Über 40 Verbände und Organisationen in Deutschland fordern, die energetische Gebäudesanierung steuerlich anzureizen. In einem offenen Brief an die Wirtschaftsminister der Bundesländer kritisieren sie, dass die steuerlichen Fördermöglichkeiten zwar immer wieder diskutiert werden und sogar im Vertrag der großen Koalition zu finden sind. Doch bisher wurde nicht zur Umsetzung getan.
Die Bundesregierung scheint das Instrument immer wieder auf die lange Bank zu schieben, auch wenn in Person von Horst Seehofer inzwischen sogar die CSU diesem Unterstützungsinstrument offen gegenüber steht. Immerhin war es die bayerische Partei, die den ersten Anlauf einer steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung torpediert hat. Doch „das absehbare Verfehlen der Energie- und Klimaziele für 2020 ist nicht verwunderlich, wenn angekündigte Vorhaben nicht umgesetzt werden“, schreiben die Verbände in ihrem offenen Brief an die Wirtschaftsminister. „Eine Maßnahme, über die so breiter Konsens besteht wie die Steuerförderung für Gebäudesanierungen, duldet keinen weiteren Aufschub.“
Der Bundesrat ist gefordert
Deshalb fordern die Verbände die Wirtschaftsminister der Bundesländer auf, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu starten. „Mit Ankündigungspolitik muss endlich Schluss sein. Wer Klimaschutz ernst meint, muss jetzt handeln! Über Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit besteht längst Konsens. Kaum ein Klimaschutzinstrument genießt bei Verbrauchern und Unternehmern so hohe Sympathiewerte und verspricht eine so leichte CO2-Vermeidung“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar). Der Branchenverband der Solarwirtschaft ist neben beispielsweise der Allianz BIPV,
der Bundesarchitektenkammer, dem Bunde der Energieverbraucher, dem Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle, dem Bundesverband Wärmepumpe, dem Verband der Wohnungswirtschaft Haus und Grund, dem Bundesverband der Gebäudeenergieberater und vielen anderen Unterzeichner des offenen Briefes.
Sie betonen, dass vor allem der Bestand endlich energetisch auf den neusten Stand gebracht werden muss, sei es mit Hilfe höherer Effizienzwerte oder durch die energetische Aktivierung der Gebäudehülle, wenn die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele einhalten will. Aber ohne steuerlichen Anreiz bleibt die Sanierungsrat in Deutschland auf zu niedrigem Niveau. „Mit Hilfe von Steuervorteilen beispielsweise für Solarheizungen ließe sich der Modernisierungsstau in deutschen Heizungskellern endlich auflösen“, betont Carsten Körnig vom BSW Solar.
Energiewende im Gebäude wird zum Konjunkturmotor
Körnig sieht hier aber nicht nur ein Instrument der reinen Förderung. Auch wirtschafts- und finanzpolitisch seien die Steueranreize nach seiner vernünftig. „Denn die Energiewende im Wärmesektor kann zum Konjunkturmotor werden und macht Deutschland unabhängiger von Energieimporten“, erklärt er. „Bleiben wirksame Klimaschutzinstrumente im Gebäudesektor weiter aus, drohen Deutschland hingegen aufgrund internationaler Verpflichtungen und Klimaschäden schon bald Strafzahlungen und Kosten in Milliardenhöhe.“
Schließlich sind die Gebäude ein Hebel, um die Treibhausgasemissionen schnell zu senken. Denn mehr als ein Drittel des Endenergiebedarfs in Deutschland entfällt auf Gebäude. Doch der Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmesektor dümpelt derzeit bei gerade einmal rund 14 Prozent herum und stagnierte in den letzten Jahren weitgehend. Auch die energetische Aktivierung der Gebäude kommt nicht vorwärts, weil die entsprechenden Anreize und Anforderungen fehlen.