Nicole Weinhold
Wie lässt sich der CO2-Ausstoß im Innenstadtverkehr reduzieren?
Regine Günther: Dafür ist ein Bündel von Maßnahmen erforderlich. Im Grunde geht es aber stets um die Reduzierung von Kraftfahrzeugen mit Benzin-, Diesel oder Gasantrieb in der Stadt: Fossile Antriebe müssen schnellstmöglich ersetzt werden. Wir haben daher in Berlin unter anderem begonnen, die rund 1.500 Fahrzeuge starke Bus-Flotte der BVG bis 2030 komplett auf Elektromobilität umzustellen.
Wie soll es mit dem Fahrradverkehr weiter gehen?
Regine Günther: Wir bauen den öffentlichen Nahverkehr und die Radinfrastruktur in den nächsten Jahren so massiv aus, dass für immer mehr Menschen der Umstieg vom Verbrenner-Auto auf die klimaschonenden Alternativen des Umweltverbundes, also den Bahn-, Bus-, Rad- und auch den Fußverkehr, attraktiv wird. Wir schaffen Schritt für Schritt eine flächendeckende, öffentliche Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Berlin, damit niemand, der auf E-Mobility umsteigen will, sich die Frage stellen muss, ob er sein Auto in der Nähe laden kann. Das Ziel sind mehr als 1100 Ladesäulen auf öffentlichem Straßenland bis Mitte 2020. In der Innenstadt soll es dann alle 400 Meter einen Ladepunkt geben.
Wie lässt sich der Automobilverkehr dort reduzieren?
Regine Günther: Das Wichtigste sind die richtigen Anreize: Wir schaffen konsequent bessere Bedingungen für einen schnellen und sicheren Radverkehr, machen den ÖPNV leistungsfähiger und verteuern das Parken. Wir werden im Rahmen des neuen Luftreinhalteplans die Parkzonen in der City nahezu verdoppeln und so den Verkehr weiter beruhigen und reduzieren. Auch verkehrsberuhigte Straßen oder Kieze werden künftig an Bedeutung gewinnen. Wir prüfen im Kreuzberger Wrangelkiez, wie ein ganzes Quartier autofrei organisiert werden kann. Und wir wollen in der Friedrichstraße, also mitten im Herzen der Stadt, zunächst temporäre Fußgängerzonen einrichten, um prominent und beispielhaft zu zeigen, wie die Verkehrswende weg vom motorisierten Individualverkehr aussehen kann.
Sie haben die Citymaut wie in London ins Gespräch gebracht. Wäre das ein Weg?
Regine Günther: Über kurz oder lang werden alle wachsenden Städte, auch Berlin, über dieses Instrument nachdenken müssen – um die Menschen zu entlasten, die in der City leben, arbeiten, einkaufen. Solche ökonomischen Instrumente, sozial ausgestaltet, sind zur Regulierung des Verkehrsaufkommens hilfreich. London und andere Städte zeigen uns, dass es geht und dass die Attraktivität der City nicht darunter leidet. Mit weniger Individualverkehr können wir für diejenigen, die in der Innenstadt wirklich mit dem Auto unterwegs sein müssen, etwa Lieferverkehre oder auch die Polizei, Raum zur Verfügung stellen. Und: Eine City-Maut könnte etwa in Form einer Nahverkehrsabgabe direkt den ÖPNV finanzieren. Damit würde die Innenstadt auf Dauer doppelt profitieren: durch weniger Privatautos, die mehr öffentlichen Nahverkehr finanzieren.
Oder kann es eine Parkraumgebühr richten?
Regine Günther: Die Parkraumbewirtschaftung im öffentlichen Straßenraum setzt den Anreiz, anstelle des eigenen Autos besser gleich den Umweltverbund zu nutzen, weil man dort, wo man hin will, für das Parken bezahlen müsste. Das sind insofern vergleichbare Effekte. Unsere Erfahrung in Berlin ist eindeutig: Damit wird der Parksuchverkehr in Wohnquartieren wirksam reduziert –also auch die Emissionen. Parkraumbewirtschaftung ist insofern ein wirksames Mittel, bei dem der Preis eine große Rolle spielt. Klar ist, dass nur ein Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen die schädlichen Wirkungen des Autoverkehrs spürbar reduzieren kann. Dabei geht es beim Klimaschutz um weniger Kohlendioxid, aber darüber hinaus geht es auch um weniger Lärm, Schmutz, weniger Stau und weniger Unfallgefahr.