ERNEUERBARE ENERGIEN: Lohnt es sich heute überhaupt noch, in erneuerbare Energien zu investieren, wo die EEG-Vergütung absehbar weiter abgesenkt oder ganz abgeschafft wird?
Stefan Sewckow: Besonders mit Blick auf PV ist es heute recht schwierig, weil die Erlöse aus dem Marktumfeld nicht ausreichen, um in größere Anlagen zu investieren. Dadurch dass große Freiflächenanlagen nicht mehr über das EEG gefördert werden, lassen sich dort keine Projekte mehr realisieren, weil sich durch die niedrigen Börsenpreise keine Wirtschaftlichkeit mehr erzielen lässt.
In Spanien wird Wirtschaftlichkeit durch Direktvermarktung von Freiflächensolaranlagen angestrebt.
Wir sind selbst oft kontaktiert worden, entsprechende Geschäftsmodelle für Deutschland zu entwickeln. Aber alle Großprojekte hierzulande sind meiner Ansicht nach eingefroren worden, da wie bereits erwähnt die Börsenpreise derzeit keine Investition in neue Anlagen zulassen. Um ein Projekt realisieren zu können, braucht der Investor derzeit einen Betrag von ca. zehn bis elf Cent je Kilowattstunde Peak PV Leistung. Aufgrund der geringen Börsenpreise und weiteren erheblichen stattlichen Belastungen ist der daraus resultierende Vertriebspreis im Endkundenmarkt nicht zu erzielen.
Wie sieht das Trianel-Portfolio an Regenerativstrom derzeit aus?
Trianel als Stadtwerke-Kooperation kommt historisch aus dem Stromhandel. Das derzeitige regenerative Portfolio, das von Trianel im Rahmen der Direktvermarktung bewirtschaftet wird, umfasst etwa 2800 Megawatt an Windleistung und weitere 200 Megawatt an PV und Biogasanlagen. Trianel investiert zudem selbst in den Offshore-Windpark vor Borkum und in verschiedene Onshore-Windprojekte. Wir betreiben somit am Ende unserer derzeitigen Projektplanung ca. 350 MW eigene Anlagen.
Ist Direktvermarktung ein Wirtschaftsmodell, das funktioniert?
Ja. Ich glaube, dass gerade die Einführung des Fernsteuerungsbonus im EEG maßgeblich dazu beitragen wird, die Integration in den Energiemarkt zu fördern. Was ist vorher passiert? Thema Einspeisevorrang. Da haben die Anlagen munter produziert, obwohl vielleicht überhaupt keine Nachfrage vorhanden war und der Preisverfall an der Strombörse war viel größer. Durch die Einführung des Fernsteuerungsbonus ist es jetzt möglich, die Anlagen runter zu regeln, wenn Sie überhaupt keine Nachfrage haben. Das stützt die Strombörsenpreise, reduziert die EEG-Umlagekosten und führt zu einer Erhöhung der Akzeptanz. Von daher sind wir absolute Verfechter des Marktprämienmodells und der Direktvermarktung, insbesondere in Kombination mit dem Fernsteuerungsbonus. 2014 wird der Bonus von einem auf 1,50 Euro angehoben. Das wird dazu führen, dass auch kleinere Anlagen umgerüstet werden. In Deutschland sind wahrscheinlich inzwischen 50 bis 60 Prozent der Anlagen steuerbar. Bei kleineren Anlagen lohnen sich die Investitionen oft nicht. Pro Megawattstunde Anlagenkapazität und bei 2000 Volllaststunden im Jahr und einem Euro Vergütung kann man sich das einfach ausrechnen. Da haben Sie 2.000 Euro pro Megawatt-Anlagenkapazität. Davon müssen Sie die Investition in die Technik refinanzieren. Bei einer 300-Kilowatt-Anlage kriegen sie so etwa rund 700 Euro Fernsteuerbarkeitsbonus. Wenn die Technik 2000 Euro kosten soll, dann scheuen einige einfach die Investition.
Einige ältere Anlagen lassen sich gar nicht umrüsten. Aber am Ende ist das nur ein Bruchteil der Leistung die sich im Netz befindet. Das hat keinen Einfluss auf die Netzstabilität.
Das ist richtig. Jetzt haben wir über 15.000 MW am Netz, die steuerbar sind. Das ist ein riesiger Schritt. Das war vor zwei Jahren, als wir noch im EEG ohne jegliche Marktanreize waren, ein undenkbarer Schritt. Von daher hat das Marktprämienmodell und Direktvermarktung hier ganz maßgebliche Schritte geleistet, auch wenn nicht alles perfekt ist.
Was ist denn nicht perfekt?
Dass wir so niedrige Strompreise haben, zeigt auch, dass wir nach wie vor gewisse Probleme haben, erneuerbare und konventionelle gemeinsam vollständig in den Markt zu integrieren. Hierist es zwingend notwendig einen weiteren Schritt zu gehen, um die Integration fluktuierender Energien durch ein Zusammenwirken mit konventioneller Erzeugung und ausreichend Pumpspeicherkapazitäten zu sichern. Das ganze Thema einer stärker marktorientierten Zubausteuerung bei den erneuerbaren Energien ist ein Thema, das man bei einer Reform des EEGs angegangen werden sollte. Derzeit haben wir keine effiziente Steuerung des Zubaus.
Ausbau der Erneuerbaren also auf Regionen beschränken, in denen auch die Nachfrage ist?
Und dort wo die Netze sind. Den Ausbau der Netze außerdem an die regionalen Ausbaupläne der Erneuerbaren zu knüpfen. Und auf der anderen Seite eine Überförderung der ertragsschwachen Standorte zu verhindern. Das Gespräch führte Nicole Weinhold. Wie die Abregelung in der Direktvermarktung funktioniert, erklärt Stefan Sewckow in der November-Ausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN im Print.