Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Geothermie

Risse im Image

"Nai hämmer gsait“ (Nein haben wir gesagt) – der Slogan der Bürgerbewegung, die in den 1970er-Jahren das Aus für ein damals im südbadischen Wyhl geplantes Kernkraftwerk durchsetzte, könnte sich bald auch gegen Geothermiekraftwerke richten. Das makellose Bild der einst mit viel Vorschusslorbeeren bedachten, erneuerbaren Energieform hat in den letzten Jahren Risse bekommen. Der Wendepunkt war im Dezember 2006, als beim Basler Geothermieprojekt durch das Verpressen von Wasser unter hohem Druck ein Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala ausgelöst wurde. Das Beben verursachte eine Vielzahl von Gebäudeschäden und zog rund 6,5 Millionen Euro Entschädigungszahlungen nach sich. Selbst wenn man unterstellt, dass sehr kulant entschädigt wurde und nicht alle Schäden wirklich auf die Erdstöße zurückzuführen waren, war dies für das Image der Geothermie ein Super-GAU.  Ein Jahr später kam es dann in der rund 50 Kilometer nördlich von Basel gelegenen Kleinstadt Staufen zu einer Erdhebung, die bis heute über 200 Häuser im historischen Zentrum beschädigte. Bei den Erschließungsarbeiten für eine Erdwärmesonde war Grundwasser aus einer wasserführenden Schicht in eine ebenfalls unter der Stadt liegende Gipskeuperschicht eingedrungen, die sich seitdem ausdehnt wie ein Hefeteig. „Eine Stadt zerreißt“ titelte der Spiegel im November 2008. Die Bohrtiefe hatte zwar nur 140 Meter betragen, aber in der öffentlichen (und veröffentlichten) Meinung war es oft schlicht „die Geothermie“, welche die wahrscheinlich über 200 Millionen Euro teure Katastrophe ausgelöst hatte. 

Für das Basler Geothermieprojekt be­deutete das Erdbeben das Aus: Einer unter Federführung des Engineeringunternehmens Q-con GmbH erstellte Risikostudie zeigte, dass bei weiterem Ausbau der Anlage mit Beben bis zu einer Magnitude von 4,5 zu rechnen wäre – dies erschien im dicht besiedelten Metropolenraum Basel nicht akzeptabel. Basel liegt am südlichen Ende des Oberrheingrabens, dem Grabenbruch, der neben der bayerischen Molasse und dem norddeutschen Becken eigentlich die besten geologischen Verhältnisse für Tiefengeothermie in Deutschland bietet. Ein weiteres Beben mit der Magnitude 2,7 am Geothermiestandort Landau, weiter nördlich am Oberrhein gelegen, hat die Diskussion über die Sicherheit der Geothermie weiter angeheizt. Doch sind die Risiken tatsächlich so schwerwiegend? Schließlich sind gerade im Oberrheingraben natürliche Erdbeben auf Grund der geologischen Situation mit Magnituden zwischen 3 und 3,5 keine Seltenheit und verursachen in der Regel auch keine oder nur geringe Schäden. Die Diskussion dieser Frage bildete einen der Schwerpunkte auf der 6. Internationalen Geothermiekonferenz, die am 19. und 20. Mai in Freiburg im Breisgau stattfand.

Nicht ohne Vorerkundungen


Auch wenn die grundsätzlichen Vorgänge bei seismischen Ereignissen im Untergrund schon lange bekannt sind, ist die Übertragung zwischen verschiedenen Standorten schwierig, da die geologischen Bedingungen an jedem Standort andere sind. Bisher ist man zudem davon ausgegangen, dass es vor allem bei petrothermalen Systemen im Zusammenhang mit „hydraulischer Stimulation“ (Verpressen von Wasser unter hohem Druck, um bestehende Klüfte und Risse im Gestein zu öffnen) zu seismischen Ereignissen kommen kann. Die Ereignisse in Landau zeigen jedoch, dass auch bei einem eigentlich hydro­thermalen Projekt durch das Reinjizieren von Thermalwasser ebenfalls seismische Ereignisse ausgelöst werden können. Um mögliche Bewegungsflächen für Gesteine und somit dann auch eventuelle seismische Ereignisse an kritischen Projektstandorten zu quantifizieren, sind deshalb eingehende Bodenuntersuchungen im Vorfeld (3D-Seismiken) ratsam. Darüber hinaus empfiehlt Stefan Baisch, Mitautor der seismologischen Risikostudie für Basel, bei tiefengeothermischen Systemen grundsätzlich eine seismologische Beob­achtung über ein entsprechendes Mess­stellennetz während der gesamten Bauund Betriebsphase. „Das Auftreten induzierter Seismizität folgt einfachen Gesetzmäßigkeiten“, erläutert Baisch. Auf Basis von Simulationen ließe sich deshalb ein „Ampelsystem“ installieren, das bei Überschreitung eines Magnitude-Schwellenwerts die Anlage zurückfährt, bevor es zu größeren Erdstößen kommen kann.

