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Laden mit Plan

Sven Ullrich

Auch wenn die Elektromobilität derzeit etwas schwächelt, stellen immer mehr Unternehmen sukzessive ihre Firmenflotten auf elektronischen Antrieb um. Auch die Mitarbeiter kommen immer öfter mit dem Elektroboliden zur Arbeit. Für die Unternehmen ist das eine Steilvorlage, in die Ladeinfrastruktur zu investieren – zumal sie gerade in Zeiten des Fachkräftemangels attraktive Arbeitsplätze anbieten müssen.

Doch es stellen sich von Anfang an einige Fragen. Eine der wichtigsten ist: Wie viele Ladepunkte braucht das Unternehmen? Eine Antwort darauf gibt eine Studie, die das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) angefertigt hat. Die Forscher haben sich mit der zukünftigen Nutzung von Ladeinfrastruktur und dem gesteuerten Laden beschäftigt. Das Ziel sollte sein, nicht nur die passende Anzahl von Ladepunkten aufzubauen, sondern auch beim Laden Lastspitzen zu vermeiden und den Eigenverbrauch des eigenen Solarstroms zu erhöhen.

1,4 Millionen Elektroautos waren in Deutschland Ende 2023 zugelassen. Je mehr Mitarbeiter die Möglichkeit haben, ihren Boliden im Unternehmen aufzuladen, desto mehr entscheiden sich für den Umstieg auf die Elektromobilität.

Mitarbeiter laden im Unternehmen

Anhand eines Projekts in einem Unternehmen haben die Wissenschaftler das gesteuerte Laden durch­gespielt. Herzstück des Projekts ist eine solare Überdachung des Firmenparkplatzes mit einer Leistung von 310 Kilowatt. Um den Sonnenstrom besser nutzen zu können, hat das Unternehmen noch einen Speicher mit einem Volumen von 130 Kilowattstunden integriert. Zusätzlich sollte der Parkplatz mit Ladesäulen ausgestattet werden.

Um herauszufinden, wie sich die Nachfrage nach Lademöglichkeiten entwickelt, haben die Studienautoren zunächst die Mitarbeiter befragt. „Dabei hat sich herausgestellt, dass die Mitarbeiter offen gegenüber der Elektromobilität sind“, sagt Dennis Huschenhöfer, der am ZSW die Studie geleitet hat. So haben 70 Prozent der Mitarbeiter den Plan, in den nächsten Jahren ein Elektroauto zu kaufen, wenn der solare Carport im Unternehmen und Ladesäulen errichtet sind.

Spitzenlasten vermeiden

Denn viele Mitarbeiter haben kein Eigenheim mit Solaranlage, wo sie ihren eigenen Strom tanken können. Vielmehr würden 50 Prozent der Ladevorgänge in der Firma stattfinden. „Für den Unternehmer ist dies ein Rückschluss darauf, dass die Ladeinfrastruktur sehr schnell und sehr gut angenommen wird“, erklärt Dennis Huschenhöfer. „Auf Basis ­dessen haben wir dann Simulationen erstellt, wie die Ladesäulen ausgenutzt werden könnten.“

Dabei ist natürlich nicht nur der Blick auf die einzelnen Ladesäulen wichtig, sondern auch die zusätzliche Last, die dadurch am Netzanschlusspunkt anfällt. Hier hilft schon die Solaranlage über dem Parkplatz weiter.

70 Prozent der ­Mit­arbeiter in einem Unternehmen ­würden sich eher ein Elektro­auto anschaffen, wenn sie auf dem ­Firmenparkplatz laden können.

Gleichmäßig Autos laden

Doch die Spitzenlasten müssen anders vermieden werden. Dennis Huschenhöfer hat anhand eines exemplarischen Tages im Unternehmen während der Präsentation seiner Ergebnisse auf dem diesjährigen PV-Symposium in Bad Staffelstein gezeigt, was ein dynamisches Lastmanagement tatsächlich alles vermag.

