Vereinfachte Darstellung der vorgeschlagenen Struktur für vollständig autarke Inselnetze: Das Zusammenwirken von Basis- und H2-Subsystem wird in der dargestellten Grafik veranschaulicht. Grafik: W. Weller
Dies ist der zweite Teil eines Artikels zu Solarstrom kombiniert mit Wasserstofftechnologie. Der Autor des Artikels, Wolfgang Weller, erklärt – ein innovatives Konzept zur Realisierung einer Energieautarkie. Im zweiten Teil wird die vorgeschlagene Struktur der Solar-Wasserstoff-Kombination erklärt (siehe Grafik oben).
Wie ersichtlich, enthält die Anordnung zwei Teilsysteme, die hier Basissubsystem und H2-Subsystem genannt werden. Jedes dieser Subsysteme besteht aus mehreren Komponenten, zwischen denen bedarfsweise elektrische Energieflüsse in der dargestellten Richtung ausgetauscht werden. Diese Energieflüsse wurden in der Grafik durch graue gepfeilte Linien veranschaulicht. Die Möglichkeit der Freigabe dieser Strompfade wird hier durch Kreise symbolisiert, die Schalter symbolisieren sollen. Die zugehörigen Stelleingriffe erfolgen durch Auswertung des momentan vorliegenden Systemzustands. Dieser Zustand wird durch mehrere Signale erfasst, deren erzeugende Sensoren aus Übersichtsgründen in der Grafik nicht enthalten sind. Aus gleichem Grund wurde auch auf die Veranschaulichung der verschiedentlich notwendigen Wechselrichter verzichtet, welche für die Wandlung des gewonnenen Gleichstroms in verbrauchergerechten Wechselstrom des jeweiligen Potenzials benötigt werden.
Beide Subsysteme haben unterschiedliche Aufgabenstellungen zu erfüllen. Dazu ist das oben angeordnete Basissubsystem für die weitgehende Eigenversorgung des Inselnetzes mit Ökostrom im Normalbetrieb zuständig. Die Kapazitäten von Photovoltaikanlage und Stromspeicher sollen soweit austariert sein, dass der im Inselnetz bestehende Strombedarf trotz der Fluktuationen der Solarstromerzeugung im Normalbetrieb unter Vorhaltung einer kleinen Reserve abgedeckt wird.
Funktion des autarken Energiesystems mit integrierter Wasserstoffanlage
Die Funktion der Stromversorgungsanlage wird dadurch bestimmt, dass der von der Photovoltaikanlage abgegebene Strom vorzugsweise zur Deckung des internen Verbrauchs genutzt wird. Sofern weiterer Ökostrom zur Verfügung steht, wird dieser zur Ladung des Stromspeichers eingesetzt, falls dessen Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht ist. Bei Energiemangel wird zunächst versucht, das Defizit durch Stromentnahme aus dem Akku zu kompensieren, sofern dessen Ladung noch nicht erschöpft ist.
Sind alle internen Möglichkeiten des Ausgleichs ausgeschöpft, so kommt das vorgeschlagene H2-Subsystem zum Einsatz, dessen Funktion auf dem Einsatz der Wasserstofftechnologie beruht. Dabei wird die hohe Speicherdichte eines energiereichen Speichermediums genutzt. Dieses Subsystem tritt einerseits bei einem Überschuss an Ökostrom in Aktion, indem dessen Energie zur Erzeugung des Mediums Wasserstoff eingesetzt wird. Dieses Gas wird von einem Elektrolysator durch Spaltung von ionisiertem Wasser erzeugt, wobei neben molekularem Wasserstoff H2 auch Sauerstoff O2 entsteht. Der bei diesem Prozess verbrauchte Strom schützt zugleich das Inselnetz vor einer Überlastung. Der gewonnene Wasserstoff wird als wertvolle zusätzliche Energiequelle in einem Gasspeicher zwischengelagert, auf den in extremen Bedarfssituationen zurückgegriffen werden kann. Die Komponente Sauerstoff wird hingegen an die Atmosphäre abgegeben.
Das H2-Subsystem wird außerdem aktiviert, wenn es, etwa bei extremen Wettersituationen oder unerwartet hohem Energiebedarf, zu einer Mangelsituation kommt, die vom Basissystem nicht mehr ausgeglichen werden kann. Der fehlende Strom wird dann von der Brennstoffzelle geliefert, die den dazu benötigten Wasserstoff dem Gasspeicher entnimmt. Der für die Synthese ebenfalls benötigte Sauerstoff wird aus der Umgebung bezogen. Die Brennstoffzelle liefert aus diesen Komponenten den benötigten Gleichstrom unter Abgabe von Wasser. Die Einspeisung dieses zusätzlichen Stroms dient dann der Gewährleistung des Energiegleichgewichts im Inselnetz auch in Extremfällen. Mit dem Rückgang der Mangelsituation wird die Brennstoffzelle wieder deaktiviert.