Um Ereignisse und Standorte besser vergleichen und bewerten zu können, sind zudem weitere Forschungen nötig. Ein Beispiel hierfür ist das aktuelle Forschungsprogramm MAGS („Konzepte zur Begrenzung der mikroseismischen Aktivität bei der energetischen Nutzung geothermischer Systeme im tiefen Untergrund“), das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Auftrag des Bundesumweltministeriums durchgeführt wird. Teilziele von MAGS sind: 1. Genaue Messung und Charakterisierung der Seismizität an deutschen Tiefengeothermiestandorten, 2. Gefährdungsabschätzung im Vergleich zu natürlichen Erdbeben am selben Standort, 3. Entwicklung von Strategien zur Vermeidung spürbarer Seismizität und 4. Besseres Verständnis der Prozesse fluid­induzierter seismischer Ereignisse.

Christian Bönnemann, Geophysiker und Fachbereichsleiter bei der BGR, stellt das Problem in einen größeren Zusammenhang, indem er weitere Ursachen für die so genannte „induzierte“ oder „getriggerte“ Seismizität nennt: Auch beim Bergbau oder der Befüllung von Staudämmen käme es häufig zu Beben der Stärke 2 bis 3, in Einzelfällen sogar weit darüber. „Im Ruhrgebiet hatten wir die Situation, dass die induzierte Seismizität in großem Umfang durch die Bevölkerung akzeptiert wurde – zum einen weil der Bergbau die wirtschaftliche Grundlage der ganzen Region darstellte, zum anderen weil Schäden schnell und effizient reguliert wurden.“

„Kommunikation ist alles“


Das Risikoempfinden und die Risikotole­ranz sind nun mal eine sehr subjektive Angelegenheit. Geothermie-Befürworter zitieren in diesem Zusammenhang auch gern Vergleiche mit einem vorbeifahrenden LKW oder dem Überschallknall eines Flugzeugs, die vergleichbare Erschütterungen und Geräusche verursachen wie ein Beben der Magnitude 3 und dennoch niemanden in Panik versetzen. Umso wichtiger ist es laut Christian Bönnemann, die Bevölkerung frühzeitig zu informieren und in ein Projekt einzubinden, denn davon hänge die Akzeptanz entscheidend ab: „Kommunikation ist alles.“ Genau daran hatte es in Basel und auch in Landau gemangelt, sodass die Bevölkerung von den – objektiv eigentlich nicht gefährlichen Ereignissen – völlig überrascht worden war.

Beim Geothermieprojekt GeneSys in Hannover (siehe Seite 71) hat man diese Erkenntnisse bereits in die Praxis umgesetzt, wie Bönnemann berichtet: Schon lange vor dem Projektbeginn sei regelmäßig zu Bürgerversammlungen eingeladen worden, auf denen jedermann seine Sorgen vortragen konnte. Zudem wurde ein seismologisches Monitoring-Netz aufgebaut, dessen Ergebnisse von jedermann im Internet eingesehen werden können, jede Bodenbewegung ist mit wenigen Minuten Verzögerung online einsehbar (www.genesys-hannover.de). In dieser Echtzeitverfügbarkeit sieht der BGR-Geophysiker keine technische Spielerei, sondern einen „wichtigen psychologischen Faktor“: Die Bürger könnten auf diese Weise selbst nachprüfen, dass kritische Daten nicht im Nachhinein manipuliert werden. Wichtig sei auch, „glaubhaft zu machen, dass mögliche Schäden erkannt und reguliert werden.“