Dabei hat er nicht auf einen gerade sonnenreichen Tag zurückgegriffen. Denn die größte Herausforderung besteht in den Übergangsjahreszeiten. Ein 19. November war dafür gerade richtig. „Die Photo­voltaikanlage reduziert den Bezug, aber nicht un­bedingt die Spitze“, beschreibt der Forscher die Ergebnisse. „Denn viele Unternehmen arbeiten ab sechs oder sieben Uhr. Dann werden die Produktions- und andere Anlagen wie die Lüftungsanlagen hochgefahren. Dies erzeugt eine Lastpitze.“

Netzanschluss nicht überlasten

Diese würde sich noch weiter erhöhen, wenn kurz vorher die Mitarbeiter auf den Parkplatz fahren und ihre E-Autos an die Ladesäule anschließen. Für den Netzanschlusspunkt könnte das kritisch werden. Dieser müsste dann entweder ausgebaut werden, was extrem teuer ist. Oder das Laden erfolgt nach Plan. Nicht jedes Auto fängt sofort an zu laden, sondern die Ladung erfolgt gleichmäßig über den Tag hinweg verteilt. Schließlich sind die meisten Mitarbeiter acht Stunden und mehr im Betrieb, so dass die Autos Zeit haben zu laden.

Die Ergebnisse zeigen deutlich die Vorteile des Lademanagements. Die Spitzenlast des untersuchten Unternehmens liegt aufgrund des Produktionsprozesses bei gut 150 Kilowatt. Das ungesteuerte Laden würde diese Spitze auf über 250 Kilowatt nach oben treiben, wenn nur zehn Elektroautos an einem Ladepunkt mit elf Kilowatt ungesteuert laden. Die Verteilung der Ladevorgänge begrenzt die Spitze auf etwa 20 Kilowatt – was immer noch mehr ist, als allein der Produktionsstart im Unternehmen braucht. Bei einer zusätzlichen Optimierung und der Abstimmung auf die Solarstromproduktion würde keine zusätzliche Anschlussleistung benötigt.

Denn dann fangen die Autos erst an zu laden, wenn die erste Lastspitze des Unternehmens vorüber ist. Zwar kommt es im Laufe des Tages dann immer wieder zu neuen Lastspitzen durch das Laden der Autos. Doch diese überschreitet zu keinem Zeitpunkt die Leistung, die das Unternehmen ohnehin für den Produktionsprozess braucht.

20 Kilowattstunden reichen

Zumal die Autos der Mitarbeiter am Ende des Arbeitstages nicht voll geladen sein müssen. „Denn ein Auto fährt in der Regel eine Stunde pro Tag. Das sind im Schnitt nicht mehr als 100 Kilometer – meist sogar weniger. Für diese Strecke braucht ein Elektro­auto nicht mehr als 20 Kilowattstunden Strom“, sagt Jürgen Baumgartner. Er ist Vertriebsleiter für E-Mobilitätslösungen beim österreichischen Leistungselektronikhersteller Fronius.

Nicht jedes Auto muss am Ende immer voll geladen sein. Das Lastmanagement weiß, wer wie viel Strom tatsächlich braucht.

Foto: Fronius International

Nicht jedes Auto muss am Ende immer voll geladen sein. Das Lastmanagement weiß, wer wie viel Strom tatsächlich braucht.

Fast 400 Autos laden

Das Unternehmen hat früh auch im eigenen Betrieb auf E-Mobilität gesetzt und sehr schnell gemerkt, dass der Netzanschluss aufgrund des steigenden Anteils der E-Autos an seine Grenzen stößt. Mangels einer brauchbaren Alternative am Markt hat der Anbieter mit Fronius Emil kurzerhand sein eigenes Lademanagementsystem entwickelt, das für Unternehmen geeignet ist. Inzwischen ist es marktreif und Fronius bietet die Lösung auch anderen Unternehmen an.

