Das EEG wurde novelliert und es haben sich einige Verbesserungen ergeben. Wie werden diese sich nach Ihrer Einschätzung auf die Nachfrage nach großen Photovoltaikanlagen in Deutschland auswirken?
Patrik Danz: Die Novellierung des EEG ist ein ganz wichtiger Schritt nach vorn. Auch für die Solarparks hat sich viel getan. Aber leider nicht genug, um die Zubauziele zu erreichen. Wenn wir wirklich ab 2026 elf Gigawatt im Jahr auf die Freifläche bringen wollen, muss bei der Flächenkulisse noch viel getan werden. Es müssen ganz dringend und ganz schnell die benachteiligten Gebiete geöffnet werden. Außerdem müssen die Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. Viele Gemeinden sind sehr aktiv, aber es sind noch immer zu viele Gemeinden, die passiv bleiben. Und auch bei vielen kleineren Fragen brauchen wir endlich das gleiche Tempo wie beim LNG-Ausbau. Es ist nicht ersichtlich, warum wir für Leitungen zum Netzverknüpfungspunkt immer noch langwierige, teure Verhandlungen mit jedem Grundstückseigentümer führen müssen, während der Breitbandausbau privilegiert wird. Dabei ist Grünstrom genau so wichtig.
In welchen Segmenten rechnen Sie mit Wachstum und worauf führen Sie dies zurück?
Wir rechnen für die kommenden Monate in allen Marksegmenten mit einem massiven Wachstum. Sei es im Eigenheim- oder Gewerbebereich oder auch im Solarparkbereich. Der Eigenheimbereich wird vor allem durch externe Einflüsse, wie den Ukrainekrieg und die massiven Energiekostensteigerungen getrieben. Im Gewerbebereich spielen die wachsenden Energiekosten natürlich auch eine sehr große Rolle und Unternehmen wollen sich mehr und mehr unabhängig davon machen. Zudem schafft die neueste EEG-Novelle gute Voraussetzungen für größere Unternehmen. Besonders erwähnenswert in Bezug auf gewerbliche Solarsysteme ist der weitgehende Verzicht auf Ausschreibungen bei gewerblichen Solardächern, denn dort können nun Anlagen bis zu einer Leistung von einem Megawatt ohne Ausschreibung realisiert werden. Und auch im Bereich der Solarparks sind wir auf Wachstumskurs. Gerade viele Kommunen erkennen die Notwendigkeit, ihre Stromversorgung durch Photovoltaik zu ergänzen.
Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch andere Länder wollen den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen. Das heißt: Die Anlagen müssen schneller aufgebaut werden. Welche neuen Technologien kommen bei Planung und Umsetzung der Anlagen zum Einsatz, um schneller zu werden?
Heute liegen die Hürden vor allem in den bürokratischen Anforderungen, also Anmelde-, Genehmigungs- und Zertifizierungsprozesse, welche die Geschwindigkeit reduzieren. Weitere Schwierigkeiten entstehen durch fehlende Installationskapazitäten wegen des Mangels an Fachpersonal. Ein wichtiger Bestandteil der Beschleunigung bei der Planung und Umsetzung von Anlagen ist mit Sicherheit die voranschreitende Digitalisierung im Handwerk und in den Behörden. Dadurch können Vertriebs- und Planungsprozesse immer weiter standardisiert und zum Teil auch automatisiert werden. Verwendete Technologien sind hier vor allem digitale Planungs- und Projektmanagementtools, digitale Anlagenanmeldung in den Behörden sowie webseitenbasierte Planungstools mit Anbindung an Onlineshops zur projektbezogenen Bestellabwicklung.
Welche Rolle spielen dabei die größeren Module, die die Hersteller auf den Markt gebracht haben – sind diese eine Lösung, um schneller mehr Leistung auf die Fläche zu bekommen?
Bei größeren Modulen ist zunächst genau nach den Landesvorgaben zu schauen. Wie Sie sicherlich wissen, ist die Größe in Deutschland bei Dachmodulen auf zwei Quadratmeter begrenzt, während es zum Beispiel in Polen keine Restriktionen gibt. Zusätzlich kann es bei der Entscheidung der Größe des Moduls von der Dachform abhängen. Die Leistung kann höher sein, wenn die Module optimal auf das Dach passen und die Fläche so maximal genutzt werden kann. Sollten Dächer mit Störobjekten oder verschiedenen Neigungen nicht optimal belegbar sein, können ganze Module wegfallen. Das beeinträchtigt natürlich auch die Leistung. Zudem sind größere Module schwieriger zu handhaben. Es können also für die Montage und ganz generell für das Gesamtsystem höhere Kosten anfallen. Es kommt insgesamt sehr auf die Fläche und die Anwendung an, die genutzt werden soll, ob größere Module einen Vorteil darstellen oder nicht.
Wie sehen Sie die Preisentwicklung im Bereich Solarparks und gewerblichen Anlagen?
Die Preise sind in den vergangenen Monaten wie auch in allen anderen Bereichen angestiegen. Dementsprechend lassen sich auch im Bereich der Installationen Erhöhungen aufgrund von Inflationsausgleich nicht vermeiden. Das wirkt sich natürlich auch auf den Systempreis aus, und auch bei der Hardware sind höhere Preise nicht auszuschließen. Allgemein kann man aber festhalten, dass Solarstrom immer noch sehr attraktiv bleibt und der Preisvorteil gegenüber Netzstrom ungebrochen ist.
