Doch das Leistungsspektrum reicht längst weit über das einer klassischen internationalen Spedition hinaus. Zu den größten Wachstumsmotoren der Unternehmensgruppe gehört derzeit die Wind energiebranche. Mit maßgeschneiderten Logistiklösungen hat sich das mittelständische Familienunternehmen hier ein neues Geschäftsfeld aufgebaut. Ein zweistelliger Millionenbetrag wurde dafür investiert, insgesamt wurden 50 neue Arbeitsplätze geschaffen.
„Nach dem sehr guten Einstieg in die Windenergiebranche möchten wir unsere Position in dem neuen Geschäftsfeld langfristig ausbauen. Damit werben wir auch für den hervorragenden Standort Brunsbüttel, an dem alle Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasser zusammenlaufen“, erklärt Inhaber Friedrich A. Kruse das Engagement seines Unternehmens auf der HUSUM Wind 2017, die mit der WindEnergy in Hamburg zu den weltgrößten Windenergie-Messen gehört. Für einen führenden Windkraftanlagenhersteller betreibt die Firma mittlerweile an fünf Standorten im Stadtgebiet von Brunsbüttel Hallen- und Außenlager mit einer Gesamtfl äche von zusammen rund 34.000 Quadratmetern. Von hier aus versorgt Kruse für das Unternehmen weltweit alle Servicestandorte mit Wartungsmaterial und Ersatzteilen. Von der Bremsscheibe über den 16 Tonnen schweren Generator bis zum 32 Tonnen schweren Getriebe – mehr als 8.000 verschiedene Artikel liegen für die Just-in-time-Belieferung parat.
„Wir sorgen dafür, dass die richtigen Teile zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind – und das weltweit“, beschreibt Logistik-Chef Harald Ertel die Herausforderungen. Dabei profi tiert das Unternehmen von jahrzehntelangen Erfahrungen mit Logistikkonzepten für die Chemie-Industrie. Nach der Übernahme der Otto Behrens Lagerhäuser GmbH amp; Co. KG hat das Unternehmen auf dem rund 25.000 Quadratmeter großen Areal am Nord-Ostsee-Kanal zusätzliche Lagerfl ächen geschaff en; zudem stehen am Stammsitz Erweiterungsfl ächen bereit.
Windkraftgeschäft stärker als erwartet
Der Elbefähre Brunsbüttel–Cuxhaven kommt bei der Versorgung des wichtigsten Kunden eine besondere Rolle zu. „Innerhalb von acht Stunden nach Bestellung sind wir mit dem richtigen Bauteil in der Produktion“, erklärt Ertel. Die Trailer und Container gehen als unbegleiteter Verkehr per Schiff über die Elbe, werden in Cuxhaven von den eigenen Fahrzeugen der Spedition Kruse übernommen und weiter nach Bremerhaven transportiert. Um die SAP-gestützte Produktionsversorgung jederzeit sicherzustellen, sind auch Mitarbeiter von Kruse in der Produktion des Windkraftanlagenherstellers beschäftigt. „Die Zusammenarbeit mit unserem Großkunden hat sich deutlich stärker entwickelt, als wir uns das vorgestellt haben“, sagt Ertel.
Im Aufwind befi ndet sich derzeit auch die Kruse Energy Services amp; Logistics (ESL) GmbH, eine Tochtergesellschaft der Unternehmensgruppe, die seit vier Jahren innovative Verpackungstechnologien auf dem deutschen Markt anbietet. Die sogenannte Schrumpff olie, die sich den jeweiligen Bauteilen beim Verpacken wie eine zweite Haut anpasst, wird unter anderem als Produktschutz bei Komponenten von Windkraftanlagen verwendet. „In den Niederlanden und Großbritannien ist das Verfahren längst Standard“, sagt Bernd Heesch, Mitglied der Kruse-Geschäftsleitung. In Deutschland sei die Technik mit ihren breit gefächerten Anwendungsmöglichkeiten dagegen noch Neuland. Die zertifizierte, scher entflammbare Spezialfolie aus PE-Kunststoff , die nach Gebrauch recycelt wird, ist in unterschiedlichen Stärken erhältlich. Vermehrt eingesetzt wird die reißfeste Schrumpff olie auch für hocheffi ziente Gerüsteinhausungen bei Partnern aus Bau, Gewerbe und Industrie.
