Fenecon hat mit dem Home 20 & 30 einen Speicher speziell für Mehrfamilienhäuser, Gewerbe und Landwirtschaft vorgestellt. Heißt das, dass die Nachfrage in diesem Segment anzieht?
Wir haben zum einen beobachtet, dass Photovoltaikdachanlagen selbst bei Einfamilienhäusern mit Garage häufig über die klassischen zehn bis 15 Kilowatt an Solarleistung hinausgehen und größere Hybridwechselrichterleistungen notwendig machen. Zum anderen brauchen Haushalte diese höhere Leistung auch in der Entladung wenn eine oder mehrere Wallboxen und eine Wärmepumpe zusammenkommen. Also geht das Einsatzgebiet dieser neuen Speicherserie bereits im Einfamilienhaussegment los und adressiert daneben die vielen Betriebe in Landwirtschaft und Kleingewerbe. Im Mehrfamilienhaussegment bauen wir auf die Vereinfachung durch die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung und auch bei kleinen Ladeparks bei Arbeitgebern ist das System die richtige Lösung. Dass wir damit den Marktbedarf getroffen haben, sehen wir am überraschend hohen Auftragseingang.
Worin unterscheiden sich Speicher für Mehrfamilienhäuser und Gewerbe jeweils in der Anwendung – schließlich müssen sie teilweise andere Anforderungen im Wohn- und Gewerbesegment erfüllen?
Die Übergänge in den Anwendungen werden mehr und mehr fließend. So waren Gewerbespeichersysteme immer schon über die Leistung in Be- und Entladung und die Möglichkeit der Last- oder Einspeisespitzenkappung geprägt. Das kommt bei mehreren Ladepunkten auch im Mehrfamilienhaus mit dazu – also entweder bereits bei Inbetriebnahme oder dann sicherlich irgendwann während des Speicherlebens.
Wie werden diese Speicher dann an diese Anwendung angepasst?
Unsere klare Erkenntnis aus über 12 Jahren Stromspeichergeschäft in allen Segmenten ist, dass Speicher mit ihrem Energiemanagementsystem die Energiereise des Kunden mit allen kommenden Herausforderungen meisten können müssen. Daher müssen zukunftsfähige Speichersysteme eine Offenheit und Herstellerunabhängigkeit im Energiemanagement mitbringen und sollten auch in Leistung und Kapazität erweiterbar sein.
Die neuen Speicher von Fenecon haben 20 Prozent mehr Kapazität pro Batteriemodule. Wie haben Sie das erreicht?
Wir nutzen hier eine LFP-Pouch-Zelle, also Lithium-Eisenphosphattechnologie, mit gleicher Größe aber einigen zusätzlichen Wicklungen, die speziell für den Einsatz in stationären Hochvoltspeichern entwickelt wurde. Mit einem leicht größeren Modulgehäuse und einem geänderten Steckerdesign konnten wir die Energie pro Modul deutlich steigern. Zudem haben wir das System statisch auf bis zu 15 Module pro Turm ausgelegt, so dass ein Batterieturm bis zu 42 Kilowattstunden umfassen kann. Und selbst bei vier davon in Parallelschaltung mit dann 168 Kilowattstunden kann das Batteriesystem mit 0,8 C gefahren werden, so dass wir die Plattform künftig auch noch mit leistungsfähigeren Wechselrichtern als den aktuellen 20 beziehungsweise 30-Kilowatt-Systemen ausstatten werden.
Fenecon hat in diesem Jahr auch den Industrial L vorgestellt, einen Speicher, der mit Solarparks gekoppelt wird. Wie entwickelt sich die Nachfrage in diesem Segment?
Wir wussten zwar, dass wir mit den technischen Alleinstellungsmerkmalen und der hohen Effizienz ein sehr gutes Produkt zu einem attraktiven Preis geschaffen hatten und haben uns dann auch sehr über den Gewinn des EES-Awards gefreut. Dass die Nachfrage in diesem ja sehr neuen Marktsegment dann aber so steil nach oben schießt hat uns dann durchaus herausgefordert, da wir bisher in einem kleinen Werk produzieren und erst jetzt in unser neues, deutlich größeres Werk umziehen. Die Nachfrage in diesem Segment steigt dabei weiterhin massiv.
Woran liegt das?