Der Anspruch bei der Entwicklung war, dass jeder Nutzer mit der Leistung lädt, die ihm auf Basis eines vorher festgelegten Profils zugeordnet wird, egal, an welcher Ladestation im Unternehmen er tankt. So bekommt ein Außendienstmitarbeiter, der schnell wieder einen vollen Autoakku braucht, eine höhere Ladeleistung zugeteilt als der Mitarbeiter in der Produktion, der ohnehin acht Stunden im Unternehmen ist. Diese Autos werden nur geladen, wenn es die Reserven am Netzanschlusspunkt erlauben.

Lade hat künstliche Intelligenz in sein Lademanagement integriert. Dadurch fließen jede Menge Prognosedaten ein.

Foto: Lade

Lade hat künstliche Intelligenz in sein Lademanagement integriert. Dadurch fließen jede Menge Prognosedaten ein.

Strom auf Wallboxen verteilen

Fronius sammelt schon seit vielen Jahren gute Erfahrungen mit seiner Lösung. Denn das Unternehmen am Standort im oberösterreichischen Wels hat einen Netzanschluss mit einer Leistung von 800 Kilowatt. Die Last im Unternehmen ist in den vergangenen Jahren aber ohnehin schon immer weiter gestiegen. Dazu kommen inzwischen mehr als 200 elektrische Firmenwagen und etwa 170 private Elektroautos, die jeden Tag an den Standorten von Fronius – Wels, Sattledt, Pettenbach, Thalheim und Steinhaus – laden wollen. „Bei einer Ladeleistung von elf Kilowatt kommt da einiges zusammen“, erklärt Baumgartner. Dazu hat das Unternehmen inzwischen 200 Wallboxen und vier DC-Schnelllader installiert, an denen jeden Tag etwa neun Megawattstunden geladen werden. Das bedeutet, dass jedes Auto im Schnitt täglich 18 Kilowattstunden lädt – manche mehr, manche weniger.

Die KI hilft in Bezug auf das Lastmanagement, wenn viele Ladepunkte an leistungsschwache Netz­anschlüsse angeschlossen werden. Sie hilft dabei, die passende Portion an Energie, die jeder wirklich braucht, zu ermitteln.

Dennis Schulmeyer, Geschäftsführer von Lade

Bei einer Leistung von elf Kilowatt pro Ladepunkt sind innerhalb von zwei Stunden diese 18 Kilowattstunden geladen. So können an einem durchschnittlichen Acht-Stunden-Arbeitstag an einem Ladepunkt vier Fahrzeuge getankt werden. Diese 18 Kilowattstunden pro Tag sind für die Mitarbeiter ausreichend, um nach Hause und am nächsten Tag wieder in die Firma zu kommen.

Die passende Portion Energie

Doch das dynamische Lastmanagement sorgt dafür, dass die Ladeleistung entsprechend verteilt wird und jedes Mitarbeiterauto sein Zwei-Stunden-Zeitfenster bekommt und weder Netzanschluss noch die Gebäudeelektrik überlastet werden. Dazu schaut sich Fronius Emil an, welche Nutzer an den jeweiligen Wallboxen hängen. Je nach Priorisierung wird dann der vorhandene Strom über die verbauten Smart Meter auf die Wallboxen so verteilt, dass die Leitung maximal ausgenutzt aber niemals über­beansprucht wird.

Dazu übermitteln die Smart Meter permanent die Anschluss- und Stromwerte in eine Cloud. Dort holt sich Fronius Emil die Daten ab und schickt wiederum Regelinformationen an die relevanten Wallboxen, die dann die Stromwerte auf Basis der Priorisierung einstellen, mit dem das jeweilige Auto geladen werden soll. Auf diese Weise kann Fronius Emil die gesamte Energieverteilung im Unternehmen nachbilden und sicherstellen, dass an keinem Verteiler die maximale Strombelastbarkeit überschritten wird.

