Das erste Passivhaus der Welt wurde 1990 in Darmstadt errichtet - zwei Jahre nach der Entwicklung des Standards durch Bo Adamson von der Universität Lund in Schweden und Wolfgang Feist vom Institut für Wohnen und Umwelt. Jetzt ist das Reihenhaus als Passivhaus Plus zertifiziert worden, weil es vor einem Jahr eine Photovoltaikanlage bekommen hat. Seitdem produziert das Pionierprojekt seinen Strom selbst.
„Passivhäuser sind ausgezeichnet dafür vorbereitet, erneuerbare Energie zu verwenden. Mit dem sehr niedrigen Heizenergiebedarf ist es sogar möglich, aus der Sonne so viel Energie direkt am Haus zu gewinnen, wie im Haushalt das Jahr über verbraucht wird“, erläutert Wolfgang Feist. Er nahm das Zertifikat für das Passivhaus Plus zusammen mit seiner Frau Witte Ebel entgegen. 1990 errichtete der Bauphysiker Feist das Passivhaus und etablierte damit den energieeffizienten Passivhaus-Baustandard. Bis heute wohnt der Gründer und Leiter des heutigen Passivhaus Instituts mit seiner Familie in diesem Reihenhauskomplex im Darmstädter Stadtteil Kranichstein. Im Jubiläumsjahr installierte Familie Feist eine 26 Quadratmeter große Photovoltaikanlage an ihrem Reihenendhaus, um die Sonne als Energielieferanten zu nutzen.
Erneuerbare Energie und Effizienztechnik
Zusätzlich zur Energieeffizienz wird seit einem Jahr regenerative Energie gewonnen. Wichtig sei dabei, den Energiebedarf eines Gebäudes und die Energiegewinnung separat zu betrachten und zu optimieren, wie das Passivhaus-Institut bekannt gab. Bei einem Passivhaus Plus liegt die Obergrenze für den Gesamtbedarf an erneuerbarer Primärenergie bei 45 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a). Zugleich müssen bezogen auf die überbaute Fläche mindestens 60 kWh/(m²a) an erneuerbarer Energie erzeugt werden. Laut Institut wurde das Passivhaus mit seinen 156 Quadratmetern Wohnfläche von Beginn an mit äußerst effizienten Geräten ausgestattet. So ist der Stromverbrauch auch mit Betrieb der Lüftungsanlage gering.
In diesem Herbst ist zudem eine Luft-Luft-Wärmepumpe als Testanlage installiert worden, die sowohl zum Heizen sowie zum Lüften des Darmstädter Passivhauses genutzt wird. Diese strombetriebene Wärmepumpe soll mit ungefähr 30 Prozent des Energieeinsatzes auskommen, der bisher an Erdgas für die Brennwertheizung genutzt wurde.
In den vergangenen acht Jahren stand mehrfach zur Diskussion, den Passivhaus-Standard als Neubaustandard zu etablieren. Dazu kam es aber bisher nicht. Stattdessen gilt seit 1. Januar 2016 ein erhöhter Energie-Standard für Neubauten:
-
Energieeffizienz des Gebäudes:
Der höchstzulässige Jahres-Primärenergiebedarf (zum Heizen, Wassererwärmen, Lüften, Kühlen und bei Nicht-Wohnbauten auch für die eingebaute Beleuchtung) sinkt um 25 Prozent im Vergleich zur aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014). -
Wärmeschutz der Gebäudehülle: Der maximal erlaubte, mittlere Wärmeverlust durch die Gebäudehülle sinkt um rund 20 Prozent im Vergleich zur aktuellen EnEV 2014.
Das klingt gut, ist aber im Vergleich zum Passivhaus wenig ambitioniert. Zudem gilt der weit größere Gebäudebestand als besondere Herausforderung, was die CO2-Reduktion anbelangt. (Nicole Weinhold)