„Ein Gefühl der Ohnmacht“


Die Erkenntnis, dass die Bevölkerung frühzeitig „mitgenommen“ werden muss, ist bei bisherigen Geothermieprojekten häufig vernachlässigt worden. Marcus Brian, der mit seiner Agentur Enerchange Initiatoren von Erneuerbare-Energie-Projekten in Sachen Öffentlichkeitsarbeit berät und zudem Organisator der Freiburger Geothermiekonferenz ist, macht dies am Beispiel Landau deutlich. Hier gab es im August 2009 einen Erdstoß der Stärke 2,7, der zwar kaum Schäden anrichtete, aber dennoch für große Verunsicherung in der Bevölkerung sorgte. „In Landau hatte man es anfänglich nicht für notwendig gehalten, umfassende Öffentlichkeitsarbeit zu machen, da die Geothermieanlage in einem Industriegebiet steht und zunächst von allen positiv aufgenommen wurde. Als dann Probleme auftraten, standen die Anwohner plötzlich einer fremden Technik gegenüber, die zudem laut und  undurchsichtig war. Durch fehlende Kommunikation entstand ein Gefühl der Ohnmacht.“

Die seismischen Ereignisse in Landau wurden möglicherweise durch ein zeitweiliges Abschalten der Reinjektionspumpen provoziert, die im Normalbetrieb das abgekühlte Thermalwasser in den Boden zurückpumpen. „Das könnte dazu geführt haben, dass sich Spannungen im Gestein entspannt haben“, wird der Leiter des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Geologie und Bergbau, Harald Ehses, im „Pfälzischen Merkur“ vom 25. August 2009 zitiert, das endgültige Gutachten einer Expertenkommission steht allerdings noch aus. Trotz dieses – potenziell riskanteren – stimulierten Betriebs war auf eine 3D-Seismik im Vorfeld des Projektes aus
Kostengründen verzichtet worden. Umso höher sind nun die Folgekosten durch die von dem rheinland-pfälzischen Landesamt für Geologie und Bergbau verfügten Sicherheitsauflagen: Die Versicherungssumme für Bergschäden musste auf 50 Millionen Euro aufgestockt und der maximale Reinjektionsdruck im Betrieb von 54 auf 45 Bar reduziert werden; sechs Schwingungsmessgeräte wurden im Stadtgebiet von Landau installiert, um Erdbebengeschädigten künftig die Beweisführung zu erleichtern.

Die oft mangelnde PR-Begleitung von Geothermieprojekten und das derzeit ramponierte Image der Geothermie in der Öffentlichkeit sieht Brian auch in den Strukturen der noch jungen Branche begründet: „Im Vergleich mit anderen EE-Branchen, insbesondere Wind und Solar, ist der Verband der Geothermiebranche finanziell und personell deutlich schlechter aufgestellt. Das schränkt natürlich die Möglichkeiten ein, aktive Öffentlichkeitsarbeit für die tiefe Geothermie zu machen.“ Es gebe zudem bisher nur sehr wenige Projekte, die „wirklich gut und zielstrebig, aber auch transparent entwickelt und durchgeführt“ würden – ausdrücklich lobt er hier das Projekt Unterhaching, bei dem die Bürger und Anlieger von Anfang an informiert und einbezogen worden seien, mit der Folge, dass das Projekt in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend positiv aufgenommen wurde. Dasselbe gelte beispielsweise für das aktuelle Geothermie-Projekt im Schweizer Kantonshauptort St. Gallen. Ähnlich wie beim Hannoveraner Projekt wurde auch dort ein eigenes Internetportal eingerichtet (www.geothermie.stadt.sg.ch). Brian empfiehlt den Projektierern deshalb, frühzeitig und regelmäßig zu informieren, und dem Verband, eine möglichst „offensive Diskussion“ über die Geothermie zu führen.

