Nicole Weinhold
Sie sagen, es gäbe nicht genug Speicher, um die volatile Windkraft zu speichern. Gleichzeitig fehlt der Anreiz, wenn zum Beispiel für Power-to-Gas-Anlagen die volle EEG-Umlage fällig wird, während energieintensive Unternehmen davon befreit sind. Wo ist der Anreiz für Speicher?
Speicher sind nur eine von mehreren Flexibilitätsoptionen für den zeitlichen Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Strom. Dazu zählen auch flexible konventionelle Kraftwerke, flexibler Verbrauch sowie der Austausch mit dem Ausland. Die kostengünstigste Option ist jedoch der Netzausbau für den räumlichen Ausgleich. Auf absehbare Zeit stellen uns diese Optionen genügend Flexibilitätspotenzial zur Verfügung.
Speicher stehen mit den anderen Optionen im gegenseitigen Wettbewerb. Daher entscheidet in erster Linie der Markt darüber, welche Option gezogen wird. Speicher müssen also für den Nachfrager im Markt technologisch oder kostenseitig das Mittel der Wahl sein.
Klar ist aber: Auch wenn es derzeit in erster Linie um den Ausbau der Netze geht, um den Strom erst einmal zu den Verbrauchern zu bringen, müssen wir die Speicherfrage mit Hochdruck angehen. Hier gibt der Koalitionsvertrag die Richtung vor. Mit einer stärkeren Marktorientierung der erneuerbaren Energien werden Investitionen in Speichertechnologien und intelligente Vermarktungskonzepte für Investoren und Betreiber lukrativ. Zudem werden auch weiterhin Forschungs- und Fördermittel bereitgestellt. Gerade die Wasserstofftechnologie soll explizit gestärkt werden. Und es ist vereinbart, ein Fraunhofer-Institut für Speichertechnologien einzurichten. Die Entwicklung von Speichertechnologien hat die Bundesregierung aktuell im Rahmen der Förderinitiative Energiespeicher gefördert. Künftig geschieht dies über das Energieforschungsprogramm.
Speicher werden übrigens auch im EEG bevorteilt, obwohl „Speicher“ grundsätzlich keine gesonderte Kategorie sind, sondern Erzeuger oder Letztverbraucher. „Power to X“-Anlagen sind für das Stromnetz Letztverbraucher. Trotzdem haben wir Regelungen die Speicher unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber Letztverbrauchern besserstellen. So sind Power-to-Gas Anlagen 20 Jahre von „Netzentgelten Strom“ auch ohne Rückspeisung in dasselbe Netz sowie von den Netzentgelten für die Einspeisung ins Gasnetz befreit.
Auch bei der EEG-Umlage werden Speicher günstiger gestellt. Stromlieferung an Speicher, egal ob elektrisch, chemisch, mechanisch oder physikalisch mit Zweck Zwischenspeicherung sind von der Umlage befreit. Das gilt allerdings nur dann, wenn eine Wiedereinspeisung von Strom in das Netz stattfindet oder bei Erzeugung von Speichergas, das in das Erdgasnetz eingespeist wird, wenn anschließend eine Rückverstromung und Einspeisung in das Stromnetz stattfindet.
Wann und wie kommen die Sonderausschreibungen? Bedeuten die Jobs weniger als die in der Kohlewirtschaft, an denen die Regierung so hängt?
Dass die Sonderausschreibungen schnell kommen, ist auch aus Gründen des Klimaschutzes wichtig. Es macht aber keinen Sinn Anlagen dort aufzustellen, wo der Strom nicht verbraucht oder nicht abtransportiert werden kann. Die Anlagen hätten für die Stromversorgung keinen Nutzen und würden die Stromkunden unnötig belasten. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Sonderausschreibungen für die Anlagen nicht in Netzausbaugebieten erfolgen sollen. Ich hoffe auch im Sinne der Klimapolitik sehr, dass wir mit dem Koalitionspartner bald zu einer Einigung auf dieser Grundlage kommen.
Wie kann es sein, dass fossile Heizkessel nach wie vor subventioniert werden?
Um den Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmemarkt zu beschleunigen, gibt es seitens der Bundesregierung das Marktanreizprogramm (MAP). Mit diesem Programm werden Fördermittel für sogenannte Öko- oder Umweltheizungen vergeben. Hier geht es um modernste Techniken.
Aber fossile Heizungen sind heute immer noch weit verbreitet. Gerade deshalb ist es unter Klimaschutzaspekten richtig, Optimierungspotentiale auszuschöpfen. Das kann mit Modernisierungen oder auch mit der Anschaffung einer neuen effizienteren Anlage erreicht werden. Diese Potenziale dürfen wir nicht vernachlässigen. Es handelt sich hier nicht um eine Subventionierung, sondern um die Unterstützung der Bürger für Investitionen in effizientere, klimafreundlichere Technik.
Sollte die Automobilindustrie schmutzige Diesel mit Hardware umrüsten? Warum war während des gesamten Prozesses von US-Seite viel mehr Druck auf VW als von unserer Regierung? Ist der Politik die Industrie näher als der Bürger, der unter der Luftverschmutzung leidet?
Unsere Ziele sind klar: Wir können die Dieselbesitzer nicht allein lassen. Wir wollen Fahrverbote in den Innenstädten vermeiden. Wir wollen, dass die Automobilhersteller ihren Teil der Verantwortung tragen und wir stehen zur Automobilindustrie und den Beschäftigten in unserem Land. Allerdings sollte die Branche insgesamt verbraucherorientierter auftreten. Das gilt vor allem für die Hersteller, denen Abgasmanipulationen zur Last gelegt werden.
Dabei darf die Frage der Abgasmanipulationen nicht mit der Frage von Fahrverboten vermengt werden. Fahrverbote können auch rechtmäßig zugelassene Dieselfahrzeuge treffen. Anders als bei manipulierten Motoren, ist es bei zugelassenen und ordnungsgemäß betriebenen Motorentypen nicht möglich, die Hersteller nachträglich zur Nachbesserung zu verpflichten. Aber diese Fahrzeuge haben auch ihren Anteil an den Grenzwertüberschreitungen. Das macht die Antwort unter anderem so schwierig und deshalb war es richtig, dass sich die Regierung Zeit genommen hat, um einen Lösungsvorschlag im Sinne der Fahrzeugbesitzer zu entwickeln. Dabei war es vor allem wichtig, Fahrverbote zu vermeiden. Schaut man sich das am 2. Oktober 2018 durch die Bundesregierung vorgestellte Maßnahmenprogramm an, dann sieht man, dass die Autohersteller sehr wohl in die Pflicht genommen sind und ihren Teil der Maßnahmen auch finanzieren sollen; bei zugelassenen Fahrzeugen durch freiwillige Maßnahmen, wie die Nachrüstung oder Umtauschprämien.