Ein Auto fährt in der Regel eine Stunde pro Tag. Das sind im Schnitt nicht mehr als 100 Kilo­meter – meist sogar weniger. Für diese Strecke braucht ein Elektroauto nicht mehr als 20 Kilowattstunden Strom.

Jürgen Baumgartner, Vertriebsleiter ­E-Mobilität bei Fronius

Mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet Lade in seinem Lademanagement. Das Unternehmen aus Mainz erweitert das dynamische Lastmanagement um zusätzliche Prognosen nicht nur zur Solarstromproduktion, sondern auch über das Ladeverhalten der Nutzer. „Die KI hilft aber auch in Bezug auf das Lastmanagement, wenn viele Ladepunkte an leistungsschwache Netzanschlüsse angeschlossen werden“, erklärt Geschäftsführer Dennis Schulmeyer. „Sie hilft dabei, die passende Portion an Energie, die jeder wirklich braucht, zu ermitteln.“

Dazu arbeiten Machine-Learning-Modelle im Hinter­grund. Sie ermitteln zunächst den Strombedarf eines Fahrzeugs. „Die KI schaut sich die verschiedenen Gegebenheiten an: Wie oft und wann lädt ein bestimmtes Fahrzeug, wann fährt es weiter? Daraus versucht die KI ein Muster zu erkennen“, erklärt Dennis Schulmeyer, Geschäftsführer von Lade. „Im nächsten Schritt ist zu ermitteln, wie viel Energie das Auto braucht. Im besten Fall haben wir Zugriff auf den Ladezustand des Akkus, den SOC. Dann können wir noch genauer regeln.

Damit steht schon mal der Bedarf des Fahrzeugs fest. Der nächste Schritt ist dann die Bereitstellung der Energie. Dazu müssen wir das Angebot an Energie kennen. Für Photovoltaikstrom betrachten wir die Erzeugungsdaten der Wechselrichter vor Ort. Wir korrelieren diese mit Wetterdaten für den Standort“, erklärt Schulmeyer. „Bei der Nutzung von Netzstrom schauen wir uns wiederum in erster Linie die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien an.“

Eine KI im Lademanage­ment erhöht letztlich auch den Solarstromanteil in den Akkus.

Foto: Velka Botička

Eine KI im Lademanage­ment erhöht letztlich auch den Solarstromanteil in den Akkus.

Potenzial an Ökostrom prognostizieren

Dazu nutzt das Unternehmen ein eigenes Modell. Denn in der Regel sind die Wetter- und Stromproduktionsdaten für 24 Stunden im Voraus verfügbar. „Doch wir schauen auch auf die Wetterdaten mit den Stromerzeugungsdaten aus der Vergangenheit. Daraus ermitteln wir, wie viel Potenzial Deutschlands erneuerbare Energieerzeugung unter welchen Wetterbedingungen hatte“, erklärt der Lade-Chef. Anhand der aktuellen Wetterbedingungen kann daraus der tatsächliche Solarstrom vom Dach und der Ökostrom im Netz längerfristiger prognostiziert werden.

Aus diesen Daten ermittelt die KI einen Plan, wann das Auto geladen wird. Im Zentrum steht hier der Preis. Denn dieser ist am niedrigsten, wenn der eigene Solarstrom in den Autoakku fließt. Im Netz sind die geringen Strompreise zu erwarten, wenn viele erneuerbare Energien vorhanden sind. Wenn viele fossile Kraftwerke produzieren, steigt der Preis und das Laden wird so weit wie möglich verschoben. Die Prognosen aus der KI haben dabei den Vorteil, dass das System sehr genau weiß, wie sich der Preis in den nächsten Stunden entwickeln wird und wie weit das Laden hinausgezögert werden kann, sodass der Elektromobilist am Ende den Strom im Akku hat, den er braucht.

Der Administrator weist dem Mitarbeiter ein bestimmtes Ladeprofil zu.

Foto: Fronius International

Der Administrator weist dem Mitarbeiter ein bestimmtes Ladeprofil zu.

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