Im Landkreis Rotenburg (Wümme) zwischen Hamburg und Bremen liegt die 4000-Seelen-Gemeinde Tarmstedt. Gute 26 Quadratkilometer Fläche gehören zum Gemeindegebiet. Attraktionen sind ein Freibad, Wander- und Radwege, die jährliche „Tarmstedter Ausstellung“ mit 100.000 Besuchern sowie viel Natur. Was viele nicht wissen: Tarmstedt hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einem Kompetenzzentrum für Elektromobilität entwickelt. Bereits seit 2014 bietet das örtliche Autohaus Elektrofahrzeuge an. Schon sieben Jahre zuvor wurde die erste PV-Anlage auf dem Firmengelände installiert. Dieses Jahr erhielt das Unternehmen seine Eigenverbrauchsanlage mit Stromspeicher und Ladeinfrastruktur. Der bürokratische Aufwand war hoch. Dafür winken nach Fertigstellung der Anlage eine drastische Stromkosten-Ersparnis dank ca. 75 Prozent Eigenverbrauch sowie rund 36 Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr.
2007 investierte Wolf Warncke in eine Photovoltaikanlage auf dem Firmengelände. Die 11 kWp-Einspeiseanlage auf einer Lagerhalle darf als Start für die spätere Begeisterung für Elektromobilität gesehen werden. Privat hatte der Unternehmer, der das Autohaus gemeinsam mit seinem Bruder Peter leitet, bereits 2005 eine erste Photovoltaikanlage auf seinem Wohnhaus in Betrieb genommen.
Seit 2014 sind Elektrofahrzeuge fester Bestandteil des Fahrzeug-Angebotes bei Warncke. Im folgenden Jahr vermittelte das Autohaus binnen kurzer Zeit acht E-Golf Leasingverträge – genauso viele, wie damals in Großstädten abgeschlossen wurden. Die Warnckes starteten einen E-Auto-Stammtisch, an dem sich die E-Mobil-Pioniere und solche, die es werden wollten, regelmäßig austauschen konnten. Der Ruf der Warnckes als E-Auto-Vorreiter wuchs in der Region.
2016 erhielt das Autohaus dann den Zuschlag für die Landkreis-Initiative „Zehn Tage unter Strom“. Dafür wurden dem Autohaus vom Landkreis Rotenburg (Wümme) zwei E-Fahrzeuge zur Verfügung gestellt, mit denen Interessenten E-Mobilität erleben konnten. Der Deal: Das Autohaus bekommt die E-Fahrzeuge gestellt und berät Interessierte, die mit etwas Glück zu Kunden werden. „46 Interessierte haben wir während des Projektes intensiv beraten. Dabei konnten wir viele Erfahrungen sammeln, die uns im Vertrieb von Elektroautos sehr geholfen haben“, kommentiert Peter Warncke die Projektphase. Seitdem gilt das Autohaus in der Region außerdem als Pilotunternehmen für Elektromobilität und Anlaufstelle für E-Fahrzeug-Interessierte.
Erste DC-Ladesäule im Elbe-Weser-Dreieck
Auch die erste Gleichstrom-Schnell-Ladesäule der Region zwischen Bremen, Bremerhaven und Hamburg geht auf das Konto der Warnckes und wurde im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms „SLAM“ (Schnelladen an Achsen und Metropolen) realisiert. Nach viel Papierkram und langen Telefonaten mit dem Netzbetreiber mussten nur noch 200 Meter Leitung verlegt und rund 50.000 Euro auf den Tisch gelegt werden. Dann stand eine von insgesamt 80 Schnelladesäulen in Deutschland im schönen Tarmstedt. Das Ergebnis waren viele Treffen und spannende Gespräche mit E-Mobilisten unter anderem aus Norwegen, die den schnellen Ladepunkt in Tarmstedt gerne auf ihrer Route einplanten – auch weil dort immer eine Tasse Kaffee und ein Klönschnack unter Gleichgesinnten zu haben waren.
Privat hatte die Familie Warncke bereits seit 2005 Photovoltaik-Erfahrung sammeln können. 2020 kam der konkrete Wunsch nach einer PV-Eigenversorgungsanlage für das Autohaus. „Wegen des wachsenden Interesses an Elektromobilität und dem damit verbundenen steigenden Strombedarf wollten wir in eigene Erzeugung investieren“, erklärt Wolf Warncke. „Das hat allerdings länger gedauert, als wir uns das vorgestellt haben: Die Gebäude unseres Unternehmens sind aus unterschiedlichen Baujahren – jedes mit einer anderen Statik. Allein die Unterlagen zusammenzutragen, war eine Herausforderung für sich. Dann mussten neue Elektroleitungen verlegt werden – auch weil wir teilweise auf Infrarot-Heizung umgestellt haben. Eine Ladeinfrastruktur mit mehreren Ladesäulen durfte bei dem steigenden Bedarf auch nicht fehlen. Zusätzlich musste das Thema „Mieterstrom“ im Unternehmen geklärt werden, weil die Gebäude unterschiedlichen Familienmitgliedern gehören. Dafür haben wir ein Vertragsmodell entwickelt, bei dem die GmbH der Photovoltaik-Investor ist und die Gebäudeeigner die Verpächter sind“.
PV-Angebote und Realisierung
„2022 haben wir unser erstes Photovoltaik-Angebot eingeholt und sind prompt auf die Nase gefallen: Der Anbieter hat nur Probleme gesehen, aber keine Lösungen angeboten. Irgendwann hat sich dann die Firma Powertrust bei uns gemeldet. Die waren damals auf Akquise-Tour und wir haben nach einem guten Telefonat ein erstes persönliches Gespräch bei uns im Unternehmen geführt. Auch da alles hat gepasst: Es folgten Auftragsvergabe, Planung und Realisation einer 98 Kilowatt-Peak-Photovoltaikanlage mit Ost-West Ausrichtung, die auf einem Foliendach mit weniger als 10° Neigung installiert ist. Ein 23 Kilowattstunden-Stromspeicher hilft uns, am Tag erzeugten Strom in die Abend- und Morgenstunden, sowie in den Nachtbetrieb mitzunehmen“, erzählt Wolf Warncke.
„Aufgrund unseres jahrelangen Engagements im Bereich Elektromobilität besteht unsere Kundschaft zu einem größeren Teil aus Elektroauto-Enthusiasten, als das bei anderen Autohäusern der Fall ist. Wir laden auch alle Kundenfahrzeuge unserer Werkstatt auf, sodass jedes Elektrofahrzeug das Autohaus mit vollem Akku verlässt“, erklärt Peter Warncke. Das Konzept geht auf: Das Laden der Elektroautos, der Stromspeicher sowie der Energieverbrauch im Tagesgeschäft generieren einen zuverlässigen Eigenverbrauch von rund 75 Prozent. Gleichzeitig wurde der CO2-Ausstoß mit der Photovoltaikanlage um jährlich ca. 36 Tonnen gesenkt. (nw)