CO2 lässt sich auch im Flugverkehr sparen.Foto: Lufthansa
ERNEUERBARE ENERGIEN: In welchem Zusammenhang wurden die Untersuchungen durchgeführt?
Arne Gröngröft: Die Studie erfolgte als Auftragsarbeit im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Burnfair-Projektes der Deutschen Lufthansa. Sie wurde gemeinsam mit dem Bauhaus Luftfahrt (BHL) und dem Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der TU Hamburg-Harburg durchgeführt.
Welche Chancen sehen Sie, dass der Flugverkehr seinen CO2-Ausstoß reduziert?
Die Fluggastzahlen nehmen zu und die Möglichkeiten zur Reduktion des Kraftstoffbedarfs sind begrenzt. Daher bleibt der Branche, neben Effizienzsteigerungen im Flugbetrieb, in erster Linie die Substitution von Kerosin durch erneuerbare Kraftstoffe. In welchem Maße der Einsatz von Biokerosin einen Beitrag zur Emissionsminderung leisten kann, hängt dabei stark von der eingesetzten Biomasse und dem Konversionsverfahren ab.
Wie sehen die selbst auferlegten CO2-Reduktionsziele der Flugwirtschaft konkret aus?
Klar ist, dass sich die „International Air Transport Association“(IATA)-Mitglieder sehr ehrgeizige Ziele gesetzt haben: Ab 2020 soll das Wachstum CO2-neutral sein und 2050 nur noch 50 Prozent des Kohlendioxids von 2005 emittiert werden. Dazu sind noch erhebliche Anstrengungen notwendig.
Sind Sie von einer bestimmten Bedarfsmenge an Biokerosin ausgegangen?
In der Studie wurde nicht von einer konkreten Bedarfsmenge ausgegangen. Unsere Projektpartner vom Bauhaus Luftfahrt haben sich aber die Potenzialseite angesehen. Es wurde eine erste, auf Auswertung von georeferenzierten Datensätzen basierende Analyse der geeigneten und gleichzeitig verfügbaren globalen Anbauflächen für die betrachteten Rohstoffe Jatropha und Plantagenholz durchgeführt. Flächen, die zur Produktion von Nahrungsmitteln benötigt werden sowie bewaldete oder anderweitig biodiverse und schützenswerte Flächen, wurden von der Betrachtung ausgeschlossen.
Würde Plantagenholz den Kerosinbedarf decken können?
Arne GröngröftFoto: DBFZ
Die vorläufige Abschätzung ergab für Plantagenholz ein sehr hohes theoretisches Biomassepotenzial, welches für den unwahrscheinlichen Fall einer ausschließlichen Nutzung zur Biokerosinproduktion den derzeitigen Kraftstoffbedarf der kommerziellen Luftfahrt durchaus decken könnte. Dabei muss beachtet werden, dass ein solches theoretisches Potenzial keine direkte Aussage bezüglich der realen Verfügbarkeit erlaubt. Es bildet vielmehr die physikalische Grenze einer energetischen Biomassenutzung ab, ohne real-ökonomische Aspekte wie Verluste oder Preis- und Marktentwicklungen zu berücksichtigen.
Was war das Ziel der Untersuchung? Warum gerade die beiden Techniken?
Ziel der Studie war es, sowohl kurzfristig verfügbare Technologien zu betrachten als auch solche, die mittelfristig vielversprechend, aber noch nicht marktreif sind. Dazu wurde zu Projektbeginn im Jahre 2011 ein umfangreiches Screening unter allen uns damals bekannten Alternativen zur Biokerosinproduktion gemacht. Als unmittelbar verfügbare Technologie wurde die Hydroprozessierung von Jatrophaöl, kurz Hefa-Kerosin, betrachtet. Als Technologie im Entwicklungsstadium wurde die thermische Vergasung von Plantagenholz mit anschließender Fischer-Tropsch-Synthese, kurz FT-Kerosin, untersucht. Wir haben für beide Konversionsverfahren am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) mithilfe von Fließschemasimulation detaillierte Massen- und Energiebilanzen berechnet.
Wie weit sind Sie in die Herstellungskette vorgedrungen? Haben Sie die Anbauart kritisch beleuchtet, iLuc, also indirect land use change, Transportwege?
Das Öl der Jatropha-Pflanze als Kerosinbasis.Foto: Lufthansa
Neben den Konversionsverfahren war eine Analyse zu Biomasseanbau und -logistik für die durchzuführende ökologische und ökonomische Bewertung erforderlich. Daher wurde speziell die Agronomie des Jatrophaanbaus durch das IUE, das Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der Technischen Universität Hamburg, detailliert untersucht. Exemplarisch wurden Anbau und typische Transportwege von der Plantage bis zum Flughafen analysiert, um so den Einfluss unterschiedlicher Standorte weltweit abzuleiten. In begrenztem Umfang konnten eigene Erhebungen durchgeführt werden. Ansonsten stützt sich die Analyse weitgehend auf die Auswertung von Literatur. Eine Berücksichtigung indirekter Effekte wie iLUC oder spezifische soziale Wirkungen im Anbauland waren allerdings aufgrund der dazu notwendigen komplexen Modelle nicht möglich.
Wo hatten Sie die besten ökologischen und ökonomischen Ergebnisse?
Wir haben die Treibhausgasemissionen und weitere ökologische Kenngrößen berechnet, die entlang der gesamten Produktionskette entstehen. Aufgrund des vergleichsweise emissionsarmen Holzanbaus ließen sich demnach mit BTL-Kerosin aus Plantagenholz im Vergleich zu konventionellem Jet A-1 höhere THG-Minderungen erreichen als mit Hefa-Kerosin aus Jatrophaöl. Im Gegensatz dazu liegen die am IUE berechneten Kerosingestehungskosten für alle betrachteten Produktionsszenarien deutlich oberhalb des Marktpreises ihres fossilen Pendants. Die niedrigsten Gestehungskosten ergaben sich dabei für Hefa-Kerosin. Hier haben allerdings die Rohstoffkosten einen deutlich größeren Anteil in der Kostenstruktur als bei BTL-Kerosin. Entscheidenden Einfluss haben daher die Produktionskosten für das Jatrophaöl, welches im Vergleich zu anderen Pflanzenölen noch sehr teuer in der Herstellung ist. Dies ist allerdings als eine Momentaufnahme zu verstehen, da Jatropha bisher kaum als Kulturpflanze genutzt wurde. Die Studie zeigt insofern auch auf, dass Verbesserungen beim Jatrophaanbau erforderlich sind, um Wirtschaftlichkeit zu erreichen.
Wann und wo werden die vollständigen Ergebnisse vorgestellt?
Die Veröffentlichung wird Ende Januar als Bestandteil des Burnfair-Abschlussberichtes der Lufthansa erfolgen. Das genaue Datum wird noch mit den restlichen Fair-Mitgliedern abgestimmt. (Nicole Weinhold)
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