Der Betrieb der hier vorgestellten Stromversorgungsanlage verlangt ein kluges Energiemanagement, das einer anspruchsvollen Automatik mit intelligentem Verhalten übertragen wird. Ihre funktionelle Beschreibung übersteigt jedoch den hier vorgegebenen Rahmen.
Es mag noch die Frage aufkommen, ob man mit den vorstehend geschilderten Maßnahmen auch hinreichend für ganz extreme Notfälle gerüstet ist. Derartige Anforderungen liegen weitgehend in der Hand der in den Wohnanlagen lebenden Personen. Dieser kann über folgende Notmaßnahmen verfügen: Die einfachste Art, mit einem langdauernden Überangebot von Solarstrom fertig zu werden, ist die künstliche Erhöhung des Verbrauchs. Möglichkeiten dazu sind die Einschaltung von an sich unnötigen Beleuchtungen oder die Umwandlung von Strom in Wärme. Längerfristigem Strommangel hingegen kann am einfachsten durch eine möglichst drastische Senkung des Verbrauchs begegnet werden. Zu den Kandidaten gehören insbesondere Großverbraucher, wie Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler, deren Betrieb dann auf „bessere“ Zeiten verschoben wird. Die Ganzvorsichtigen können eine zusätzliche Vorsorge treffen, indem sie einige der preiswerten Wasserstoffkartuschen wohlgefüllt in Vorrat halten, deren Inhalt im äußersten Notfall zur Speisung der Brennstoffzelle und damit zusätzlichen Stromerzeugung eingesetzt werden kann.
Die hier dargebotene Konzeption ermöglicht die Realisierung von Inselnetzen, die ausschließlich mit regenerativer Energie aus solaren Quellen betrieben werden und dabei vollständig energieautark sind. Damit eröffnen sich neue Horizonte für den Einsatz solcher Systeme. Dies wurde vor einiger Zeit u. a. auch von der Weltraumtechnologie erkannt, welche auch zu den Erstanwendern der Brennstoffzellen-Technologie gehört. Diese Technologie eignet sich möglicherweise auch für die energetische Versorgung künftiger Stationen auf Himmelskörpern. Auf der Erde eröffnen sich Nutzungsmöglichkeiten in dünn besiedelten Gebieten, auf Inseln sowie in Fahrzeugen jeglicher Art. Die vorgestellte Lösungskonzeption böte auch die Möglichkeit der Entwicklung sich selbst versorgender energieautarker Kapseln, die bei Expeditionen überall in der Welt abgesetzt werden können.
Fazit
Die vorstehenden Ausführungen waren auf das Bemühen gerichtet, eine tragfähige Lösung für isolierte Energiesysteme vorzuschlagen, deren Einsatz vorzugsweise auf den Wohnbereich gerichtet ist und die sich mit Ökostrom komplett selbst versorgen möchten. Dementsprechend sollte auf eine Unterstützung durch den Anschluss an das Öffentliche Stromnetz verzichtet werden, um die Versorgungssicherheit auch in Extremsituationen zu gewährleisten. Dazu wurde vorstehend die Ergänzung der Solaranlage durch ein auf der Wasserstofftechnologie beruhendes Notfallsystem vorgeschlagen, welches sowohl bei nicht ausgleichbarem Stromüberschuss als auch Strommangel in Tätigkeit tritt und im Inselnetz einen Ausgleich schafft. Die vorstehenden Darlegungen gehen über eine bloße Konzeption hinaus, indem zu den dafür benötigten Hauptkomponenten konkrete Hinweise auf marktgängige Produkte unterbreitet wurden.
Das hier vorgestellte Konzept zur dezentralen Stromversorgung dürfte einerseits für all die Benutzer von Wohnanlagen von Interesse sein, die keinen Zugang zum Öffentlichen Stromnetz haben. Dazu zählen neben den Bewohnern abseitiger Liegenschaften besonders auch die Bewohner kleinerer Inseln, wie sie beispielsweise auf den vielen besiedelten Schären zwischen Schweden und Finnland leben. Diese Lösung gewährleistet außerdem eine klimafreundliche Energieversorgung bei vollständiger energetischer Autarkie. Daher kommen als potenzielle Nutzer auch alldiejenigen in Betracht, die auf strikten Bezug von Ökostrom achten und völlig energieautark sein möchten. Die Eigenständigkeit bietet wiederum eine hohe Versorgungssicherheit, da die dezentrale Energieversorgung immun gegenüber Black Outs im Netz sowie Angriffen von Hackern ist.
Links und Literatur:
Anbieter für Brennstoffzellen: https://www.wlw.de/de/suche/brennstoffzellen
Neues Brennstoffzellen-BHKW für Einfamilienhäuser: https://www.bhkw-infozentrum.de/statement/neues_brennstoffzellen_bhk
Klein-Brennstoffzellen, Beispiel: EFOY COMFORT 210 mit den Daten 12 V, 1,5 kW elektrische Leistung, 60% elektrischer Wirkungsgrad: https://www.efoy-comfort.com
Autor: Wolfgang Weller, BITWeller@t-online.de