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Stabilität fürs System

Sven Ullrich

In den kommenden zwei Jahren könnte die installierte Kapazität von Speichern mit einer Anschlussleistung von einem Megawatt um sieben Gigawattstunden zulegen. Derzeit sind 1,8 Gigawattstunden installiert. Dies geht aus einer Marktanalyse von Enervis im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) hervor.

Dies ist eine beeindruckende Wachstumsaussicht, die dringend notwendig ist. „Aktuell gehen die Studien und Projektionen wie Langfristszenarien, der Netzentwicklungsplan oder die Kraftwerksstrategie nur von sehr geringen Speicherkapazitäten aus. Nur so können dann auch Szenarien mit fossilen Kraftwerken bis hin zu Kernkraft- oder Fusionskraftwerken verfangen“, kritisiert Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon. „Die Zukunft wird aber eine andere sein, das Energiesystem wird zum weit überwiegenden Teil aus Solar- und Windstrom sowie Speichern und Energiemanagement geprägt sein.“

Er hat als Sprecher der Fachgruppe Stromspeicher im BSW-Solar die Analyse angestoßen. Denn es sei wichtig zu zeigen, wie viele und wie große Speicher schon bald im Energiesystem seien. „Persönlich sehe ich die Nachfrage noch deutlich höher als das Ergebnis der Studie. Eine Befragung der Übertragungsnetzbetreiber hat eine kumulierte angefragte Großspeicheranschlussleistung von über 160 Gigawatt ergeben“, sagt Feilmeier.

Großspeicher rechnen sich

Der Fenecon-Chef bezieht sich hier auf eine Umfrage durch das Portal Montel News. Doch die befragten Übertragungsnetzbetreiber sind skeptisch, ob diese Menge tatsächlich umgesetzt wird. „Tatsache ist, dass diese Speicher momentan zunächst meist nur angekündigt werden, aber noch nicht unbedingt im Bau sind“, sagt Hans Urban, Speicherexperte und Berater bei Eco Stor. „Investoren achten natürlich bei solch großen Projekten sehr genau darauf, wie sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entwickeln, ehe sie zum tatsächlichen Spatenstich schreiten. Viele Firmen versuchen momentan, sich solche Projektchancen zu sichern, haben aber oft selbst gar keine Realisierungsabsichten.“

7 Gigawatt Leistung an neuen Großspeicherkapazitäten sind bisher schon angekündigt.

Dennoch stimmen die Zahlen verhalten optimistisch. „Großspeicher rechnen sich aktuell sehr gut. Die Geschäftsmodelle sind vorhanden“, erklärt Maximilian Münnicke, Vertriebsleiter Smart PV und Speicher bei Huawei Fusion Solar. „Es mangelt aber insbesondere noch an Genehmigungen, Netzanschlüssen, Montagefirmen und klaren und geregelten Finanzierungsstrukturen. Wer dies vorweisen kann, wird erfolgreich sein“, prognostiziert er.

Hybride haben Vorteile

Zudem ist der reine Netzspeicher auch nur ein Teil der Kapazitäten an Großspeichern. „Zusätzlich ist zu erwarten, dass Speicher zusammen mit erneuerbaren Energien errichtet werden, als sogenannte Co-located oder Full-Hybrid-Projekte. Dies hängt damit zusammen, dass Netzanschlusskapazitäten zunehmend knapp werden und der Preis- und Kostendruck steigt“, weiß Oliver Felthaus, Vertriebsleiter Energiehandel bei Baywa RE Energy Trading. Denn solche Hybride haben einige Vorteile, wie die geteilte Investition am Netzverknüpfungspunkt, wie Christian Arnold, der für das operative Deutschlandgeschäft bei Juwi zuständig ist, betont.

Ein Wachstum solcher Kombinationen sieht auch Sarah Scharfen, bei Intilion für die Geschäftsentwicklung zuständig. „Durch die Veränderung der regulatorischen Rahmenbedingungen im Paragrafen 51 Absatz 1 EEG 2023 wächst die Nachfrage nach großen Speichern aus diesem Bereich“, sagt sie. „Ein Speicher stellt hier ein zusätzliches, absicherndes Geschäftsmodell dar.“

Speicher verbessern Netzqualität

In diesem Paragrafen ist die Streichung der Vergütung bei negativen Preisen an der Strombörse geregelt. Dieses Risiko kann der Speicher minimieren. „Aktuell ist der Hybridkraftwerksbetrieb aber ohne Innovationsausschreibung rechtlich und regulatorisch komplex und die Geschäftsmodellentwicklung noch aufwendig. Stand-alone-Renewable- und Batteriespeicherprojekte sind regulatorisch und netzanschlusstechnisch einfacher“, sagt Max Münnicke.

