Rita Schwarzelühr-Sutter, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, hat heute auf der 23. BBH-Energiekonferenz am Berliner Gendarmenmarkt in ihrem Vortrag den Fokus auf Deutschland gerichtet. Sie stellt fest: „Wer nur über die Kosten der Energiewende spricht, der vergisst den Nutzen.“ Die Ausgaben seien letztlich Investitionen, das Guthaben sei der Nutzen. "Jeder Forderung nach Veränderung wird mit Skepsis begegnet", merkt sie an. Aktuell sei das im Zusammenhang mit dem Klimaschutzplan 2050 zu beobachten. Das will sie nicht so stehen lassen und erklärt: Der Plan biete auch Chancen. Das Klimaschutzabkommen von Paris ist längst offenkundige Notwendigkeit, weil die Erderwärmung weit fortgeschritten ist. Ziel sei eine Erwärmung um weniger als 1,5 Grad Celsius. „Das schaffen wir nur mit Dekarbonisierung“, so die Staatssekretärin zur Erinnerung für all diejenigen, die vergessen haben, worum es vor allem in der Energiewendepolitik geht. Europa werde voraussichtlich bis 2020 nicht nur 20 Prozent CO2-Reduktion schaffen, sondern sogar 25 Prozent, prognostiziert sie.
Was Deutschland angeht, so sieht Schwarzelühr-Sutter nicht nur Klima-, sondern auch wirtschaftliche Erfolge durch die Energiewende. „Investitionen in den Klimaschutz rechnen sich für Unternehmen – Deutsche Firmen sind mit diesen Themen im Ausland sehr erfolgreich“, erklärt sie. Ein volkswirtschaftlicher Gewinn sei zudem auch die Einsparung von Öl, Kohle und Gas durch erneuerbare Energien. 30 Milliarden Euro seien allein 2014 an fossilen Energieträgern eingespart worden. In Deutschland sei es zudem gelungen, den Primärenergieverbrauch und das Bruttoinlandsprodukt zu entkoppeln. Wachstum und Beschäftigung sind also bei gleichzeitigem Energiesparen möglich.
Schwarzelühr-Sutter verweist auf die AfD, die den Klimawandel komplett leugnet: „Damit löst man keine Probleme, sondern man muss den Weg gemeinsam wagen.“ Ein Anfang sei hier in jedem Fall gemacht. Deutschland vermeide durch erneuerbare Energien über 180 Millionen Tonnen CO2 jährlich. Die Technologieentwicklung im Bereich erneuerbare Energien ist in ihren Augen eine der besten Entwicklungshilfen, die Deutschland je unternommen hat. „So können sich auch Schwellen- und Entwicklungsländer diese Technologie leisten.“ In Paris sei die Entscheidung gefallen, zehn Milliarden US-Dollar in Afrika für den Aufbau erneuerbare Energien bereitzustellen. Es sei doch besser, fügt sie an, auf Wind und Sonne zu setzen, als in Afrika kleine Atomkraftwerke zu bauen. Dieser Plan geistert seit einiger Zeit durch das atomfreundliche EU-Brüssel.
Bezüglich des deutschen Klimaschutzplans 2050 sagt Schwarzelühr-Sutter, er müsse fortgeschrieben werden, biete dann aber die Chance der Modernisierung für die Volkswirtschaft. Gefunden werden müssten Geschäftsmodelle für die Zeit, wenn der Strom an der Börse günstig ist. Ein wichtiger Aspekt wird dabei die Vernetzung der Sektoren. Wärme und Verkehr müssen nach ihrer Ansicht stark elektrifiziert werden, um Strom aus erneuerbaren Energien nutzen zu können. Deshalb sind die Regenerativenergien ein Wachstumsmarkt für sie. „Langfristig sind deutlich höhere Wachstumsmengen nötig.“ Gleichzeitig spricht sich die Staatssekretärin für eine Reduzierung der Kohleverstromung aus. „Wichtig ist, dass wir einen Konsens beim Kohleausstieg haben – nicht wann.“ Die Meinung teilen Klimaschützer allerdings nicht. In den vergangenen Wochen wurde von vielen Seiten bemängelt, dass der Klimaschutzplan 2050 keinen Kohleausstiegsplan vorgibt. (Nicole Weinhold)