„Werden noch ganz andere Logistikkonzepte sehen“
Mit seinem Eintritt ins Familienunternehmen leitete Friedrich A. Kruse 1984 den Wandel von einer reinen Spedition zum Logistik profi ein. Ist der Weg zum Dienstleister für die boomende Windenergiebranche die logische Folge?
» Harald Ertel: Als mittelständisches Unternehmen haben wir erkannt, dass in dem Geschäftsbereich ein enormes Potenzial steckt – und in diesem Wissen mit maßgeschneiderten Logistiklösungen konsequent ein neues Tätigkeitsfeld für die Windenergiebranche entwickelt. Damit haben wir einerseits die bestehenden Arbeitsplätze gesichert, andererseits zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.
Einen zweistelligen Millionenbetrag hat die F.A. Kruse jun. Unternehmensgruppe unter anderem in den Ausbau der Lagerflächen investiert. Rechnet sich das?
» Bernd Heesch: Für das Unternehmen ist das ganz klar eine Investition in die Zukunft. Die Entwicklung von automatisierten Systemen in der Windenergiebranche hat doch gerade erst begonnen. Für die Hersteller bietet die externe Vergabe der Logistik die Chance, ihre Kosten zu senken. Wir werden künftig ganz andere Konzepte in der Lagerhaltung und im Ersatzteilmanagement sehen – ähnlich denen der Autoindustrie. Als Logistikexperten mit jahrzehntelanger Erfahrung für die Industrie wollen und werden wir unseren Teil dazu beitragen.
Dazu gehört, dass Sie bei Ihrem größten Kunden – einem Windkraftanlagenhersteller in Bremerhaven – eigene Mitarbeiter beschäftigen?
» Harald Ertel: Richtig. Nur so können wir sicherstellen, unsere eigenen Abläufe ständig weiter zu optimieren. Das gilt auch für unser Zentrallager in Brunsbüttel. Die Versorgung weltweit aller Servicestandorte mit Ersatzteilen und Wartungsmaterial ist eine große Herausforderung. Daher ist der Anteil an Handarbeit in diesem Logistikbereich entsprechend hoch, die Qualität und das Engagement der Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg der komplexen Logistikprozesse. Ein Beispiel: Da weltweit Baustellen zu beliefern sind, müssen – entsprechend den jeweiligen Landesvorschriften – etwa 50 verschiedene Feuerlöschsysteme zugeordnet werden. Da darf man keine Fehler machen.
Mit der Kruse Energy Services amp; Logistics GmbH bieten Sie auch innovative Verpackungstechnologien an. Wie passt das zusammen?
» Bernd Heesch: Hervorragend. Mit unserer sogenannten Schrumpffolie haben wir auf dem deutschen Markt ein Alleinstellungsmerkmal beim Produktschutz. Die Spezialfolie wird erhitzt, schrumpft beim Abkühlen und legt sich wie eine zweite Haut über die jeweiligen Bauteile. Wir verpacken Maschinenhäuser und Komponenten von Windenergieanlagen. Diese hocheffiziente und vor allem sichere Verpackungslösung zum Schutz der sensiblen Bauteile wissen unsere Kunden aus der Windenergiebranche zu schätzen.
Nach Insolvenz hat im Mai die neu gegründete Elb-Link-Fährgesellschaft wieder den Betrieb zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven aufgenommen. Welche Rolle spielt die Elbefähre für Ihr Unternehmen?
» Harald Ertel: Für uns als Logistikdienstleister ist die Fährverbindung zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen naturgemäß von großer Bedeutung, vor allem für die Just-in-time-Belieferung der Windkraftanlagenhersteller in Bremerhaven. Der Standort Brunsbüttel ist damit nun auch geografisch wieder ins Zentrum der Windenergie-Logistik gerückt.