Allein in Kombination mit Solar- oder Windkraftanlage sind die Speicher noch nicht wirtschaftlich. Jaroslaw Smialek, Leiter Projektentwicklung bei Belectric, sieht für die Zukunft ein gemischtes Modell aus Regelenergiemarkt, Arbitragehandel und Kapazitätsmarkt. „Die Probleme der Netzüberlastung und der Netzqualität können optimal durch die hohe Flexibilität der Großbatteriespeicher gelöst werden“, sagt er. „Wenn diese flexiblen Eigenschaften durch entsprechende Regularien ermöglicht werden, ergibt sich ein profitables Geschäftsmodell, von dem am Ende sowohl Netzbetreiber als auch Endkunden durch niedrigere Strompreise profitieren werden.“

161 Gigawatt Speicherleistung sind bei den Übertragungsnetzbetreibern in Form von Anschlussanfragen bereits avisiert.

Welches Geschäftsmodell für einen Großspeicher passend ist, hänge von verschiedenen Faktoren ab, sagt Robert Lademann, Leiter des Innovationsmanagements bei IBC Solar. „Dabei ist eine individuelle, projektspezifische Bewertung notwendig, da die Anwendung den technischen Aufbau bestimmt und sich somit an die jeweilige Vermarktungsform anpasst“, sagt er.

Fünf Jahre weiteres Wachstum

Die grundsätzlichen technischen Voraussetzungen seien aber immer die gleichen, weiß Speicherexperte Hans Urban, Firma Eco Stor. „Man braucht eine ausreichende Netz­anschlussleistung, die in beiden Richtungen – am besten symmetrisch – belastbar ist“, erklärt er. Unterschiede liegen beim Verhältnis von Speicherkapazität zur Leistung. Dieses hänge vom geplanten Geschäftsmodell ab, auf das hin die Anlage optimiert werde, sagt Hans Urban.

Derzeit finanzieren sich die Großspeicher aber vor allem über das Arbitragegeschäft, weiß Malte Schön, Vertriebsexperte bei Tesvolt. „Regelenergie bedarf einer Präqualifizierung beim Übertragungsnetzbetreiber, die auch Kosten verursacht und ab einer Leistung von einem Megawatt möglich ist“, sagt er. „Daher ist es sinnvoll, erst ab einer gewissen Größe sowohl Arbitragehandel als auch Regelenergie anzubieten. Unsere Empfehlung, auch mit Blick auf den Return on Invest, ist die Größenordnung ab etwa zwei Megawatt.“ Er geht davon aus, dass der Markt aufgrund der verschiedenen Geschäftsmodelle in den nächsten fünf Jahren weiter zulegen und sich danach stabilisieren wird.

Damit diese eigentlich guten Marktaussichten auch in die Realität umgesetzt werden können, sind aber noch die passenden Regularien notwendig. „Der Speicher sollte auf allen Märkten partizipieren können. Die Wirtschaftlichkeit von Großspeichern kann auch der aktuell viel diskutierte Baukostenzuschuss gefährden, dessen Höhe je nach Standort variiert“, sagt Oliver Felthaus von Baywa RE Energy Trading.

Diesen Baukostenzuschuss kritisiert auch Christian Arnold von Juwi. „Zudem brauchen die Speicher bessere Finanzierungskonditionen und vor allem die Entwicklung von Standardmesskonzepten für die Kombination mit Solar- und Windkraftanlagen am gleichen Netzverknüpfungspunkt durch die Bundesnetzagentur“, zählt er weitere wichtige Punkte auf, an denen es noch mangelt.

Persönlich sehe ich die Nachfrage noch deutlich höher. Eine aktuelle direkte Befragung nur der Übertragungsnetzbetreiber hat eine kumulierte angefragte Großspeicheranschlussleistung von über 160 Gigawatt ergeben.

Franz-Josef Feilmeier, Fenecon

Foto: Sebastian Buff

Welches Geschäftsmodell für einen Großspeicher passend ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Robert Lademann, IBC Solar

Foto: Jonas Nefzger

Da bei Netzspeichern auch ein Strombezug aus dem Netz möglich ist, lassen sich diese Speichersysteme leichter optimieren und vermarkten.

Oliver Felthaus, Baywa RE Energy Trading

Foto: Intilion

Der Speicher wird parallel am Spot- und Regelenergiemarkt vermarktet und kann darüber Erlöse generieren.

Sarah Scharfen, Intilion

Foto: Tesvolt

Es ist sinnvoll, erst ab einer gewissen Größe sowohl Arbitrage­handel als auch Regel­energie anzubieten.

Malte Schön, Tesvolt

Foto: Hans Urban

Man braucht eine ausreichende Netzanschlussleistung, die in beiden Richtungen – am besten symmetrisch – belastbar ist.

Hans Urban, Eco Stor

Foto: Jorg Hermann

Es mangelt insbesondere an Genehmigungen, Netzanschlüssen, Montagefirmen und klaren und geregelten Finanzierungsstrukturen.

Maximilian Münnicke, Huawei Fusion Solar

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