Dies habe man auch vor, sagt Stefan Dietrich, der für die Kommunikation beim Geothermie-Bundesverband GtV zuständig ist. Man bereite zur Zeit „einen Dialog über moderne Medien“ vor, mehr will er dazu noch nicht sagen. Die Hauptaufgabe der Kommunikation sieht er jedoch vor Ort, beim einzelnen Projekt: „Die Bundespolitik ist zur Geothermie grundsätzlich positiv eingestellt, verunsichert sind eher lokale Politiker.“ Es sei normal, dass es Bedenken gegen eine neue Technologie wie die Geothermie gebe, „aber wenn von Anfang an eine gute Kommunikation gemacht wird, kann man die Leute gewinnen“. Den kommunalen Projektbetreibern in Bayern gelinge das zum Beispiel sehr gut. Generell scheinen Projekte, die von einer Kommune oder einem Stadtwerk vorangetrieben werden, weniger Probleme mit der Akzeptanz zu haben, hat Dietrich beobachtet. Dies sei bei St. Gallen ebenso wie bei einigen bayerischen Projekten der Fall. „Private Projektentwickler kommen hingegen schnell in den Verdacht, auf Kosten der Bevölkerung Profite realisieren zu wollen.“ Positiv werde in der Regel auch aufgenommen, wenn eine Geothermieanlage vorrangig der lokalen Wärmeversorgung diene, erst recht dann, wenn sich in der Folge neue Betriebe als Wärmeabnehmer ansiedelten. Auch Marcus Brian ist der Überzeugung, dass Geothermieprojekte als „Bestandteil kommunaler Energiekonzepte“ besser akzeptiert werden.

„Im Vorfeld mehr informieren“


Wie sensibel das Thema Geothermie mittlerweile in der Oberrheinregion ist, hat kürzlich der regionale Energieversorger Badenova erkennen müssen. Seit dem Jahr 2007 plant das Unternehmen eine 3-MW-Anlage in der Nähe der am Rhein gelegenen 15.000-Einwohner-Stadt Breisach. Eine Machbarkeitsstudie hatte gezeigt, dass man in einer Bohrtiefe von 3200 Metern mit Thermalwasser mit einer Temperatur von 135 °C und einem Volumenstrom („Schüttung“) von 30 Litern/Sekunde rechnen könnte. „Wir haben eigentlich noch garnichts gemacht“, erzählt Projektleiter Martin Barnsteiner, „deshalb hielten wir eine Information der Bevölkerung zum damaligen Zeitpunkt nicht für nötig.“ Nur eine gravimetrische Messung wurde bereits durchgeführt, außerdem wurden die seismologischen Voruntersuchungen (3D-Seismiken) ausgeschrieben. Dies genügte offenbar, um in der Bevölkerung diffuse Ängste zu verbreiten, die sich später in Unmutsäußerungen und offenen Briefen Luft machen sollten.

Erst drei Jahre später, Anfang dieses Jahres, hat es dann zwei Informationsveranstaltungen im Gemeinde- und Ortschaftsrat der betroffenen Gemeinden gegeben, als es um die Genehmigung für die Durchführung der Seismiken ging. „Das war offenbar schon zu spät“, räumt Barnsteiner ein. „Wir hätten schon im Vorfeld mehr informieren müssen, zum Beispiel mit öffentlichen Veranstaltungen im Rathaus. Man darf das Informationsbedürfnis der Bevölkerung nicht unterschätzen.“ Einen Flyer zu den geplanten Seismiken hatte man bereits vorbereitet, aber nicht verteilt – denn es war ja noch nicht soweit. Dass viele Bürger über die Bedeutung der einzelnen Schritte eines solchen Projektes gar nicht im Bilde sind, hatte man dabei nicht bedacht. „Viele glaubten offenbar, dass wir mit der Genehmigung der Seismiken schon einen Freibrief für den Bau und Betrieb der Anlage hätten.“

