstmals ein Energiemanagementsystem (EMS) präsentieren. Dieses kann ein steuerbares, digitales Abbild von nahezu jeder In-frastruktur erzeugen. Es kommuniziert nicht nur mit Wechselrichtern, Speichern und Solaranlagen, sondern auch mit Systemkomponenten wie Produktionsanlagen, SPS-Steuerungen oder Robotern. Selbst Softwareanwendungen wie Abrechnungs- und Steuerungsprogramme, ERP- und CRM-Systeme kann das EMS einbinden und alle diese Anwendungen und Einzelkomponenten virtuell miteinander zusammenschließen und steuern.
Mit dem Scalestac hat Intilion (B2.340) schon seit Juni 2021 einen bewährten Speicher im Portfolio, der aufgrund seines modularen Aufbaus an die Erfordernisse in Gewerbe,- Industrie- und Landwirtschaftsbetrieben oder in Mehrfamilienhäusern angepasst werden kann. Die Leistung liegt zwischen 25 und 400 Kilowatt und als Speicherkapazität bietet Intilion zwischen 123 Kilowattstunden und einer Megawattstunde an. Jetzt hat der Hersteller noch zusätzlich ein Schutzkonzept für den Fall eines Zellbrandes integriert. Dieses verhindert, dass der Brand in einer Zelle sich auf das Gesamtsystem ausbreitet. Dabei wird die Anwendungsregel für Sicherheitsanforderungen an stationäre Batteriespeicher mit Lithi-
um-Ionen VDE-AR-E 2510-50 erfüllt. Das Konzept erleichtert die üblichen Abstimmungen mit Sachversicherern und Feuerwehren und schützt somit auch vor Folgeinvestitionen.
Hohe Leistungsdichte mit weniger Chips
Auch Tesvolt hat im vergangenen Jahr einen nagelneuen modular aufgebauten Speicher für gewerbliche Anwendungen auf den Markt gebracht. Der Hochvoltspeicher TS-I HV 80 ist nicht nur eine Solarbatterie, sondern beinhaltet gleich einen Wechselrichter. Damit taugt er auch zur Nachrüstung in einem bestehenden Solarsystem. Ein eigenes Energiemanagement sorgt dafür, dass er sowohl zur Eigenverbrauchsoptimierung als auch zur Lastspitzenkappung genutzt werden kann.
Tesvolt wird auf der diesjährigen EES noch eine ganz neue Speicherreihe vorstellen. Diese wird eine höhere Energiedichte haben und soll nach Angaben des Herstellers noch wirtschaftlicher sein. Zudem hat Tesvolt beim Design dieser Speicher auf einen geringeren Einsatz von Chips geachtet, was beim derzeitigen Mangel ein wichtiger Schritt ist.
Flexibilität eingebaut
Die nachträgliche Erweiterung und volle Flexibilität hat auch Huawei (B3.310) in seinen ersten eigenen Speicher integriert. Dieser basiert auf einem Leistungsteil und einem Speicherblock mit fünf Kilowattstunden Kapazität. In dieser Konfiguration ist er für das Eigenheim gedacht. Doch ein Leistungsteil kann drei Speicherblöcke betreiben. Insgesamt sind so in Kaskade mit drei Wechselrichtern eine Gesamtkapazität von bis zu 30 Kilowattstunden und einer Leistung von 30 Kilowatt möglich. Das ist für einen kleineren Gewerbebetrieb oder ein Mehrfamilienhaus ausreichend.
Ein Energieoptimierer sorgt für Flexibilität. Denn dieser steuert jeden einzelnen Speicherblock komplett autark von den anderen. Auf diese Weise können nachträglich nagelneue Batterieblocks mit bereits vorhandenen kombiniert werden. So kann der Speicher abgestimmt auf die Anforderungen im Gebäude seine Dienste für das Energiesystem der Zukunft leisten.