Verärgert und verständnislos reagiert die Solarbranche auf den Appell von mehreren Wissenschaftlern, die Einspeisetarife für Sonnenstrom stärker als bisher zu kürzen und den Ausbau zu deckeln. Die Autoren des Appells gehen davon aus, dass durch die weitere Förderung der Photovoltaik die installierten Leistungen weiter steigen und die Ziele der Bundesregierung überschritten werden. Dies führe zu steigenden Belastungen für die Stromkunden und sinkende Akzeptanz in der Bevölkerung. „Dann käme es zu einem gewaltigen Rückgang der Investitionen, zu beträchtlichen Produktionsüberkapazitäten und zu einem technologischen Fadenriss in einem Technologiebereich, wo die deutsche Industrie heute Vorreiter ist“, heißt es im Appell.
So schneite kurz vor Weihnachten der Vorschlag in die Medien, die für 2012 geplante Degression auf Januar 2011 vorzuziehen und den Zubau neuer Photovoltaikanlagen auf 3,5 Gigawatt jährlich zu begrenzen.
2010 war ein erfolgreiches Jahr für die Photovoltaik. Mit sieben bis acht Gigawatt wurde deutlich mehr Solarleistung installiert als zu Jahresbeginn erwartet. Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Solarbranche kompromissbereit. Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Solarwirtschaft (BSW-Solar) bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters den neuerlichen Angriff auf das EEG: „Es gibt Überlegungen, die geplanten Kürzungen für 2012 zum Teil auf beispielsweise Mitte nächsten Jahres vorzuziehen, sollte der Zubau noch mal stärker anziehen“. Ob sich der Markt 2011 wirklich so entwickelt, bleibt aber abzuwarten. Es zeichnet sich bereits ab, dass das erste Quartal sehr schwach beginnt und sich die Lager füllen. Denn die Kunden hoffen auf weiterhin sinkende Preise. „Wir warten erst einmal die aktuelle Entwicklung ab“, sagt auch Ronald Upmann von der Presseabteilung des BSW-Solar.
Solarbranche hält an Roadmap fest
Die jüngsten Forderungen von einigen Wissenschaftlern argumentieren ausschließlich mit den Belastungen für die Haushalte, die sich aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ergeben. Sie lassen völlig außer Acht, dass die jüngst erfolgte Preisanhebung beim Strom nur zu einem Drittel durch den Ausbau der erneuerbaren Energien begründet war. Die Stromkonzerne haben die Gelegenheit genutzt, den Verbrauchern tief in die Tasche zu greifen. Auch die klimapolitische Notwendigkeit zum schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien haben die Autoren in ihren Appell nicht beachtet. Die Solarbranche hält an ihrer im Herbst dieses Jahres vorgestellten Roadmap fest. Demnach soll sich der Zubau in der Photovoltaik in Deutschland ab 2012 auf drei bis fünf Gigawatt pro Jahr einpendeln. Außerdem begrüßt sie eine dynamische Anpassung der Solarstromförderung an den Markt. Insgesamt kann die Solarbranche ihre Ziele und die Klimaziele der Bundesregierung erreichen, ohne die Belastungen für die Haushalte mit mehr als zwei Cent pro Kilowattstunde überzustrapazieren.
Auch Akzeptanzprobleme sieht die Solarbranche nicht. Erst vor wenigen Wochen hatte eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Emnid ergeben, dass drei Viertel der Deutschen durchaus bereit sind, die Anschubfinanzierung für den Ausbau der Photovoltaik zu tragen. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) in Aachen betont, dass Akzeptanz nicht über sinkende Kosten für jeden einzelnen Stromkunden hergestellt wird. Vielmehr müsse man verstärkt kommunizieren, dass die Photovoltaik eine bedeutende Rolle bei der Energieerzeugung allgemein spielt – und vor allem bei bezahlbaren Preise in der Zukunft. „Ein Akzeptanzverlust ist nur dann zu befürchten, wenn der Zubau der Photovoltaik als energiewirtschaftlich unbedeutende Maßnahme wahrgenommen würde“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des SFV. „Wenn die Stromkunden nicht erkennen, dass ihnen dafür eine Gegenleistung geboten wird. Deswegen ist es aus Gründen der Akzeptanz sehr wichtig, die Fortschritte beim Ausbau der Photovoltaik aufzuzeigen.“ (Sven Ullrich)