Obwohl diese Genehmigung inzwischen vorliegt – die Verantwortlichen in den Anliegergemeinden hatten unter der Einschränkung, dass die Zustimmung „vorerst keine weiteren Zugeständnisse auf mögliche Bohrungen oder den Bau von Anlagen jeglicher Art“ bedeute, zugestimmt –, entschloss man sich bei Badenova, das Projekt erst einmal auf Eis zu legen. Man wolle es erst dann wieder aufzugreifen, wenn „der politische Wille in den Kommunen wirklich vorhanden ist“, erklärt Pressesprecher Robin Grey. Die seismologischen Untersuchungen sollen nun nach Angabe in einer Pressemitteilung vom 12. März 2010 mit dem Titel „Badenova nimmt die Sorgen der Bürger ernst“ frühestens 2012 oder 2013 beginnen. Breisach ist hinsichtlich Erdbeben zwar nicht vorbelastet wie Basel, das im Jahr 1356 bei einem großen Beben fast völlig zerstört wurde, dafür liegt der nicht erdbebensichere Uralt-Atommeiler Fessenheim gerade mal zehn Kilometer enfernt auf der französischen Rheinseite. Neben dieser nachvollziehbaren Sorge gebe es natürlich auch Befürchtungen, die auf „gefährlichem Halbwissen“ beruhen, wie es Badenova-Sprecher Grey ausdrückt, zum Beispiel der Verwechslung von Oberflächen- und Tiefengeothermie. „Wir wollen hier keine Verhältnisse wie in Staufen“, hätte man in Breisach hören können, dabei seien die Projekte in Staufen und Breisach „so unterschiedlich wie Photovoltaik und Solarthermie.“

„Gefährliches Halbwissen“


Die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung ist allerdings nur eines der Probleme, wie Robin Grey einräumt. Es sei auch noch garnicht sicher, ob das Projekt überhaupt wirtschaftlich darstellbar sei, zumal durch die zeitliche Verschiebung der „Frühstarter­bonus“ von 4 ct/kWh auf dem Spiel steht. Dieser wird zusätzlich zur EEG-Vergütung von 16 ct/kWh gewährt, wenn ein Kraftwerk bis zum 31. 12. 2015 am Netz ist. Für Robin Grey kein Thema: „Nur um die Förderung abzugreifen, werden wir als regional verankertes Unternehmen nicht unser Verhältnis zu den Kommunen zerrütten.“ Und Projektleiter Barnsteiner lässt durchblicken, dass eine Wiederaufnahme des Projekts eher unwahrscheinlich ist, weil ein rein hydrothermaler Betrieb bei der erwartbaren Temperatur und Schüttung sowieso an der Grenze der Rentabilität sei. Man habe deshalb ursprünglich eher an ein – wegen der höheren Temperaturen – rentableres petrothermales Kraftwerk gedacht, „das war aber vor Basel. Eine Genehmigung für eine HDR-Anlage würden wir heute nicht mehr durchkriegen.“ Zuguterletzt seien auch noch mögliche Investitionspartner abgesprungen, und alleine könne man solch ein Projekt sowieso nicht stemmen. Bessere Chancen auf Realisierung habe deshalb möglicherweise ein anderes Projekt 50 Kilometer rheinabwärts, in Neuried, wo bereits Seismiken vorliegen und die Akzeptanz in der Kommune und der Bevölkerung auch eher vorhanden sei – ansonsten konzentriere sich Badenova zur Zeit lieber auf den Ausbau von Biogasanlagen.

PR-Experte Marcus Brian hat zwar Verständnis dafür, dass Badenova das Projekt Breisach aus „Angst vor Imageverlust“ gestoppt hat, sieht darin aber auch ein „negatives Signal“ für den alles in allem wünschenswerten Ausbau der Tiefengeothermie. Allerdings hätten auch einige Bürgerinitiativen eine Mitschuld an der verfahrenen Situation: Sie verhielten sich teilweise „schizophren“. Der Weg in eine dezentrale, nachhaltige und regene­rative Energieversorgung führe eben unweigerlich dazu, dass die Energieerzeugung in die Gemeinden zurückkehre und es dabei auch zu gewissen Beinträchtigungen kommen könne – sei es durch Baumaßnahmen oder den Betrieb. „Wer das nicht will, muss große, zentralisierte Kohleblöcke und Atomkraftwerke akzeptieren.“ Was die Breisacher Geothermie-Skeptiker angeht, so scheint ihr „Nai“ zur Geothermie allerdings kein endgültiges zu sein: „Am besten wäre es, wenn Badenova das Ganze um zehn Jahre verschiebt, bis dahin wären bereits vorhandene Anlagen anderswo länger im Betrieb und man könnte hier von den Erfahrungen profitieren“, heißt es in einem offenen Brief der Initiative. Auf das Eintreffen solch positiver Signale hofft auch Stefan Dietrich vom Branchenverband GtV: „Wir brauchen endlich mal wieder ein erfolgreiches Projekt.“