Das EEG wurde novelliert und es haben sich einige Verbesserungen ergeben. Wie werden diese sich nach Ihrer Einschätzung auf die Nachfrage nach großen Photovoltaikanlagen in Deutschland auswirken?
Thorsten Blanke: Da die Novellierung dem Ausbau von Photovoltaik einen sehr hohen Stellenwert beimisst und die Zubauziele bis 2030 deutlich angehoben wurden, rechnen wir mit einer sehr starken Nachfrage nach großen Photovoltaikanlagen. Der Trend zu großen Solarparks mit einer Leistung von mehr als zehn Megawatt war schon vor der Novellierung zu erkennen und wird durch die Änderungen positiv gefördert. Allerdings konterkarieren die aktuellen Entwicklungen zur Übergewinnabschöpfung in Verbindung mit stark gestiegenen Zinsen die Maßnahmen des EEG 2023. Dadurch wird die Finanzierung neuer Anlagen erschwert, weshalb ein Investitionsstopp in große Freiflächenanlagen droht.
Nicht nur Deutschland, sondern auch andere Länder wollen den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen. Die Anlagen müssen also schneller aufgebaut werden. Welche neuen Technologien kommen bei Planung und Umsetzung der Projekte zum Einsatz?
Neue Technologien zur Verkürzung der Bauzeit, wie etwa der Einsatz von Robotik, sind zeitnah nicht zu erwarten. In der Planung gibt es einige technologische Fortschritte im Bereich Software sowie der Vernetzung von Planung und Baustelle, welche aber keinen wesentlichen Einfluss auf den Faktor Zeit haben. Zudem stehen hohe Unsicherheiten in den Lieferketten und damit einhergehend längere Lieferzeiten dem Ziel der Regierungen entgegen.
Welche Rolle spielen dabei die größeren Module, die die Hersteller auf den Markt gebracht haben – sind diese eine Lösung, um schneller mehr Leistung auf die Fläche zu bekommen?
Leider ist das nicht der Fall. Zwar sind in der Regel weniger Module zu installieren, aber die großen Module erschweren das Handling beim Abladen, in der Baustellenlogistik und bei der Installation. Unsere Erfahrungen zeigen, dass hierdurch die Zeitersparnis aufgrund der niedrigeren Stückzahl wieder verloren geht.
Wie sehen Sie die Preisentwicklung im Bereich Solarparks und gewerbliche Anlagen?
Im Jahr 2022 sind die Preise für Solarparks und gewerbliche Anlagen weiter gestiegen und haben sich im vierten Quartal zumindest stabilisiert. Die Modulpreise sind gegenüber 2021 relativ stabil geblieben. Allerdings haben speziell die Abwertung des Euros gegenüber dem Dollar, die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten sowie inflationsgetriebene Lohn- und Gehaltssteigerungen dazu geführt, dass Solarparks im Verhältnis heute wieder so viel kosten wie im Jahr 2018. Für 2023 sehen wir die Preise auf dem aktuell hohen Niveau.
Wie steht es um die Lieferketten, welche Herausforderungen haben Sie hier zu meistern?
Nach wie vor bestehen große Unsicherheiten in den Lieferketten – einerseits durch die Corona-Pandemie und andererseits durch den Krieg in der Ukraine. Lieferzusagen gibt es nur noch kurzfristig. Liefertermine ändern sich häufig. Die Planung der Baustelle stellt damit deutlich höhere Anforderungen an das Projekt- und Sitemanagement, was uns jeden Tag vor neue Herausforderungen stellt. Hinzu kommen neue regulatorische Anforderungen etwa im Rahmen des Lieferkettengesetzes, was viele Hersteller speziell in der mittelständisch geprägten Solarbranche vor große Herausforderungen stellen wird. Die Kunden wie auch die Gesellschaft erwarten zu recht, dass wir die Herstellung der Komponenten für unsere Solaranlagen bis zur Förderung der Rohstoffe zurückverfolgen können, um so ESG-konform (ESG=Environmental, Sustainability, Governance) zu sein.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Lieferketten zu stabilisieren, wenn dies überhaupt notwendig ist?
Eine Stabilisierung der Lieferketten ist sehr wichtig für die Planung und Realisierung von großen Infrastrukturprojekten wie Photovoltaikanlagen. Europa arbeitet bereits am Wiederaufbau einer Modulproduktion. Der Fokus ausschließlich auf Module wird allerdings nicht ausreichen, da wir bei vielen anderen Komponenten wie Mikrochips oder Transformatoren ebenfalls abhängig von Lieferanten außerhalb Europas sind und diese Komponenten sehr lange Lieferzeiten haben. Hinzu kommt, dass verschiedene Komponenten wie eben diese Mikrochips oder Transformatoren auch in anderen Produkten genutzt werden, für die die Regierung ebenfalls ambitionierte Wachstumspfade vorgibt. Somit kommt es zu einem verschärften Konkurrenzkampf um diese Produkte.
Wie entwickelt sich die Nachfrage nach innovativen und neuen Lösungen wie Floating, Agri-PV, Parkplatzüberdachungen oder andere?
Im Bereich Agri-PV ist die Nachfrage stark gestiegen. Dies in allen europäischen Märkten, in denen wir aktiv sind, der Fall. Bei Floating-Systemen sehen wir zumindest in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und England keine gestiegene Nachfrage.
Wer sind die Kunden, die sich derzeit für Solarparks interessieren?
Unsere Kunden sind staatliche oder private Versorgungsunternehmen, Stadtwerke, Asset Manager, institutioneller Anleger sowie unabhängige Stromlieferanten. Landwirte und Kommunen beteiligen sich häufig an Solarparks und gehören damit auch zu unseren Kunden.
Die Fragen stellte Sven Ullrich
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