Deutschland ist weit davon entfernt, sich selbst mit Energie versorgen zu können. Nur 30 Prozent der verbrauchten Energie werden im Land hergestellt. Darauf weist jetzt die Agentur für erneuerbare Energien (AEE) hin. Demnach haben sich seit dem Ende des zweiten Golfkriegs die deutschen Rohöleinfuhren auf 2,5 Milliarden Tonnen summiert. In den letzten 25 Jahren ist die Abhängigkeit um acht Prozent auf 70 Prozent gestiegen. Das liege vor allem an Sprit und Diesel schluckenden Fahrzeugen, aber auch an Millionen Ölheizungen in deutschen Kellern, sagt AEE-Geschäftsführer Philipp Vohrer. Durch den niedrigen Ölpreis und staatliche Förderung habe der Absatz von Ölheizungen im vergangenen Jahr sogar wieder zugelegt. Der Kraftstoffabsatz habe sich ebenfalls erhöht - durch den vermehrten Absatz von Diesel. „Wer heute trotz erneuerbarer Alternativen noch in fossile Energien investiert, muss wissen, dass er damit auf Jahrzehnte hinaus nicht nur Umwelt und Klima schädigt, sondern auch der Instabilität in Krisenregionen Vorschub leistet. Wir brauchen deshalb eine rasche und nachhaltige Energiewende auch im Wärme- und Transportsektor“, betont Vohrer.
Rohöl aus Nahost
Woher kommt das Rohöl, das die Basis für unseren Sprit stellt? Syrien war laut AEE bis 2011 und damit bis zum Ausbruch des dortigen Bürgerkrieges wichtigster Rohöllieferant Deutschlands im Nahen Osten, noch vor Saudi-Arabien. Rund 100 Millionen Tonnen Rohöl ließ Deutschland sich seit Ende des zweiten Golfkrieges aus Syrien liefern, bevor die Importe 2012 abbrachen. Mit Abstand wichtigster deutscher Erdöllieferant ist Russland. Trotz Wirtschaftssanktionen wegen der Annektierung der Krim florieren Deutschlands Gas- und Ölimporte aus Russland. Von Januar bis November 2015 erhöhten sich Deutschlands Einfuhren an russischem Öl nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle um sieben Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die Agentur verweist zudem auf die Umweltprobleme, die durch fossile Energie ausgelöst werden. „Aus der Konfliktspirale von Kriegs-, Umwelt- und Klimaschäden, die auf fossile Energien zurückzuführen sind, können wir uns nur durch den konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien befreien. Das begreifen immer mehr Länder“, erklärt Vohrer. Laut Bloomberg New Energy Finance gibt es zwar auch einen Rekord von 329 Milliarden Dollar an Investitionen in erneuerbare Energien. Aber: Der Internationale Währungsfonds (IWF) und der IMW, der Internationale Monetary Fund bezifferten 2015 in einer Studie die Subventionen für fossile Energien im globalen Maßstab auf 5.300 Milliarden Dollar (4.683 Milliarden Euro) oder 6,5 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Diese Summe ist größer als die gesamten Ausgaben aller Regierungen der Welt für das Gesundheitssystem. Auf Deutschland entfallen laut IWF-Angaben knapp 56 Milliarden Dollar (50 Milliarden Euro) im Jahr 2015. „Damit stellen die Subventionen für fossile Energien die Förderung umweltfreundlicher erneuerbarer Energien weit in den Schatten“, betont Vohrer.
(Nicole Weinhold)