Das liegt insbesondere auch daran, dass die Vermarktungspartner, also die Energieunternehmen, mit ihren virtuellen Kraftwerken und dem Betrieb der Speicher anhand der Preissignale an der Strombörse, sehr attraktive Konditionen erzielen. Dies ermöglicht eine schnelle Amortisation der Speicher. Gemäß unserer Vision von ‚Einem Speicher und einem Energiemanagement an jedem Netzanschluss‘ erwarten wir, dass in den kommenden 15 Jahren alle Solarparks mit Speichern ausgestattet werden, entweder schon während der EEG-Laufzeit als Co-Location-Systeme mit eigener Vermarktung oder danach zur zeitversetzten Einspeisung.
Sind diese Großspeicher ‚von der Stange‘ oder werden sie speziell für jede Anwendung konfiguriert?
Bei den Absatzmengen, die wir mit dieser Plattform bedienen wollen, ist eine individuelle Konfiguration der Hardware nicht mehr möglich. Wohl aber natürlich die Individualisierung über die Software des Energiemanagements. Wir haben zwar in unserer Historie verschiedene individuelle Großspeicherprojekte umsetzen dürfen. Wir sehen aber, dass das erwartete Wachstum nur mit günstigen und großskalierten Produkten beziehungsweise Hardwareplattformen von der Stange machbar ist.
Warum nutzen Sie bei diesen Speichern neue Fahrzeugbatterien und nicht normale Batteriezellen?
Ich habe mit der öffentlichen Äußerung folgender Aussage lange gezögert – bin mir mit Blick auf die Angebots- und Nachfrageseite von Fahrzeug- und Energiemarkt jetzt aber umso sicherer damit: Wir sehen ehrlicherweise künftig kaum mehr einen Markt für neu produzierte Stationärbatterien für den Großspeichermarkt.
Warum?
Dafür muss man wissen, dass der Elektrofahrzeugmarkt um Dimensionen größer ist als der Stationärspeichermarkt. Denken Sie nur an das Produktionsvolumen von 500 oder sogar 1.000 Elektrofahrzeugen pro Tag pro Hersteller oder manchmal schon pro Produktionswerk mit den jeweiligen Kapazitäten in den Fahrzeugen. Selbst die prozentual geringen Mengen an Überkapazitäten, Modellwechselüberschüssen, Testfahrzeugbatterien, B1-Ware mit optischen Mängeln und andere wird bereits bei den neuen Batterien so viel Menge bereitstellen, dass der gesamte deutsche Großspeichermarkt das kaum aufsaugen können wird, geschweige denn wenn dazu auch noch die Second-Life-Batterien irgendwann dazukommen. Wir würden also keine Batteriezellen neu nur für stationäre Großspeicher produzieren lassen oder dafür Speicherlösungen entwickeln, das hielte ich für unternehmerisch riskant. Selbst die großen Asiaten tun sich im Großspeichermarkt schon schwer im Vergleich zu den mit Elektrofahrzeugbatterien erreichbaren technischen Vorteilen und Preispunkten.
Das gilt aber nur für Großspeicher?
Ja. Diese Aussage gilt explizit nicht für Heimspeicherbatterien. Der große Vorteil der einfachen Verwendung der Elektrofahrzeugbatterien in entsprechenden Outdoor-Großspeicherplattformen würde hier nicht zum Tragen kommen. Es wären verschiedene Umbaumaßnahmen und zusätzliche Komponenten notwendig. Das würde den Einsatz von Fahrzeugbatterien in diesem Segment weitgehend unwirtschaftlich machen.
Fenecon nutzt ein offenes Energiemanagement – Open EMS. Warum machen Sie das Energiemanagement offen, welche Vorteile hat das?
Aus der Zukunft einer 100-Prozent-Energiegewendeten Welt heraus betrachtet kann es nur mit Softwareplattformen funktionieren, die offen für alle Hardwarehersteller, Energieversorger und neue Anwendungen sind. Daher haben wir für uns frühzeitig beschlossen, komplett in eine offene Softwarewelt zu gehen und diese aktiv mitzugestalten. Dass geschlossene, herstellereigene Lösungen mit den dann schnell begrenzten Entwicklungskapazitäten und hohen Kosten schnell an ihre Grenzen kommen, wenn Anlagenbetreiber im Laufe des Speicherlebens ihr System um intelligente Anwendungen erweitern wollen, bringt dem Open-EMS-Trägerverein gerade starken Zulauf.
Die Fragen stellte Sven Ullrich.
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