Wie steht es um die Lieferketten, welche Herausforderungen haben Sie hier zu meistern?
Aktuell stehen alle Branchen vor großen Herausforderungen was die Lieferketten angeht, das betrifft Automotive, Chemie und Maschinenbau gleichermaßen. Hinzu kommt in der Energieversorgung, dass der Krieg gegen die Ukraine deutlich gemacht haben, dass ein Wechsel auf Grünstromerzeugung nicht länger aufschiebbar ist. Weitere Belastungen sind Material- und Containerknappheit sowie allgemeine Preissteigerungen und die Schwierigkeiten der Transportnetzwerke. Hier ist es wichtig, sauber zu planen und mit den Logistikexperten zu managen und dem Kunden sichere und zuverlässige Versorgung mit den benötigten Produkten zu gewährleisten. Das gelingt uns bisher ganz gut, wobei punktuelle Allokationen der Produkt durch die Lieferanten nicht ausgeschlossen ist.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Lieferketten zu stabilisieren, wenn dies überhaupt notwendig ist?
Wir haben als Lösungsanbieter und Photovoltaikspezialist mit vier Jahrzehnten Erfahrung schon viele Herausforderungen des Marktes gemeistert. In diesen Zeiten erweist sich unser starkes globales Netzwerk an Lieferanten und Logistikern mehr denn je als essentiell. Wir haben rechtzeitig wirkungsvolle Maßnahmen implementiert, um das Geschäft möglichst verlässlich und reibungslos ablaufen zu lassen: Durch rollierende Planungen und damit abgeleitete Bestellungen haben wir uns frühzeitig auf die Bedarfe reagiert. Desweiteren haben wir unser Netz an Lieferanten ausgebaut und mit vielen unserer Logistikdienstleistern feste Kontingente zur zügigen Lieferung vereinbart.
Wie entwickelt sich die Nachfrage nach innovativen und neuen Lösungen wie Floating PV, Agri-PV oder andere?
Das Thema Floating PV verzeichnet einen eher mäßigen Nachfragezuwachs. Dies steht auch bei IIBC Solar nicht im Mittelpunkt. Agri-PV ist dagegen in aller Munde und es werden immer mehr Projekte diskutiert und teilweise realisiert. Hier gibt es aber große Unterschiede in der Umsetzung, nicht immer kann hier von einer tatsächlichen Doppel- oder Mehrfachnutzung der Fläche die Rede sein.
Und wie sieht es mit solaren Parkplatzüberdachungen aus?
Solarcarports werden sehr stark nachgefragt. Allerdings ist die Umsetzung mit höheren Kosten im Vergleich zur klassischen Aufdachphotovoltaikanlage verbunden, wobei die Größenverhältnisse zwischen einer Dach- und Freiflächenanlage einen Vergleich kaum zulassen. Hinzu kommen die speziellen Anforderungen an die Einzelkomponenten sowie die gesamte bauliche Anlage. Desweiteren wird das Thema Wasserstoff in verschiedenen Marktsegmenten immer stärker forciert, woraus Lösungen für verschiedene Anwendungsbereiche entwickelt und auch in der Praxis umgesetzt werden. Dazu braucht es allerdings deutlich stärkere Investments und klare Umsetzungen auf verschiedenen Ebenen um die Entwicklung und damit die Produktion von Wasserstoff zu ermöglichen.
Wer sind die Kunden, die sich derzeit für gewerbliche Anlagen und Solarparks interessieren?
Wir beobachten großes Interesse von allen Gewerbebetrieben. Die Bandbreite ist hier groß, aber gerade Unternehmen mit sehr hohem Stromverbrauch sind weit vorne mit dabei. Bezogen auf Solarparks stellen wir vor allem in Bayern fest, dass immer mehr Kommunen selbst aktiv werden und die Anlagen betreiben wollen. Gleichzeitig dürfen wir feststellen, dass weitere Bundesländer neben Bayern aktiver mit dem Thema Photovoltaik umgehen und teilweise auch rechtliche Vorgaben durch eine Solarpflicht etablieren. Zudem möchten auch Flächeneigentümer verstärkt selbst Anlangen auf ihren Grundstücken realisieren.
Welche Hürden sehen Sie, die unbedingt noch aus dem Weg geräumt werden müssen, um die Zubauziele tatsächlich zu erreichen?
Es stehen drei Hürden zwischen uns und einem kraftvollen Grünstromausbau: Flächen, Genehmigungen und Netze. Die Flächenkulisse muss dringend erweitert und die benachteiligten Gebiete müssen sofort geöffnet werden. Bei Genehmigungen brauchen wir mehr Pflichten auf Seiten der Gemeinden und kurze Fristen für die Aufstellungsbeschlüsse. Das müssen Bund, Länder und Gemeinden vereinbaren. Außerdem droht hier ein Auflagen-Klein-Klein, weil jede Gemeinde das Rad neu erfindet. Dazu braucht es klare, einfache Standards. Und die Netzbetreiber müssen stärker in die Pflicht genommen werden, Netzanschlusspunkte nachzuweisen und massiv in den Ausbau der Infrastruktur zu investieren. Hier benötigen wir klare, einheitliche Fristen und Regeln, damit die Netzbetreiber den Ausbau der Grünstromerzeugung auch zu ihrer Aufgabe zu machen.
Die Fragen stellte Sven Ullrich